Gelsenkirchen-Altstadt. Die Plaza-Gruppe tut sich nach dem Kauf des Maritim-Hotels in Gelsenkirchen nicht nur wegen Corona schwer. Um Hotel und Residenz gibt’s Ärger.
Die Maritim-Geschichte im 222-Zimmer-Hotel am Stadtgarten endete Anfang August 2021. Damals übernahm die Heilbronner Plaza Hotelgroup das Haus und auch die 51-Prozent-Mehrheit an der benachbarten Residenz. Die neuen Betreiber um die Unternehmerfamilie Yalaz traten an, im Hochhausturm ein neues Kapitel Gelsenkirchener Hotellerie-Historie zu schreiben. Glücklich begonnen hat es in der ohnehin für die Branche schwierigen Corona-Zeit offenbar nicht.
Gelsenkirchener Maritim-Geschichte endete 2021 nach 50 Jahren
Die bei der Übernahme angekündigte Renovierung des in die Jahre gekommenen Hotels kam bislang nicht in Fahrt, das Haus läuft vorerst coronabedingt im Minimalbetrieb weiter. Zwischen Teilen der Belegschaft – von 70 Beschäftigten wurden wohl 56 übernommen – und dem Management knirschte es von Beginn an gewaltig. Vor dem Arbeitsgericht wurde zwischenzeitlich über Dienstpläne und Arbeitszeiterfassung gestritten, für Februar wird eine Entscheidung erwartet. Stress mit der Arbeitsagentur gab es offenbar auch - über ausgezahltes Kurzarbeitergeld. Und Nachbarn in der Residenz beklagen allerlei Ärgernisse von der Grünpflege bis zu Mieten für die Tiefgaragenplätze. Lesen Sie auch:Betrebsrat von Maritim-Nachfolger streitet vor Gericht
Pub, Restaurant, Pool und Sauna im Hotel sind geschlossen
„Dieses Hotel befindet sich neben dem Stadtgarten im Zentrum von Gelsenkirchen. Die angebotenen Zimmer sind gut ausgestattet. Auch ein gemütlicher Pub und ein modernes Wellnesscenter mit einem Innenpool erwarten Ihren Besuch“, lautet aktuell noch die Werbung auf der Buchungsplattform Booking.com. Ein „Gut“ (7,2) gibt es hier als Bewertung durch Gäste. Zumindest die Beschreibung bei Hotels.com entspricht eher der Realität. Lounge, Restaurant, Sauna und Pool, heißt es dort, seien voraussichtlich bis 31. Mai 2022 geschlossen.
Dass das Hotel unter neuer Leitung und neuem Namen am Markt ist, ist vor Ort allein am flattrigen Namensbanner am Eingang zu erkennen.
Frühere Gäste erinnern sich an besondere Momente der Gastlichkeit
Norbert Oehlert, der CDU-Stadtverordnete für den Bereich Altstadt, ist nicht der einzige, der alte, glänzendere Maritim-Zeiten vermisst, etwa „den berühmten Weihnachtsbrunch oder aber die Silvestergala“. Nicht nur Bar, Pub und Restaurant seien geschlossen, „sondern zudem auch die angekündigten Investitionen scheinen noch nicht getätigt zu werden“, stellt Oehlert fest und fragt sich, warum es bei einem Hotel, „das auf einigen Internetplattformen als 4-Sterne-Haus gelistet ist, nicht einmal für einen ordentlichen neuen Schriftzug am Hoteleingang reicht“.
Wir taggen GElsen: Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.
Sicherlich sei die Hotelbranche durch die Corona-Krise besonders betroffen gewesen, räumt auch der CDU-Politiker ein. Letztlich trug die schlechte wirtschaftliche Situation der Maritim-Gruppe ja zum Verkauf bei. Doch vom neuen Eigentümer erwartet die Politik, dass sie wie die Vorgänger mit der Stadt „eine Symbiose zum gegenseitigen Nutzen“ pflege.
Bericht im Ausschuss angeregt
Die Plaza Hotelgroup betreibt oder plant in Deutschland, Österreich und den Niederlanden nach eigenen Angaben 41 Hotels.Damit sich die Politik einen besseren Überblick über die aktuelle Situation im Plaza-Hotel Gelsenkirchen machen kann, regt der Stadtverordnete Norbert Oehlert einen Bericht der Verwaltung in der nächsten Sitzung des Wirtschaftsförderungsauschusses an.Der Vorsitzende der CDU-Altstadt appelliert: „Die beiden Zwillingstürme sind ein Wahrzeichen der gehobenen Gastlichkeit und Wohnens in Gelsenkirchen in den letzten 50 Jahren gewesen. So sollte es auch bleiben.“
Eher auf Konfrontationskurs scheinen dagegen Plaza und etliche Residenzbewohner. Der Wohnturm neben dem Hotel hat 250 Wohneinheiten, knapp zur Hälfte Eigentumswohnungen im Streubesitz, die von den Besitzern bewohnt oder vermietet werden. Die sorgen sich, wie es mit dem neuen Mehrheitsgesellschafter mit der Immobilie weiter geht, auch mit Blick auf nötige Modernisierungen.
Bewohner der benachbarten Residenz ärgern sich über Vertragskündigungen
Der Vertrag mit der bisherigen Wohnungsverwaltung läuft bald aus, die etwa 60 unterirdischen Stellplätze in der offenen, veralteten Tiefgarage wurden gekündigt. In manchen Fällen offenbar weder form- noch fristgerecht für die Mieter, verbunden mit dem Hinweis, dass für die Neuvermietung künftig statt 50 monatlich 120 Euro inklusive Mehrwertsteuer fällig werden sollen. Trotz des saftigen Aufschlags sollen viele die neue Miete akzeptiert haben.
Kritik an Reinigung, Grünpflege und abgeschalteter Beleuchtung
„Viele Leute hier sind total sauer“, heißt es aus Bewohnerkreisen, auch weil es an etlichen anderen Stellen Probleme gebe, der einst gewohnte Standard fehle: Reinigung und Grünpflege, die zwischenzeitlich abgeschaltete Beleuchtung rund ums Hotel („hier war es teilweise abends stockdunkel“, sagt eine Bewohnerin), teils der Hausmeisterservice und auch der Umgangston werden beklagt.
Eine Eigentümerversammlung wurde bislang nicht terminiert, eine Kommunikation mit Plaza sei kaum möglich, auf Schreiben werde nicht reagiert, so die Kritiker. Eine Erfahrung, die auch die WAZ-Redaktion gemacht hat. Auf mehrere Anfragen seit August 2021 zur Zukunft des Hauses, Plänen und Problemen hat es bislang keine inhaltlichen Antworten gegeben.
- Verfolgen Sie die aktuelle Entwicklung zum Coronavirus in Gelsenkirchen in unserem Newsblog
- Lesen Sie mehr Geschichten aus Gelsenkirchen