Oberhausen. Das „Paradies Sweet“ verkauft seit Juli syrische Süßigkeiten an der Marktstraße in Oberhausen. Warum der Start allerdings holprig ablief.

In den quietschsüßen Gebäckteilchen steckt ein Stück seiner Heimat, die Wasim Naaseh im Jahr 2015 verlassen musste. Die syrischen „Balurieh Kunafeh“ sind Teigfäden aus Weizenmehl, Butter Ghee, Pistazien und Zucker. Sie liegen im Süßwarenladen „Paradies Sweet“ aus, den der 32-Jährige im Juli an der Marktstraße 113 in Oberhausen eröffnet hat – nachdem er aus Syrien vor dem Krieg geflohen ist.

Dort verkauft er gemeinsam mit einem Mitarbeiter Kuchen, Pralinen, Kekse und Nüsse. „Alles traditionell syrisch hergestellt“, sagt Naaseh. „Dazu mahlen wir arabischen Kaffee.“ Ab und an hilft auch sein Bruder Mohammad im Laden aus.

Die syrische Kultur näher bringen

“Balurieh Kunafeh“-Teilchen sind nur eine von vielen Sorten Süßigkeiten im Laden von Wasim Naaseh.
“Balurieh Kunafeh“-Teilchen sind nur eine von vielen Sorten Süßigkeiten im Laden von Wasim Naaseh. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Die Hälfte der Kundschaft sei arabisch-stämmig, aber auch immer mehr Deutsche würden den Laden besuchen, freut sich der Inhaber. Normalerweise werden die Gebäckteilchen pro Kilo verkauft, Naseeh bietet aber auch kleinere Probiermengen an. Denn gerade Deutsche seien am Anfang neugierig und wollten sich erstmal durch das Sortiment probieren. „Ich freue mich, dass ich ihnen dadurch meine Kultur näher bringen kann.“

So kosten ein Kilo Kekse 10 Euro, ein Kilo Baklava zwischen 15 Euro und 25 Euro. Für ganze Torten nimmt Naaseh, je nach Größe, 25 und 35 Euro – einzelne Stücke kosten 2 Euro oder 2,50 Euro. Das Gebäck sowie die Nüsse und Kerne verkauft er auch grammweise.

Besonders beliebt seien die sogenannten Halawa – weiche Gebäckröllchen, hergestellt aus Weizengrieß, Zucker, Mozzarella, Wasser, Sahne und Blütenwasser. „Eine deutsche Kundin erzählte uns, dass sie sogar davon geträumt hat“, sagt er und lacht.

Das kann Wasim Naaseh jetzt auch wieder. Aber bis zu dem Punkt, an dem er jetzt steht, war es ein langer Weg: Nachdem er in Deutschland ankam, besuchte er zwei Jahre lang einen Deutschkurs, um dann eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker zu beginnen. Doch der Job machte ihn nicht glücklich. „In Syrien habe ich drei Supermärkte geleitet, ich wollte wieder an diesen Punkt zurück“, erinnert er sich.

Suche nach einem Mülleimer hat zum Lokal geführt

Ein Bekannter, der im Ruhrgebiet syrische Teigwaren herstellt, brachte ihn auf die Idee, einen Süßwarenladen zu eröffnen und die Produkte des Bekannten dort zu verkaufen. Einen Teil der Waren stellt Naaseh zudem selbst her. „Zuerst habe ich überlegt, mir ein Ladenlokal in Gelsenkirchen zu suchen, weil da mehr Araber leben als hier in Oberhausen. Wir dachten, dort würde es mehr Kundschaft geben.“ Zudem sei die Oberhausener Innenstadt zu Pandemiezeiten erschreckend leer gewesen.

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Aber es sollte anders kommen: In Gelsenkirchen konnte der Süßwarenhändler keinen geeigneten Platz für sein Geschäft finden. „Dann sind mein Bruder und ich einmal nach Oberhausen gefahren, um einen Mülleimer abzuholen, den wir über Ebay gefunden hatten“, blickt Naaseh zurück und muss schmunzeln. „Und da sind wir zufällig an einem leerstehenden Laden auf der Marktstraße vorbei gekommen – der ist es dann geworden.“

Geschäft ist in der Pandemie nur langsam angelaufen

Das Geschäft sei allerdings nur langsam angelaufen, erzählt Naaseh. Denn neben der leeren Innenstadt in Corona-Zeiten betreibe er seine Werbung ausschließlich über Facebook. So hätten viele Menschen nichts von der Eröffnung mitbekommen. Naaseh: „Mittlerweile läuft es besser. Das Schöne ist, dass die Kunden immer wieder bei uns einkaufen und wir viele positive Rückmeldungen erhalten.“

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Hin und wieder spazieren allerdings auch Menschen in den Laden, die Vorurteile gegen ihn und seine Kultur mitbringen. „In unserem Lokal gibt es aufgrund der Größe keine Gästetoilette“, sagt Naaseh. „Einmal kam ein Kunde rein und sagte mir: Sie sind hier in Deutschland und in Deutschland haben wir alle Toiletten.“ Situationen wie diese erlebe er aber auch auf der Straße, abseits der Arbeit.

Die Öffnungszeiten im „Paradies Sweet“

Das syrische Süßwarengeschäft hat von montags bis samstags, jeweils von 11 bis 22 Uhr geöffnet. Sonntags sind die Öffnungszeiten von 13 bis 22 Uhr. Vorbestellungen für Feste, wie beispielsweise Geburtstage, nimmt der Besitzer telefonisch unter 01575-9108000 entgegen.

Insgesamt fühlt sich der Syrer im Ruhrgebiet jedoch wohl und angekommen. Die Arbeit im „Paradies Sweet“ macht ihm Spaß. Dennoch vermisst er seine Familie, die bis auf seinen Bruder in der Welt verteilt lebt. „Es war sehr schwierig für mich, mein Land und meine Liebsten verlassen zu müssen.“ Wenn der Krieg vorbei ist, möchte Naaseh unbedingt wieder zurück. Bis dahin teilt er ein Stück seiner Heimat im süßen Paradies an der Marktstraße.

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