Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Ratskandidat Ilhan Bükrücü verzichtet auf Mandat und tritt von Ämtern zurück. Vorwurf: Postings geteilt, die Völkermord leugnen.
Es brauchte erst den Twitter-Kommentar eines politischen Schwergewichtes wie Cem Özdemir, um aus einem kommunalpolitischen Aufreger einen Eklat zu machen, der größere Kreise zieht. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Bündnisgrünen hatte kritisiert, dass die CDU „Ultranationalisten und Völkermordleugner“ als Kandidaten zur Wahl aufstelle. Ein Problem für die CDU Gelsenkirchen, das für sie mit dem Kommunalwahlkampf zur Unzeit kommt. Betroffen: Ilhan Bükrücü, er kandidiert für den Stadtrat im Bezirk Buer-West. Es geht um Links und Posts, die der CDU-Politiker auf Facebook geteilt hat. Darin wird unter anderem der Genozid an den Armeniern geleugnet. Die Konsequenz: Mandatsverzicht.
„Die gegen Herrn Bükrücü erhobenen Vorwürfe wiegen schwer – in der CDU ist kein Platz für solches Gedankengut. Herr Bükrücü hat daher am heutigen Tag den Verzicht auf ein Mandat bei der Kommunalwahl erklärt und seine Parteiämter bei uns niedergelegt“, sagte der CDU-Kreisvorsitzende Sascha Kurth am Freitag. Einen Nachrücker auf der Wahlliste gibt es in dem Fall nicht, denn die Frist ist abgelaufen. Sollte Bükrücü am 13. September ein Mandat bei der Kommunalwahl erhalten, wird er darauf verzichten, es wahrzunehmen.
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Ilhan Bükrücü: Postings spiegeln persönliche Einstellung nicht wider
„In den vergangenen Tagen wurden Vorwürfe gegen mich erhoben und mir Gedankengut unterstellt, das ich nicht teile. Diese Sichtweisen finden sich in meiner politischen Arbeit und meiner persönlichen Einstellung nicht wieder. Dennoch ist es so, dass ich in der Vergangenheit Material geteilt habe, das diesen Eindruck vermittelt. Das bereue ich zutiefst“, erklärte Bükrücü schriftlich. Mandatsverzicht und Niederlegung der Parteiämter begründete der Gelsenkirchener mit Blick auf seine Gesundheit, seine Familie, sein Unternehmen und seine Partei.
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Die CDU Gelsenkirchen hat das belastende Material am Freitag erneut einer Prüfung unterzogen und ist zu dem Schluss gekommen, dass die in den sozialen Medien getätigten Posts in Widerspruch zu dem Bild stehen, dass die Christdemokraten bislang von Bükrücü hatten. Er galt als Kämpfer für seinen Stadtteil, als Demokrat, der sich insbesondere für eine gelungene Integration stark macht.
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Die Vorwürfe sind seit mehreren Jahren bekannt, Konsequenzen hatte es bislang aber nicht gegeben. Begründet wurde das von der Union mit der Vielzahl an Beiträgen Bükrücüs und mit fehlender Sprachkenntnis, die Postings sind teils in türkischer Sprache.
Leugnung des Völkermordes an den Armeniern
Insbesondere an einer Petition, die die Annullierung der Völkermord-Vorwürfe an die Türkei zum Thema hatte und an eine Rede des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, in der er den Armenien-Genozid leugnete, entzündete sich die Kritik an dem Gelsenkirchener CDU-Politiker. Ilhan Bükrücü hatte, gestern noch einsehbar, die Beiträge im April 2015 geteilt. Der Deutsche Bundestag hatte den Völkermord an den Armeniern im Juni 2016 noch als solchen anerkannt.
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Die Bild-Zeitung hatte im Juni 2017 über den weitreichenden Einfluss Erdogans innerhalb der Christdemokraten berichtet und aus einem CDU-internen Bericht zitiert. Das Blatt zitierte damals einen Mitverfasser so: „Die Union wird von türkischen Nationalisten und Erdogan-Lobbyisten infiltriert“, er nannte dazu konkret lIhan Bükrücü als Beispiel.
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Politische Gegner in Gelsenkirchen forderten Konsequenzen
Die Sozialdemokraten, die Bündnisgrünen und auch die Partei Die Linke in Gelsenkirchen hatten den Umgang der Union mit der Causa Bükrücü scharf kritisiert und Konsequenzen gefordert. Der Bundestagsabgeordnete Markus Töns (SPD) hatte sich dafür stark gemacht, dass die CDU ohne „Wenn und Aber Stellung beziehen muss“, er sieht ein Verhalten des CDU-Politikers, „das demokratische Grenzen überschreitet und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“.
Gesundheitspolitischer Sprecher
Ilhan Bükrücü ist gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion in Gelsenkirchen. Er ist als Unternehmer in der Pflegebranche tätig.
Der Gelsenkirchener ist verwitwet und hat vier Kinder.
„Von Menschen, die sich in Deutschland politisch engagieren, erwarten wir, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“, sagte auch Jens Matzoll, Kreisgeschäftsführer der Grünen. Das sei im Fall Bükrücüs fragwürdig. Und Martin Gatzemeier (Die Linke): „Personen, die den Antidemokraten Erdogan billigen oder gar aktiv unterstützen, haben auf Wahllisten Gelsenkirchener Parteien keinen Platz. Wir fordern deshalb die CDU auf, diesen Kandidaten von ihrer Liste zurückzuziehen.“
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Dieser Schritt ist nun vollzogen, allerdings erst nachdem der Druck von außen zu groß wurde.