Gelsenkirchen. Der Gelsenkirchener Verein RE/init will langzeitarbeitslose Mütter wieder in die Berufstätigkeit bringen. Häufig trauen sich die Frauen wenig zu.

Lina Ahmad ist arbeitslos. Immer wieder hatte die 45-Jährige in den vergangenen Jahren Anstellungen als Kellnerin oder Küchenhilfe, meist aber nur kurz. Die Arbeitszeiten in der Gastronomie ließen sich schwer mit der Betreuung ihrer drei Kinder vereinbaren, denn ihr Mann kommt abends ebenfalls spät nach Hause. Auch die deutsche Sprache bereitet der Syrerin noch häufig Probleme. Doch seit sie an dem Projekt „Eine Chance auf Arbeit“ des Vereins RE/init teilnehmt, hat Ahmad neue Hoffnung geschöpft. Was sie in den letzten Monaten gelernt hat? „Ich bin mutiger geworden.“

Mit dem Modellprojekt, das vom Integrationscenter für Arbeit Gelsenkirchen gefördert wird, möchte RE/init langzeitarbeitslosen Müttern wie Ahmad helfen, um ins Berufsleben einzusteigen. Dabei werden die Frauen von den drei Vermittlungscoaches Beate Ollesch, Rebecca Kuhn und Aileen Langensiepen betreut. Bereits seit zwei Jahren fördert das Integrationscenter jene Unternehmen, die langzeitarbeitslosen Menschen Arbeit bieten. „Davon haben bisher vor allem viele Männer profitiert“, bilanziert Ollesch. Gerade Frauen mit Kindern benötigten aufgrund der Doppelbelastung von Familie und Beruf jedoch besondere Unterstützung bei der Jobsuche.

Gelsenkirchener Teilnehmerinnen haben jahrelang beruflich zurückgesteckt

Im Rahmen des Projektes treffen sich Teilnehmerinnen und Vermittlungscoaches regelmäßig zu Gruppenunterricht und Einzelgesprächen. „Wir besprechen mit den Frauen ihre Optionen, machen Training für Vorstellungsgespräche oder helfen ihnen bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen“, erklärt Kuhn. Aber auch organisatorischen Fragen spielen eine große Rolle: Wie regle ich die Kinderbetreuung? Wie strukturiere ich meinen Tag? Wie bringe ich Arbeit und Haushalt unter einen Hut?

Manche der Projektteilnehmerinnen haben im Alter von 40 oder 50 Jahren noch nie gearbeitet. Manche sind gut ausgebildet, bekamen dann Kinder und schafften es nicht zurück in den Beruf. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Sie haben jahrelang zurückgesteckt und sich um die Familie gekümmert. „Besonders Alleinerziehende rutschen nicht selten in die Arbeitslosigkeit“, weiß Ollesch. Die Crux: „Je länger man raus ist, desto schwieriger wird es, etwas zu finden.“ Gerade Frauen, so Olleschs Erfahrung, trauten sich bei der Jobsuche zudem oft wenig zu. „Obwohl sie doch häufig mehr wuppen als Männer.“

Nicht nur die Jobsuche, sondern auch private Probleme werden besprochen

Im Mittelpunkt des Projekts steht die individuelle Beratung der Frauen unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Situation. Dabei geht die Betreuung weit über das hinaus, was man von anderen Maßnahmen kennt. „Häufig sprechen wir auch über private Sorgen“ sagt Ollesch. Nicht selten komme es vor, dass die Arbeitsaufnahme am Anfang gar nicht im Fokus stehe, so der Vermittlungscoach: „Manchmal sind die Frauen zum Beispiel körperlich angeschlagen und wir suchen ihnen erstmal einen Sportverein, damit sie wieder fit werden.“

Türkan Cetin, die seit Dezember am Projekt teilnimmt, hat zuletzt in einem Hotel in Essen gearbeitet. Dort bereitete die 56-Jährige das Frühstück vor und musste dementsprechend früh da sein – ohne Auto bedeutete das eine tägliche Fahrtzeit von zwei Stunden. Als sie dann auch noch auf dem Weg zur Arbeit am Gelsenkirchener Hauptbahnhof überfallen wurde, war klar: So kann es nicht weiter gehen. Danach versuchte sie, einen neuen Job im Hotel- oder Gastronomiegewerbe zu finden. Doch auch bei ihr scheiterte die Suche häufig an unpassenden Arbeitszeiten. Denn Cetin hat eine 36-jährige Tochter, die aufgrund einer Behinderung noch bei ihr lebt und betreut werden muss.

Gelsenkirchenerin: „Hier habe ich gelernt, dass Frauen etwas erreichen können“

Cetin hat keine Ausbildung. Mit 19 haben ihre Eltern sie laut eigener Aussage in der Türkei verheiratet, danach hatte sie Aushilfsjobs in verschiedenen Bereichen, ging aber nie wirklich selbstbewusst durchs Leben. Seit sie mit den Vermittlungscoaches gearbeitet hat, traut sie sich mehr zu, sagt sie: „Hier habe ich gelernt, dass Frauen selbstständig sein und etwas erreichen können.“ Und vielleicht klappt es nun auch mit dem Job – zumindest hat sie bald ein aussichtsreiches Vorstellungsgespräch.