Essen. Wer heutzutage nicht twittert, kann leicht was verpassen. Den Boom des sozialen Netzwerkes im Internet will auch der Energiekonzern EnBW für sich nutzen: Kunden können künftig den Stromverbrauch per Kurzmitteilung online erhalten.

Twitter als Ersatz für den Gang in den Keller: Die EnBW-Tochtergesellschaft Yello Strom lässt Stromzähler so ausstatten, dass diese ihre Kunden kostenlos "anzwitschern". Auf der persönlichen Online-Tagebuchseite erscheint dann ein Hinweis, wenn beispielsweise zu einem bestimmten Zeitpunkt der Verbrauch exorbitant hoch ist oder die Tagesübersicht gewünscht wird. Man könnte ja eine Chance zur Effizienz verpassen. Die Formel lautet: genaues Wissen, mehr Sparpotenzial.

Intelligente Stromzähler als Basis

Seit einiger Zeit ist unter den Energieversorgern der sogenannte intelligente Stromzähler als Nachfolger der alten, schwarzen Drehscheibe ein Dauer-Thema. Ab 2010 sind diese elektronischen Messgeräte in Neubauten Pflicht. Natürlich zum Wohl der Kunden, wie die Vertreiber behaupten. Schließlich geht es um Schlagworte wie Transparenz, Mobilität und Sparmöglichkeiten.

All das soll bei Yello Strom nach erfolgreich getesteten Prototypen bald auch über das Kurzmitteilungs-Netzwerk Twitter möglich sein, wobei der Kunde womöglich auch in die andere Richtung kommunizieren und so online seine Geräte steuern kann. Die Software dazu stammt übrigens vom Suchmaschinenriesen Google. Dessen Messsystem „PowerMeter“ läuft als kostenlose Option bei Yello ab Herbst.

Service über "Smart Metering"

Auch andere Unternehmen sind schon längst auf den elektronischen Servicezug aufgesprungen. Infos per E-Mail oder Sms werden im Zuge von „Smart Metering“ (Einzelanalyse des Energiebedarfs über ein zentrales Computersystem) eine wichtige Rolle spielen. Beispiel: So soll sich die Heizung automatisch abschalten, wenn ein Fenster im Raum geöffnet ist; das Handy dient dabei als Kommandozentrale.

„Das ist aber noch weit weg, es gibt noch viel Entwicklungsbedarf“, sagt Dr. Theo Horstmann, Leiter der Unternehmenskommunikation bei RWE. Bis der Kunde seine Waschmaschine per Handy oder Internet fernsteuern kann, werde es noch mindestens drei, vier Jahre dauern, zumal auch die Gerätehersteller mitspielen müssen.

Modelle in Mülheim und Wesel

Bei dem Energieversorger an Rhein und Ruhr laufen zwei Projekte in diese Richtung. In der Modellstadt Mülheim stattet RWE seit Juli 2008 bis zum nächsten Jahr 100.000 Haushalte mit einem intelligenten Stromzähler aus. Laut Horstmann bisher mit Erfolg. „Der Kunde kann via Internet seine Daten einsehen, es gibt aber keinen Datentransfer an ihn. Wir lesen einmal monatlich elektronisch ab. Als Netzbetreiber sind wir zu Neutralität verpflichtet, der Kunde muss also aktiv werden.“ Und in Wesel haben 50 RWE-Testpersonen Zugriff auf minutengenaue Daten ihrer Zähler zur verbesserten Verbrauchssteuerung.

Spielerei oder sinnvolles Instrument, um Energiekosten einzusparen? „Das klingt natürlich spannend, und in diesem Bereich wird es künftig auch weitere Fortschritte geben“, sagt Uwe H. Burghardt von der Energieagentur NRW, Bereich Innovationen und Netzwerke. „Aber man muss erstmal die Nutzungserfahrung abwarten. Für den normalen Kunden dürfte die Umsetzung nicht so einfach sein, so dass die Fernmeldesteuerung in Sachen Strom nur in Grenzen erfolgen dürfte.“ Der zweite Schritt, das konkrete Sparen und ein verändertes Nutzerverhalten, sei ohnehin wichtiger. Die Kenntnis allein, über welches moderne Kommunikationselement auch immer zugesendet, könne nur der Anfang sein.

Datenschutzfrage

Zudem schließt sich eine weitere Frage an: Wie steht es um den Datenschutz? Zu befürchten ist ein Missbrauch der Informationen, da Betreiber ein hohes Wissen über die Nutzungsgewohnheiten ihrer Kunden erhalten und somit ihre Preispolitik anpassen können. „Bevor die rechtlichen Fragen nicht geklärt und die Daten bestmöglich geschützt sind, wäre ich eher zurückhaltend“, meint Burghardt. Und RWE-Pressesprecher Horstmann berichtet von einem Abkommen mit dem NRW-Landesdatenschutzbeauftragten, wonach sein Unternehmen nur einmal im Monat ablesen dürfe. „Wir können also gar kein konkretes Nutzerprofil erstellen.“

Bei Yello Strom heißt es, dass der Kunde selbst entscheiden kann, wer Zugriff auf seine Twitter-Informationen haben soll. „Das ist ein sensibles Thema, aber unser System ist absolut datensicher“, verkündet Pressesprecherin Eva Heringhaus, die angesichts der „heißen Wettbewerbssituation“ noch keinen Starttermin nennen kann.

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