Essen. . Wann sind Kinder alt genug für Facebook? Was sollten sie dort veröffentlichen und was besser nicht? Und wie sieht es aus mit Freundschaftsanfragen von Unbekannten? Viele Eltern müssen sich diese Fragen stellen, obwohl sie sich selbst gar nicht so recht bei Facebook auskennen. Ein neuer Ratgeber soll ihnen helfen.
Wann sind Kinder alt genug für Facebook? Was sollten sie dort veröffentlichen und was besser nicht? Und wie sieht es aus mit Freundschaftsanfragen von Unbekannten? Viele Eltern müssen sich diese Fragen stellen, obwohl sie sich selbst gar nicht so recht bei Facebook auskennen. Ein neuer Ratgeber soll ihnen helfen. Thomas Pfeiffer, einer der beiden Autoren, beantwortet zehn Kernfragen für die Eltern junger Facebook-Nutzer.
Herr Pfeiffer, ziemlich zu Beginn ihres Buches steht der Satz: „Verbieten Sie Ihrem Kind Facebook.“ Wie ernst gemeint ist der Rat?
Thomas Pfeiffer: Der Rest des Satzes lautet: "Oder lesen Sie dieses Buch" Das ist natürlich als Werbung gemeint, aber hat auch einen ernsten Kern: Viele Ratgeber in diesem Bereich machen mit Angst Politik: Angst vor Verlust der Privatsphäre, Angst vor Facebook-Partys mit ungebetenen Gästen und Angst davor, sich auf Facebook "nackig" zu machen.
Diese Angst ist in vielen Fällen unbegründet. Wer sich mit der Bedienung von Facebook auskennt und damit, was man wie einstellen kann, muss diese Angst nicht haben.
Wann sind Kinder alt genug für Facebook?
Pfeiffer: Facebook selbst legt das Mindestalter auf 13 Jahren fest. Wer jünger ist, hat keinen Zutritt. Aber die Kontrolle beschränkt sich auf die einfache Frage: "Wie alt bist Du?". Das hält jüngere Menschen natürlich nicht davon ab, sich dennoch anzumelden.
Je jünger ihr Kind ist, desto mehr sollten Sie es im Internet und speziell auf Facebook begleiten, mit ihm gemeinsam die Freunde dort aussuchen und ein Auge darauf haben, welche Fotos es hochlädt und welche persönlichen Informationen es preisgibt.
Wenn Sie ihr Kind nicht alleine von München nach Hamburg fahren lassen, ist es auch noch nicht reif, sich alleine im Internet zu bewegen. Dann sollten die Eltern sich auskennen und helfen. Wichtig ist es für Kinder immer, dass Eltern den Kontakt halten, ihnen zuhören, präsent sind und sie begleiten.
Das gilt nicht nur für Erlebnisse in der Schule, im Musikunterricht oder im Sportverein, sondern auch für die Aktivitäten im Internet. Dabei können Kinder auch gerne einmal die Expertinnen und Experten sein, ohne dass die Eltern alles wissen müssen - aber sie sollten das Kind aktiv und aufmerksam begleiten.
Wie viel sollten Kinder bei Facebook von sich preisgeben?
Als Faustregel hört man oft, man solle Facebook einfach möglichst wenig von sich anvertrauen.
Pfeiffer: Ich halte das für einen dummen Rat. "Möglichst wenig" bedeutet in letzter Konsequenz: gar nichts. Dann kann man sich gleich aus Facebook abmelden, so wie das die Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner auch getan hat. Aber das geht an der Lebenswirklichkeit von 22 Millionen Deutschen vorbei. So viele sind bei Facebook angemeldet, fast die Hälfte davon ist noch minderjährig.
Hier den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: Macht einfach gar nichts, weniger ist mehr, lässt die Betroffenen im Regen stehen. Wir geben in unserem Buch die notwendigen Hinweise, was beachtet werden muss in punkto Datenschutz, und es gibt genug Raum für eigene Grenzziehungen und Entscheidungen, die die persönlichen Einstellungen und Angaben betreffen.
Facebook bietet viele Möglichkeiten, die eigene Privatsphäre zu schützen und sich nicht unfreiwillig einer Weltöffentlichkeit auszusetzen. Nur sind diese Möglichkeiten nicht immer leicht zu verstehen. Hier hilft unser Buch.
Wie bekommt mein Kind ein Gefühl dafür, was privat ist und was für die Öffentlichkeit taugt?
