Oberhausen. Nach etlichen Konzert-Ausfällen hat die maritime Pop-Band Santiano doch noch die Arena Oberhausen geentert. Die Musiker zeigten sich gesprächig.

Der Kutter kommt spät - aber gewaltig! Lange mussten 5000 Fans der maritimen Rock-Band Santiano auf das ersehnte Kaperfahrt-Konzert warten. Am Mittwoch schwappten die Stimmungswellen nun doch noch durch die Rudolf-Weber-Arena neben dem Centro Oberhausen. Symbolik ist alles: Als erster Ton durchbricht ein lautes Nebelhorn die Stille.

„Es ist schön, wieder unter euch zu sein“, sagt Sänger Björn Both mit rauer Stimme, nachdem „Wenn die Kälte kommt“ - zugleich Tourtitel - die Butterfahrt aus Rock, Folk, Shanty und viel Pop eröffnet hat. Both zeigt sich in guter Form. Zuletzt legte ihn ein hartnäckiger Magen-Darm-Infekt flach. Zwei Wochen ist die Diagnose her.

Der Krankheitsfall sorgte dafür, dass der vorherige Konzert-Anlauf in Oberhausen gerade einmal fünf Stunden vor Beginn abgesagt werden musste. Etliche Fans erreichte die schlechte Nachricht erst vor den Türen der Halle.

Santiano in Oberhausen: Fans der Seebären üben sich in Geduld

Zuvor mussten die Santiano-Gastspiele in der Neuen Mitte Oberhausen bereits wegen der Corona-Pandemie mehrfach verschoben werden. Fans der Seebären aus Schleswig-Holstein benötigten also viel Geduld. Both: „Wir hatten das Schlimmste befürchtet. Aber ihr seid noch alle hier!“

Die Stimmung in der Arena Oberhausen ist kaum verwässert, auch wenn die Halle diesmal nur zur Hälfte gefüllt ist. Papierschnitzel rieseln wie Schnee in den Innenraum. Both wünscht frohe Weihnachten, während sich Fans in lockerer Sommer-Garderobe launig warm schunkeln. Ein bisschen absurd darf es sein. Musikalisch bleiben sie zwischen Gitarren-Riffs und Geigen-Solo aber solide.

Für Skeptiker sind Santiano eher auf der Insel austauschbarer Stimmungsmusik gestrandet. Fans schwören dagegen auf kollektives Fußwippen bei atmosphärischen Hits wie „Es gibt nur Wasser“, „Frei wie der Wind“, „Auf nach Californio“ und „Gott muss ein Seemann sein“. Alle fünf Santiano-Studioalben landeten auf dem Thron der deutschen Album-Charts.

Gibt es ein typisches Fan-Alter für die musikalischen Herren in ihren späten Fünfzigern? Nein! Vom Teenager bis zum Senior segelt in Oberhausen alles mit.

Santiano in Oberhausen: Auf hoher See mit dem Wellerman

Für karge Verpflegung sind Santiano nicht bekannt: Die Bühne betrachten Björn Both, Andreas Fahnert, Peter David Sage, Axel Stosberg und Hans-Timm Hinrichsen als Gemälde. Die Corona-Krise ist mit vielen Anspielungen im neuen Album verankert. Und das erkennt man ohne Fernrohr: Animationen von wilden Schneestürmen fegen über Eisschollen, tosende Kaventsmänner durchpflügen die aufgewühlte See. Ansonsten bleibt die Bildsprache eher flach - und lässt kaum Platz für Überraschungen.

Zuletzt segelten Santiano gemeinsam mit dem schottischen Folksänger Nathan Evans (eigentlich: Postbote) auf der Welle des Internet-Hits Wellerman. Mit seiner eigenen Version des Shantys „Soon may the Wellerman come“ löste der 26 Jahre alte Evans im vergangenen Jahr einen Hype im Netz aus. Auf der Plattform TikTok gingen plötzlich Seemannslieder viral.

Und in Oberhausen? Als der Santiano-Wellerman das maritime Karaoke auf die Spitze treibt, sind die Fans auf den Rängen und im bestuhlten Innenraum längst hin und weg. Erst nach zwei Stunden Gute-Laune-Schippern geht es wieder an Land. 

>>> Santiano setzen ihre Tour fort - auch in Gelsenkirchen

Die Shanty-Rocker von Santiano setzen ihre „Wenn die Kälte kommt“-Tour in den großen Hallen fort. Zusätzlich sind aber auch einzelne Open-Air-Termine angekündigt worden.

Dafür werden Santiano erneut das Revier ansteuern. Am Freitag, 24. Juni, spielen die Nordlichter im Amphitheater in Gelsenkirchen. Eintrittskarten kosten etwa 71 Euro.