Dresden/Essen. . Nach den ersten Verurteilungen von Betreibern des stillgelegten Internet-Filmportals kino.to will die Justiz erstmals in Deutschland auch gegen Nutzer des Film-Streamdienstes vorgehen. Vermutlich mehrere Hundert kino.to-User, auch in NRW, müssen nach Auskunft der Ermittler in Dresden mit einer Anzeige rechnen.

Neue Runde im Millionen-Verfahren gegen das Internet-Filmportal kino.to: Nach den ersten Urteilen gegen Betreiber und Helfer des illegalen Film-Streamdienstes kommen erstmals in Deutschland auch Nutzer des Portals ins Visier der Justiz. Dabei wollen sich die Ermittler in der Generalstaatsanwaltschaft Dresden auf "Premium-Kunden" und "Vielnutzer" von kino.to konzentrieren.

Über kino.to konnte man kostenlos und per Mausklick aktuelle Kinofilme am Computer gucken - allerdings unter Missachtung der Urheberrechte. Kino.to war von September 2007 bis zum 6. Juni 2011 online und gehörte nach Informationen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzung (GVU) zu den 50 meistbesuchten Webseiten bundesweit.

Wegweisendes Gerichtsurteil: Auch Internet-Links können strafbar sein

Das Portal war ein Millionengeschäft - für die Macher. Bei Razzien in u.a. bundesweit 20 Wohnungen, Geschäftsräumen und Rechenzentren hatten Ermittler im vergangenen Jahre eine Million Gigabyte Daten, 2,5 Millionen Euro und "mehrere Limousinen der Luxusklasse" der in Leipzig ansässigen Betreiber von kino.to beschlagnahmt. Laut GVU bot kino.to kurz vor der Stilllegung 92 aktuelle Kinofilme, mehr als 22.800 Spielfilme und 2618 TV-Serien zum kostenlosen Herunterladen an - allesamt Raubkopiert. Während die Filme für Nutzer kostenlos waren, warf das Portal sein Geld vor allem durch Werbung ab, darunter waren, laut GVU, auch zahlreiche Abo-Fallen.

Dass nun auch Nutzer zur Verantwortung gezogen werden sollen, fußt auf den ersten vier rechtskräftigen Urteilen gegen drei Betreiber und einen aus Hilden bei Düsseldorf stammenden Helfer von kino.to. Den als "besonders aktiver Film-Uploader" tätigen 25-Jährigen Dennis B. verurteilte das Amtsgericht Leipzig zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung. Die anderen erhielten Haftstrafen bis zu dreieinhalb Jahre und keine Bewährung.

Für die Generalstaatsanwaltschaft ist das der Schlüssel, nun auch gegen User von kino.to vorzugehen. Weil der Richter in Leipzig erstmals in rechtsgültig klar gestellt hat, dass auch das Verbreiten von Raubkopien über Internet-Links eine Urheberrechtsverletzung ist. Damit ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft auch das Nutzen der Links strafbar.

Vier bis fünf Millionen Seitenaufrufe täglich bei kino.to

Welche Nutzer genau nun mit einem Strafverfahren oder einer Geldbuße rechnen müssen, steht laut Justizsprecher Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein "noch nicht fest". Es könnten mehrere Hundert sein, wobei die tatsächliche Zahl der "Premium-Kunden" noch deutlich höher ist. Nach Erkenntnissen der Justiz hatten wurde die Seite kino.to täglich vier- bis fünf Millionenmal aufgerufen. "Wir wollen nicht alle User kriminalisieren", sagt Oberstaatsanwalt Klein. Die Ermittler erhoffen sich von ihrer Arbeit allerdings "einen erheblichen Abschreckungseffekt". Klein: "Wir haben alle Daten, die wir für unsere Ermittlungen brauchen".

Unterdessen kämpft man beim GVU längst mit Nachfolge-Portalen, wie etwa kinox.to, die schon kurz nach der Schließung von kino.to sozusagen aus dem Boden geschossen waren. Auch dort lassen sich per Mausklick Dutzende Kinofilme kostenlose abrufen, aktuell etwa "Muppets", "The Descendants" oder "Dame König As Spion". "Die bisherigen Urteile gegen kino.to haben rechtlich einiges geklärt", sagt GVU-Sprecherin Christine Ehlers. Das Unrechtsbewusstsein von Nutzern, "gerade bei den sogenannten 'Digital Natives'", sei hingegen noch nicht nachhaltig geweckt worden.