Pfeiffer: Als Faustregel gilt: Wenn ich mir ein Foto oder eine Statusmeldung auf ein T-Shirt drucken lassen würde, um damit über den Pausenhof zu laufen, ist es okay, es auch auf Facebook hochzuladen. Habe ich davor schon Hemmungen, hat es auf Facebook nichts verloren.
Setzen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Kind hin, betrachten Sie gemeinsam Fotos und fragen Sie Ihr Kind: Würdest Du das auf Facebook hochladen? Vermutlich gehen hier schnell die Meinungen auseinander. Das zeigt: das, was wir als Privatsphäre verstehen unterliegt einem gesellschaftlichen Wandel.
Das kann man gut oder schlecht finden. Aber wenn wir Kinder und Jugendliche als eigenständige Persönlichkeiten wahrnehmen, müssen wir ihnen auch diese andere Sichtweise zugestehen. Unsere elterliche Aufgabe ist es dann, dass Kinder und Jugendliche wissen, was sie da tun. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe.
Und natürlich gilt wie im analogen Leben auch: Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. Da die vielfache Anonymität im Netz bei manchen Personen die Hemmschwelle von verbaler Gewalt senkt, sollten sich Eltern dessen natürlich bewusst sein, zum Schutz des eigenen Kindes - und auf der anderen Seite auch ein Auge darauf haben, was das eigene Kind im Netz so treibt.
Stichwort „Fotos bei Facebook hochladen“: Worauf sollten Eltern und Kinder hier achten?
Pfeiffer: Fotos sind mitunter noch Jahre später auf Facebook oder im Internet zu sehen. Nicht immer möchte man Jahre später noch an manche Exzesse erinnert werden. Manchmal hilft es, einem spontanen Impuls gerade nicht zu folgen und ein Foto nicht sofort nach der Aufnahme online zu stellen. Möchte man es am nächsten Tag immer noch online stellen, kann man das machen. Mit dieser Wartezeit umgeht man aber, dass man im Eifer des Gefechts Dinge tut, die man später bereut.
Übrigens hat jede und jeder das Recht, über das eigene Bild zu verfügen. Fotos von anderen, also von Mitschülern, aber auch von Fremden, darf niemand ohne deren Einverständnis veröffentlichen. Möchte jemand nicht, dass man sie oder ihn fotografiert und das Foto auf Facebook hochlädt, hat man das zu respektieren.
Es gelten nur sehr wenige Einschränkungen, beispielsweise für Politiker oder Stars. Mitschüler oder Lehrer gehören nicht zu diesen Aufnahmen. Keine Fotos von ihnen ohne deren Erlaubnis.
Was tun bei Freundschaftsanfragen von Fremden?
Wie sollten Kinder und Jugendliche reagieren, wenn sie eine Freundschaftsanfrage von einem Fremden bekommen?
Pfeiffer: Nicht annehmen. Was natürlich leichter gesagt als getan ist. Eine Freundschaftsanfrage schmeichelt ja auch immer dem eigenen Ego. Aber fragen Sie Ihr Kind, was viele Freunde auf Facebook zu haben eigentlich bedeutet? Möchte Ihr Kind 100 Freunde auf Facebook haben? Oder 200? 500? Wo liegt die Grenze und warum?
Die Antworten sind natürlich individuell verschieden. Aber auch schon Jugendliche erkennen, dass niemand 400 echte Freunde haben kann und machen sich ihren eigenen Reim auf solche unrealistischen Zahlen.
Bevor man eine Freundschaftsanfrage von Unbekannten annimmt, sollte man sich deren Profil genau ansehen. Wird von diesem Account nur englisch gepostet? Werden hauptsächlich dubiose Webseiten verlinkt? Ist das Profilbild sehr freizügig? All das sind Hinweise, dass es sich um einen Spam-Account handelt, der nur darauf aus ist, persönliche Daten abzugreifen und hinterher zu missbrauchen. Davon sollte man die Finger lassen und die Freundschaftsanfrage ignorieren.
Und was ist mit Lehrern als Facebook-Freunden?
Pfeiffer: Das kommt natürlich auf den speziellen Lehrer an und welches Verhältnis man zu ihm hat. Einige meiner früheren Lehrerinnen und Lehrer habe ich nicht gemocht, mit denen hätte ich mich nie auf Facebook befreundet, wenn es das schon gegeben hätte.
