Oberhausen. Die anhaltende Corona-Krise macht vielen Menschen zu schaffen: Sie kommen mit ihrem Geld nicht aus und benötigen Beratungshilfe.

Immer mehr Menschen geraten durch die Folgen der Pandemie in finanzielle Not. Im ersten Halbjahr 2021 verzeichneten die gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen in Deutschland einen deutlichen Anstieg der Anfragen nach Beratung.

Das ist das Ergebnis einer Umfrage der „Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände“ (AGSBV). An der Umfrage hat auch die Beratungsstelle der Caritas Oberhausen teilgenommen. Bei über zwei Dritteln der Beratungsstellen erhöhte sich die Anzahl der Anfragen im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie. Bei fast der Hälfte betrug der Anstieg zwischen zehn und 30 Prozent; knapp ein Fünftel beobachtete sogar eine Zunahme des Beratungsbedarfs um mehr als 30 Prozent. Insgesamt beteiligten sich 461 Beratungsstellen an der Umfrage, davon etwa 110 von der Caritas.

Kostenfreie Beratung für Überschuldete

Die Angebote der Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes und der Caritas Oberhausen können kostenfrei von allen Bürgern in Anspruch genommen werden, die überschuldet sind oder denen eine Überschuldung droht.Bezieher von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) benötigen eine Zuweisung vom Jobcenter Oberhausen. Diese erfolgt aber nur, wenn die Verschuldung die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit verhindert. In akuten Krisensituationen ist nun aber auch ein freier Zugang möglich. Dazu wird von der Beratungsstelle ein Initiativvorschlag an das Jobcenter geschickt.Kontakt: Diakonie Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung, Langemarkstraße 19-21: 0208-80 70 20, Mail: diakonie.schuldnerberatung@kirche-oberhausen.com. Schuldnerberatung der Caritas Oberhausen: Stefanie Cera, 0208-9404-234, Mail: schuldnerberatung@caritas-oberhausen.de

„Die Anzahl der Anfragen ist sehr hoch“, erlebt Stefanie Cera von der Schuldnerberatung der Caritas Oberhausen täglich. „Es zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Schon vor Corona war der Bedarf groß, die Pandemie hat die Situation nochmals verschärft.“ In Folge der Corona-Pandemie seien unzählige Solo-Selbstständige und Freiberufler von Überschuldung bedroht..

Viele Schulden aus Mietrückständen und zu hohen Energiepreisen

Aber in über einem Viertel (28 Prozent) der Beratungsstellen war die erhöhte Nachfrage nach Beratung auf Miet- und Energieschulden zurückzuführen. „Diese Zahlen sind alarmierend, wenn man weiß, dass die Energiepreise nach dem Befragungszeitraum noch einmal richtig angezogen haben“ sagt Cera. „Das lässt nichts Gutes für das Ende des Jahres ahnen.“

Als hochproblematisch schätzen die Berater den Trend ein, die Verschuldungsmöglichkeiten im Handel immer mehr auszuweiten – insbesondere durch Kaufverträge über das Internet. Warenkäufe über Ratenzahlungen und Kreditkarten hätten die Verschuldung in vielen Fällen noch verschlimmert. Gerade junge Erwachsene seien für einen ungebremsten Konsum über das Internet anfällig.

Der Oberhausener Caritas-Direktor Michael Kreuzfelder: Zu wenig Geld für die Schuldnerberatung.
Der Oberhausener Caritas-Direktor Michael Kreuzfelder: Zu wenig Geld für die Schuldnerberatung. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Derzeit kann die Caritas für die Beratung der Überschuldeten nur eine halbe Stelle finanziell stemmen. „Die Menschen sind auf kompetente Unterstützung angewiesen, um den Weg aus der Überschuldung zu finden. Der hohe Bedarf lässt sich aber mit einer halben Stelle bei der Caritas nur schwer bedienen.“ Die Caritas fordert daher dringend eine Aufstockung der Mittel für die Schuldnerberatung.

Schon im Sommer hatte der Oberhausener Caritas-Direktor Michael Kreuzfelder gefordert: „Wir brauchen in Oberhausen gerade auch durch die spürbaren Folgen der Corona-Pandemie dringend mehr Beratung für Schuldner.“ Ein nicht ausreichendes Netz von Schuldnerberatungsstellen komme die Kommune am Ende viel teurer zu stehen. „Jeder Verschuldete, dem nicht geholfen wird, droht eine zusätzliche Belastung für Oberhausen bei der Sozialhilfe zu werden.“

Jeder Ratsuchende hatte im Schnitt 20.000 Euro Schulden

Schon das erste Pandemie-Jahr hatte viele Bürger in Oberhausen in Finanznot gebracht: Das macht der Jahresbericht 2020 der Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werkes deutlich. Danach verschuldeten sich 545 Oberhausener mit der Rekordsumme von gut 10,7 Millionen Euro. Zeitgleich stieg die Anzahl der Pfändungsschutz-Kontobescheinigungen, mit denen das Existenzminimum vor einer Pfändung geschützt werden kann, um fast 80 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr kletterte die durchschnittliche Verschuldung pro Kopf noch einmal um rund 978 Euro auf rund 20.000 Euro.

In Oberhausen bieten die Diakonie und die Caritas eine Schuldnerberatung für die Betroffenen an. Die durchschnittlichen Wartezeiten für ein persönliches Beratungsgespräch bei der Diakonie hatten sich allerdings bereits 2020 von zwei bis vier Wochen auf drei bis sechs Wochen verlängert. hoy/-ps