New York. Die Zeit der Stagnation soll bei Yahoo vorbei sein. Das Internet-Unternehmen ist im Aufbruch. Nach dem Kauf der Blog-Plattform Tumblr bekommen die 500 Mitarbeiter in New York ein gemeinsames Büro. Auch der Fotodienst Flickr ist aufgefrischt worden.
Der bei jungen Leuten beliebte Blog-Dienst Tumblr gehört künftig zu Yahoo. Das Internet-Urgestein lässt sich diese Verjüngungskur 1,1 Milliarden Dollar (855 Mio Euro) kosten. Um die vielen Millionen Tumblr-Nutzer nicht zu verschrecken, gewährt der Konzern seiner neuen Tochter nach eigenen Angaben aber größtmögliche Eigenständigkeit. Nicht einmal das Yahoo-Logo soll auf den Tumblr-Seiten auftauchen.
"Wir versprechen, es nicht zu versauen", schrieb Yahoo-Chefin Marissa Mayer in einem extra aufgesetzten Tumblr-Blog. Gründer David Karp bleibt Chef der sechs Jahre jungen Firma. "Unser Team wird sich nicht verändern. Unsere Zukunftsplanung wird sich nicht verändern", beteuerte Karp. Durch die Übernahme stünden nun sogar mehr Ressourcen zur Verfügung.
Bei vorherigen Zukäufen hatte sich Yahoo zwar gerne die Technik und die Talente gesichert, aber die Dienste oftmals direkt im Anschluss eingestampft. So war es beispielsweise im März bei der Nachrichten-App Summly des jungen britischen Entwicklers Nick D'Aloisio.
120.000 Tumblr-Neuanmeldungen pro Tag
Aus dieser Sorge heraus flüchteten anscheinend bereits die ersten Tumblr-Nutzer zum Alternativdienst WordPress. An einem normalen Sonntag würden 400 bis 600 Tumblr-Einträge zu WordPress herübergeholt, schrieb dessen Chef Matt Mullenweg am Wochenende. "In der vergangenen Stunde waren es mehr als 72.000."
Yahoo - ein früher Star des Internets
Yahoo war 1994 gegründet worden und ist ein früher Star des Internets, dem die Konkurrenz des Branchenriesen Google aber immer mehr zu schaffen machte. Im Jahr 2008 wehrte der Konzern eine Übernahme durch Microsoft ab, 2009 schloss das Unternehmen aber ein Suchmaschinenbündnis mit dem Softwarekonzern. Derzeit hat das Unternehmen 11.500 Mitarbeiter.
Tumblr macht es Nutzern leicht, Blogs aufzusetzen und Inhalte zwischen ihnen zu teilen. Zuletzt gab es fast 109 Millionen der Blogs. Viele davon setzen stark auf Bilder und Videos. Jeden Tag gibt es 120 000 Neuanmeldungen. "Tumblr ist eines der am schnellsten wachsenden Mediennetzwerke in der Welt", frohlockte Yahoo-Chefin Mayer.
Tumblr machte aber laut US-Medienberichten im vergangenen Jahr nur 13 Millionen Dollar Umsatz. Damit sich der Milliardenzukauf lohnt, muss Marissa Mayer das Geschäft ankurbeln. Die beiden Firmen würden gemeinsam "Möglichkeiten für Werbung" schaffen, kündigte sie an. Im Klartext: Autoren und Leser müssen sich auf mehr Anzeigen einstellen.
Yahoo betreibt neben Google und Facebook eines der größten Anzeigensysteme im Internet. In der Vergangenheit war das Urgestein der Branche aber hinter seine Rivalen zurückgefallen. Die im vergangenen Sommer zur Konzernchefin berufene Mayer soll die Wende bringen.
Junge Leute gern gesehen
Mayer verspricht sich durch den Tumblr-Zukauf mehr Besucher auch auf den eigenen Webseiten. Vor allem junge Leute sind gern gesehen. Der Konzern räumt selbst ein, dass er ein Defizit in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen hat. Die Börsianer jedenfalls begrüßten den Zukauf trotz des hohen Preises: Die Yahoo-Aktie stieg um 1 Prozent.
Die ehemalige Google-Managerin sondiere mehrere weitere Übernahmemöglichkeiten aus, hieß es im "Wall Street Journal". Geld ist vorhanden, seitdem Yahoo seine Beteiligung am chinesischen Internetkonzern Alibaba teilweise verkauft hat. Der Tumblr-Kaufpreis fließt fast komplett in bar. Der Abschluss der Übernahme ist in der zweiten Jahreshälfte geplant.
Für Tumblr bedeutet der Kaufpreis einen deutlichen Sprung im Vergleich zu bisherigen Bewertungen: Als sich die Firma zuletzt 2011 Geld von Investoren holte, gingen diese von einem Gesamtwert von 800 Millionen Dollar aus. Das bedeutet, dass die damals gekauften Anteile nun fast 40 Prozent mehr wert sind - ein gutes Geschäft für die Investoren.
Für den 26-jährigen Firmenchef hat sich seine Unternehmung sowieso gelohnt: David Karp hatte Tumblr 2007 gegründet und hielt laut US-Medienberichten noch etwa ein Viertel der Anteile. Auch die New Yorker Start-up-Szene, zu der Tumblr gehört, profitiert. Sie wird weiter gegenüber dem Silicon Valley aufgewertet.
Ein Problem für Yahoo könnte allerdings die lasche Kontrolle über Inhalte bei Tumblr werden. Unter anderem sind in vielen Blogs pornografische Inhalte zu finden.
Neues großes Büro von Yahoo in New York
Der Umbau bei Yahoo geht aber noch weiter: Das kalifornische Internet-Unternehmen verstärkt sein Standbein in New York und richtet dort ein neues großes Büro ein. In der Metropole an der Ostküste hat auch die Blog-Plattform Tumblr ihren Sitz, die Yahoo für 1,1 Milliarden Dollar übernimmt.
Die 500 Yahoo-Mitarbeiter in New York, bisher in mehreren Büros über die Stadt verteilt, ziehen in das alte Gebäude der "New York Times" auf der 43. Straße nahe des Times Square. "Wir haben den Mietvertrag gerade unterschrieben", sagte Yahoo-Chefin Marissa Mayer am Montag bei einem Besuch in der Millionenmetropole. Das neue Büro könnte nach Mayers Worten 200 weitere Leute aufnehmen - Platz, der vielleicht bald gebraucht wird.
Instagram ist Konkurrenz für Flickr
Große Veränderungen gibt es auch bei der Foto-Plattform Flickr, einem der ältesten und bekanntesten Yahoo-Angebote. Die Nutzer bekommen künftig standardmäßig einen Terabyte Speicherplatz. Das reicht für mehr als 500.000 digitale Bilder in üblicher Auflösung.
Für knapp 50 Dollar im Jahr kann man den Dienst werbefrei nutzen. Und für knapp 500 Dollar jährlich bekommt man einen doppelten Speicherplatz. Flickr zählte zu den ersten populären Fotoplattformen, zuletzt begeisterten sich Internet-Nutzer aber eher für jüngere Konkurrenten wie Instagram oder teilten ihre Fotos über Facebook und Twitter.
Die im Sommer vergangenen Jahres angetretene Yahoo-Chefin will das Internet-Urgestein neu beleben, das unter dem Konkurrenzdruck von Google und Facebook und früheren Managementfehlern leidet. Mayer hatte dazu am Montagmorgen den Kauf des beliebten Blog-Dienstes Tumblr für 1,1 Milliarden Dollar bekanntgegeben. Dieser sitzt ebenfalls in New York City. (dpa)