Für beide Seiten ist es oft hilfreich, wenn man beide Sphären trennt: das Privatleben und die Rolle als Lehrer und Respektsperson. Das muss jeder für sich entscheiden. Es gibt aber auch eine Möglichkeit, beides miteinander zu verbinden: Freundeslisten. Damit kann man Gruppen von Facebookfreunden anlegen und ihnen unterschiedlich viel von sich selber preisgeben.
Wenn man beispielsweise eine Freundesliste "Lehrer und Erwachsene" anlegt und festlegt, dass die meisten Fotos und Statusmeldungen für diese Freundesliste unsichtbar sind, muss man eine Freundschaftsanfrage vom Lehrer nicht ablehnen, gibt ihm aber dennoch nicht den Zugriff auf persönliche Daten.
Wie ist das mit den Facebook-Partys?
Manches habe ich bei Facebook ja auch gar nicht selbst in der Hand – etwa, wenn andere Sachen weiterreichen, die ich selbst nur wenigen Leuten mitteilen wollte. Was macht man da?
Pfeiffer: Was andere tun, darauf hat man naturgemäß nur bedingt Einfluss. Rechtlich ist es so, dass niemand hinnehmen muss, wenn andere Fotos von einem schießen und diese dann veröffentlichen. Das entspricht auch unserem Alltagsverständnis und dem gesunden Menschenverstand.
Den müssen manchen Jugendliche erst noch entwickeln. Hier helfen erklärende Gespräche, gegebenenfalls mit dessen Eltern und/oder dem Lehrer. Und wenn das nicht hilft, muss man Sanktionen androhen. So macht man das in vielen anderen pädagogischen Bereichen ja auch.
Wurde man auf einem Foto auf Facebook auch namentlich markiert, kann man selbst diese Markierung rückgängig machen. Das Foto ist dann zwar immer noch zu sehen, aber die Verknüpfung zu einem selbst ist dann nicht mehr so offensichtlich.
Und wie verhindere ich, dass eine Geburtstagsfeier zur Facebook-Party mit Hunderten uneingeladenen Gästen wird?
Pfeiffer: Ja, diese Angst haben viele. Tatsächlich passiert das nur sehr selten und über 99,9 Prozent der Partys auf Facebook ufern nicht so aus.
Wenn man eine neue Veranstaltung auf Facebook erstellt, gibt es nur fünf Felder, die man ausfüllen muss: Titel der Veranstaltung, kurze Beschreibung, Ort, Zeit und Privatsphäre. Bei der Privatsphäre sollte man angeben: "Nur für eingeladene Gäste". Wenn man das tut, erscheint ein weiteres Feld mit dem Titel: "Weitere Optionen". Entfernen Sie hier den Haken bei "Gäste können Freunde einladen".
Denn wenn man nur einen Spaßvogel aus Versehen unter seinen Gästen hat, kann die oder der unzählige weitere einladen, die dann ihrerseits wiederum weitere Gäste einladen können. So nimmt das Unglück seinen Lauf....
Aber wie gesagt: Dagegen ist ein Kraut gewachsen: "Nur für eingeladene Gäste" und "Gäste können keine weiteren Freunde einladen".
Brauchen Eltern zum Aufpassen einen Facebook-Zugang?
Zum Schluss noch: Sollten sich Eltern auch bei Facebook anmelden, um ein Auge auf die Aktivitäten ihrer Kinder zu haben?
Pfeiffer: Je jünger Ihr Kind ist, desto häufiger wird es Sie fragen, wie es sich auf Facebook verhalten soll, wie man etwas einstellt und wo ganz genau die Gefahren liegen. Dann ist es hilfreich, wenn Sie sich auskennen und gute Antworten parat haben.
Sie müssen Ihr Kind nicht auf Schritt und Klick im Internet überwachen, selbstständiges Bewegen, auch im virtuellen Raum, gehört zum Erwachsenwerden dazu. Auch, dass man mal auf die Nase fällt und sich Blessuren holt.
Aber die ganz großen Gefahren, die sollten Sie im Auge behalten und Ihr Kind davor schützen. Unser Buch versteht auch jemand, der selbst keinen Facebook-Account besitzt. Aber wir erklären darin auch, wie Sie sich selber bei Facebook anmelden und dabei von Anfang an Ihre Privatsphäre schützen.
Thomas Pfeiffer ist Diplom-Pädagoge und Programmierer und bloggt unter Webevangelisten.de. Zusammen mit dem Diplom-Pädagogen Jöran Muuß-Merholz hat er das gerade erschienene Buch "Mein Kind ist bei Facebook. Tipps für Eltern" geschrieben.
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Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.