Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. Neubau oder Erhalt der Gelsenkirchener „Knochenmühle“? Was passiert mit der Kita? Was sich Vermieter und Mieter für die Ex-Klinik wünschen.

Die Tage einer ehemaligen Gelsenkirchener Klinik als Wohnhaus scheinen gezählt zu sein. Nach dem angekündigten Umzug der Falken NRW, die ihren Sitz im Mai/Juni in ein ehemaliges AOK-Gesundheitszentrum nach Herne verlegen, verdichten sich die Anzeichen, dass das ehemalige orthopädische Kinderkrankenhaus an der Hohenstaufenallee 1-5 abgerissen wird und ein Neubau an gleicher Stelle errichtet wird. Ob auch davon die private Kita weichen muss, ist noch offen.

Das Grundstück, auf dem sich das Gebäudeensemble der ehemaligen Kinderklinik in Gelsenkirchen an der Hohenstaufenallee 1-5 befindet, umfasst nach Angaben von Vermieter GGW 3150 Quadratmeter.
Das Grundstück, auf dem sich das Gebäudeensemble der ehemaligen Kinderklinik in Gelsenkirchen an der Hohenstaufenallee 1-5 befindet, umfasst nach Angaben von Vermieter GGW 3150 Quadratmeter. © Unbekannt | Grafik: Lisa-Marie Pütter

GGW-Geschäftsführer Harald Förster und -Prokurist Stefan Eismann bestätigten, dass die Stadttochter die bestehenden Mietverhältnisse nach Möglichkeit „einvernehmlich auflösen möchte, um das Gebäude abzureißen und dort neue Immobilien zu errichten“. Das Haus habe das Ende seiner Lebensdauer erreicht, mittlerweile sei es nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben.

„Die Keller sind nass, das Dach ist an mehreren Stellen kaputt, die Wohnungszuschnitte sind aufgrund der ursprünglichen Nutzung als Krankenhaus ebenso verwinkelt wie marktunfähig“, so das GGW-Führungsduo weiter zu den Beweggründen, die zu den neuen Plänen für das 3150 Quadratmeter große Grundstück geführt haben.

Gelsenkirchener Familie zu den Abrissplänen: Leben hier in einem kleinen Paradies

Die Rückfront des alten Gelsenkirchener Klinik-Gebäudeensembles mit Garten und privater Kita (Gebäude rechts) an der Hohenstaufenallee 1-5. Die verbliebenen Mieter sind wegen Abriss- und Neubau-Plänen verunsichert. Die Kita befindet sich in einem Nebengebäude. Und zwar in der früheren Wäscherei.
Die Rückfront des alten Gelsenkirchener Klinik-Gebäudeensembles mit Garten und privater Kita (Gebäude rechts) an der Hohenstaufenallee 1-5. Die verbliebenen Mieter sind wegen Abriss- und Neubau-Plänen verunsichert. Die Kita befindet sich in einem Nebengebäude. Und zwar in der früheren Wäscherei. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Linus und Jasmin Friedmann, die mit ihren drei Kindern (13, 19, 21) dort in Bulmke-Hüllen zu Hause sind, wollen ihr Heim nicht aufgeben. Sie haben die Befürchtung, ihr „kleines Paradies“, das sie seit 14 Jahren umgibt, zu verlieren. „Eine Kündigung haben wir noch nicht bekommen“, sagt Jasmin Friedmann, falls sie käme, betrage die Frist, das Haus zu verlassen, ein Jahr.

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Die fünfköpfige Familie und ein Senioren-Ehepaar, das dort schon „seit Jahrzehnten lebe“, sind die einzigen verbliebenen langjährigen Mieter in dem Gebäudeensemble. Dank eines großen Gartens mit „sehr alten Baumbeständen“ lebe es sich dort im Süden „wie in einem Biotop mit zahlreichen Tieren und Pflanzen“. Dazu kämen noch großzügig geschnittene, hohe Räume und derart dicke Mauern, „die unsere Ausgaben für Energie sehr niedrig halten“, berichtet die dreifache Mutter. „Warum also wegziehen? So etwas findet man nicht wieder“, schwärmt die Gelsenkirchenerin.

Antrag auf Denkmalschutz für die ehemalige Gelsenkirchener „Knochenmühle“ gestellt

Das Ehepaar Friedmann misst dem Gebäude „eine hohe historische Bedeutung“ für Gelsenkirchen und dem Stadtteil zu. Daher hat es bei der Stadt „einen Antrag auf Denkmalschutz gestellt“. In dem Dokument verweist das Paar auf die wechselvolle Geschichte der als „Bulmker Knochenmühle“ bekannt gewordenen Klinik, die Anfang des 20. Jahrhunderts (1908) ihren Betrieb aufnahm.

Auf dem Gelände der ehemaligen orthopädischen Kinderklinik in Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen an der Hohenstaufenallee 1-5 gibt es einen großen Garten mit einem alten Baumbestand.
Auf dem Gelände der ehemaligen orthopädischen Kinderklinik in Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen an der Hohenstaufenallee 1-5 gibt es einen großen Garten mit einem alten Baumbestand. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Ob der Antrag auf Denkmalschutz angesichts der Abriss- und Neubaupläne und der geschilderten Schäden zum Tragen kommt oder überhaupt noch geprüft wird, das konnte Stadtsprecher Jan-Peter Totzek bislang nicht sagen.

15 Kinder im Alter zwischen vier Monaten und sechs Jahren

Die Kindertagesstätte „Kindergruppe Bulmke e.V.“ ist nach Vereinsangaben eine altersgemischte Kindertagesstätte. Sie wird als Elterninitiative geführt. Zwei Erzieher und einer Kinderpflegerin betreuen 15 Kinder zwischen im Alter von vier Monaten und sechs Jahren.Für die Eltern sei Mitarbeit selbstverständlich. Erst im vergangenen Jahr sei für viel Geld ein neues Klettergerüst angeschafft worden.

Vermieter GGW und Kita-Vorstand wollen Möglichkeiten ausloten

Bei der privaten Kita, Kindergruppe Bulmke e. V., die ein Nebengebäude (ehemalige Klinik-Wäscherei) nutzt, hat „die Elternschaft die Veränderungen durch den Wegzug der Falken nach mehr als 40 Jahren mit Beunruhigung aufgenommen“, wie am Montagmorgen per Telefon zu erfahren war. Auch hier sei noch kein Kündigungsschreiben von der GGW eingetroffen. Bei gewerblich genutzten Immobilien beträgt die Kündigungsfrist drei Monate.

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Vereinsvorstand Dr. Ralf Heine und GGW-Prokurist Stefan Eismann haben daher einen Gesprächstermin vereinbart, bei dem die Möglichkeiten ausgelotet werden sollen. Heine: „Wir pflegen seit 30 Jahren ein gutes Mieter-Verhältnis zur GGW. Es ist noch keine beschlossene Sache, dass auch die Kita weichen muss.“ Eismann bestätigt die Darstellung, sagt aber auch: „Alles ist denkbar, wir sind noch in der Findungsphase.“ Für das Senioren-Ehepaar sei die GGW bereits auf der Suche, eine passende altersgerechte und barrierefreie Wohnung zu finden.