Gelsenkirchen. Der Bund möchte stärkere Corona-Maßnahmen. Es könnten Ausgangssperren kommen. Ein Stimmungsbild aus Gelsenkirchens Politik zur möglichen Regel.

Sie gibt es seit Karfreitag in Hamburg, seit vergangener Woche im Märkischen Kreis – und bald bundesweit? Momentan wird heiß über eine nächtliche Ausgangsbeschränkung diskutiert. Die Bundesregierung will bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie durchgreifen, den bestehenden Lockdown verschärfen. Der Bund schlägt neue und strengere Maßnahmen vor, die ab einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 100 gelten sollen – und damit auch in Gelsenkirchen. Besagter Wert ist hier schon seit Wochen überschritten.

Eine Maßnahme wären Ausgangsbeschränkungen. Der Gesetzesentwurf vom Bund sieht sie demnach für die entsprechenden Landkreise bundesweit täglich von 21 bis 5 Uhr vor. Ausnahmen dürfte es wohl bei medizinischen Notfällen, beruflicher Tätigkeit, der Unterstützung pflegebedürftiger Menschen oder zur Versorgung von Tieren geben. Die WAZ hat nachgefragt, wie die Gelsenkirchener Ratsfraktionen zu möglichen Ausgangsbeschränkungen stehen.

SPD und Bündnisgrüne: Ausgangsbeschränkungen nur unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte

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„Wenn es wirklich helfen sollte, dann sollte man nichts dagegen haben“, sagt Axel Barton, der Fraktionsvorsitzende der hiesigen SPD. Er merkt dabei an, dass zwingend eine einheitliche Lösung mit benachbarten Städten gefunden werden müsse. Eine „Insellösung“, bei der lediglich in Gelsenkirchen Beschränkungen angeordnet werden, dürfe es nicht geben.

Die Bündnisgrünen würden Ausgangsbeschränkungen grundsätzlich mittragen – es komme aber immer auf die genaue Umsetzung der Maßnahmen an, betont der Kreisvorsitzende, Jan Dworatzek: „Das Gesamtpaket ist wichtig.“ Er wünscht sich auch verbindliche Regeln fürs Wirtschaftliche, wenn sie für den Privatbereich kommen.

Beispielsweise sollte es geregeltere Tests und Home-Office-Anforderungen für den wirtschaftlichen Bereich geben, so Dworatzek: „Dort gibt es bislang nur Appelle. Es kann nicht sein, dass alles ins Private hineinverlagert wird.“ Zusätzlich müsste größere Rücksicht auf Familien genommen werden, die zurzeit ihre Kinder zuhause betreuen müssen. Die Grünen bemühen einen ganzheitlichen Blick.

Gelsenkirchen: CDU-Fraktionschef wünscht sich bessere Kontrolle jetziger Maßnahmen

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Sascha Kurth, der den Fraktionsvorsitz der CDU innehat, sieht Ausgangsbeschränkungen derweil „kritisch“. Seine persönliche Meinung sei, dass diese eher diejenigen benachteiligen würden, die sich schon jetzt an die geltenden Regeln halten. „Aus meiner Sicht müssten erst einmal die bestehenden Maßnahmen besser kontrolliert werden“, sagt Kurth.

Ähnlich bewerten die FDP, die AfD sowie die Linken mögliche Ausgangssperren. Susanne Cichos, FDP-Fraktionsvorsitzende, erklärt: „Sie wären ein Eingriff in die Freiheitsrechte und für uns kein Mittel.“ Cichos befürchtet vielmehr, dass sich manch einer eher zuhause geheim im Privaten treffen könnte, falls Ausgangssperren kommen sollten. Das wiederum wäre für die Pandemiebekämpfung kritischer als Zusammenkünfte im Freien.

AfD: Regierung sei mit Corona-Politik gescheitert

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Die Maßnahmen müssten zielführend und wissenschaftlich möglichst fundiert sein, fordert Jan Preuß, der Fraktionschef der AfD: „Was wir brauchen ist Pragmatismus im Sinne des Bürgers und der Wirtschaft.“ Eine Ausgangssperre widerspreche „neben dem gesunden Menschenverstand“, so Preuß, zudem neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen: „Private Treffen können auch vor dem Zeitpunkt einer eventuellen Ausgangssperre stattfinden, Gastronomiebetriebe, Bars und Kneipen sind ja bereits geschlossen, Versammlungen im Freien sehr stark eingeschränkt.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse müssten „unverzüglich in politischen Sachverstand umgemünzt werden“, so Preuß, der findet: „Die Regierung ist mit ihrer Corona-Politik gescheitert.“

Martin Gatzemeier und die Linken lehnen Ausgangsbeschränkungen ebenfalls „komplett ab“. Sie wären nicht effektiv. Fraktionschef Gatzemeier: „Wir brauchen keine weiteren Einschränkungen der Grundrechte.“