Ottfingen. Nach der Corona-Pause darf Burghard Grudnick seinen FKK-Club in Ottfingen wieder öffnen. Doch viele Sexarbeiterinnen haben sich umorientiert.
Gearbeitet hat Burghard Grudnick in den letzten sechs Monaten eigentlich durchgehend. Geld hat er dabei allerdings nicht verdient. Denn als Inhaber des FKK-Clubs „Schlaraffenland“ in Ottfingen musste der 64-Jährige seinen Betrieb in der Corona-Krise schließen. Die Zeit hat er für Renovierungen genutzt. Am Dienstag dann endlich die gute Nachricht: Das „Schlaraffenland“ darf wieder öffnen. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat das Verbot sexueller Dienstleistungen mit einem Eilbeschluss vorläufig außer Kraft gesetzt. „Es war schwer – ist es immer noch! Aber in drei Wochen sollte alles wieder glatt laufen“, gibt sich Grudnick zuversichtlich.
Drei Wochen? „Ich muss zuversichtlich sein, sonst kann ich das Ganze gleich vergessen“, meint Grudnick. Neben dem „Schlaraffenland“ in Ottfingen betreibt er noch Clubs in Hilchenbach („Schwarze Tulpe“) und in Haiger („Casa 26“). „Bevor Corona kam, hatte ich insgesamt 30 Mädchen, die bei mir gearbeitet haben. Jetzt sind es nur noch vier“, erzählt er. Viele Mädchen seien zurück in ihre Heimat gegangen – Ungarn, Bulgarien oder Rumänien –, haben Aushilfsjobs bei Fastfood-Ketten angenommen, seien schwanger geworden oder haben „aus der Not heraus geheiratet“. „Eine ist auch vorübergehend nach Polen gegangen, um dort in einer Fischfabrik zu arbeiten.“ Hauptsache über die Runden kommen.
Sehr gute Prostituierte verdiente in Vor-Corona-Zeiten bis zu 5000 Euro pro Woche
In Vor-Corona-Zeiten sind unter der Woche bis zu 30 Kunden täglich ins „Schlaraffenland“ gekommen, am Wochenende noch mehr. Grudnick glaubt, dass er relativ schnell wieder an dieses Niveau anknüpfen kann, aber: „Dafür brauche ich Mädchen. Wenn sie wissen, dass sie wieder arbeiten können, werden sie auch wieder kommen.“ Denn so viel, wie sie im Bordell verdienen – sehr gute Prostituierte kommen laut Grudnick bei ihm auf bis zu 5000 Euro die Woche –, so viel würden sie in der gleichen Zeit weder bei Fastfood-Ketten noch in Fischfabriken bekommen.
Was für das Geschäft des 64-Jährigen abgesehen vom Personalmangel auch noch hinderlich sein könnte: der Kontaktbogen. Dieser muss von jedem Gast beim Eintritt ausgefüllt werden. „Schön ist das nicht. Wenn dann mal wirklich ein Corona-Fall auftreten sollte, dann müssen wir ihn anrufen. Und wenn das dann die Frau mitkriegt, dann ist Stress vorprogrammiert“, so Grudnick.
Der Kontaktbogen ist nicht die einzige Maßnahme, die der Club-Besitzer ergreifen musste, um einen Bordell-Besuch in Corona-Zeiten zu ermöglichen. Es gibt auch eine Einbahnstraßenregelung. So sollen die Gäste durch den Haupteingang hereingelassen, über die Treppe in den ersten Stock zu den „Arbeitszimmern“ geleitet und nach dem Besuch über eine andere Treppe zum Seitenausgang gelotst werden, um den Begegnungsverkehr möglichst zu minimieren. In jedem Raum stehen Flächendesinfektionsmittel bereit, an den Wänden hängen Spender mit Desinfektionsgel. Mund-Nasen-Schutze werden allerdings nicht getragen. „Wie sollte das auch funktionieren? Außer, man will vielleicht Doktorspielchen machen.“
Bordellbesuch: ein menschliches Bedürfnis
Die Zwangspause hat Grudnick für Renovierungen und Umbauarbeiten genutzt. So wurde zum Beispiel der rote Teppich mit goldfarbenen Lilien neu verlegt, die Theke im Erdgeschoss ausgetauscht, neue Stromleitungen wurden installiert und die Duschen auf den Zimmern neu gekachelt. Wie viel Grudnick genau investiert hat in den letzten Monaten, möchte er nicht verraten. Nur so viel: „Es war eine Menge.“ Immerhin sei das Geld mit seinem zweiten Standbein – „Moni’s & Buggi’s Getränkehandel“ mit Sitz in Neunkirchen – weiter hereingekommen. Mit der Renovierung und dem neuen Erscheinungsbild hofft Grudnick, dass es bald wieder rund geht im FKK-Club. „Wir brauchen Bordelle! Das ist doch ein menschliches Bedürfnis.“