Brüssel. Die Europäische Kommission hilft ihren Bürgern, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten. EU-Kommissarin Viviane Reding will damit die Macht von Facebook und Google eindämmen, die gerade heute entscheidende datenschutzrechtliche Änderungen verkündet haben.

In der Europäischen Union sollen Bürger und Firmen in Zukunft überall auf dieselben Datenschutz-Standards zählen können. Die EU-Kommissarin Viviane Reding, zuständig für Justiz und Grundrechte, legte am gestrigen Mittwoch ihre Vorschläge für ein neues, einheitliches EU-Datenschutzrecht vor. Es soll vor allem Internet-Nutzern zugute kommen und ihnen helfen, die Kontrolle über persönliche Daten gegenüber großen internationalen Firmen wie Google oder Facebook durchzusetzen.

Deutsches Datenschutz-Niveau werde nicht gesenkt, sondern auf andere EU-Staaten ausgedehnt, erklärte Reding. “Die deutschen Datenschutz Regeln gehören zu den besten. Ich möchte die gleichsam auf die 26 anderen EU-Staaten ausdehnen”, sagte die Kommissarin, eine frühere Journalistin aus Luxemburg.

Wie lösche ich eigene Beiträge auf Facebook?

Redings Paradebeispiel ist der österreichische Student Max Schrems, der von Facebook Auskunft verlangte, welche persönliche Informationen über ihn man dort horte. Das Unternehmen sperrte sich zunächst. Dann rückte es den Daten-Speicher heraus: 57 Kapitel auf 1224 Seiten, darunter alles Mögliche, das der Student selbst längtst gelöscht hatte. Immer mehr Menschen geht es wie Schrems: Sie geben Daten preis, in sozialen Netzen, auf anderen Internet-Seiten oder beim Online-Kauf – und haben ein schlechtes Gefühl dabei. Nach einer Erhebung des EU-Statistikamts sind 72 Prozent der EU-Bürger in Sorge, weil sie in der digitalen Welt zu sorglos mit den eigenen Daten umgehen.

Das künftige EU-Recht will hier für nachhaltige Besserung sorgen: Erstens sollen die Leute es leichter haben, ihre Ansprüche durchzusetzen, und zweitens sollen sie sich darauf verlassen können, dass in allen 27 EU-Staaten dieselben Rechte gelten und geschützt werden. Dazu gehört zum Beispiel “das Recht, vergessen zu werden”, also auf Löschung von Daten, und das Recht auf umgehende Auskunft, was überhaupt im Speicher liegt. Wer den Anbieter wechselt, kann seine Daten “mitnehmen”. Das Einverständnis mit kommerzieller Weiterverwendung persönlicher Angaben kann nicht mehr stillschweigend vorausgesetzt, sondern muss ausdrücklich erteilt werden.

Große Firmen müssen Datenschutz-Beauftragten beschäftigen

Firmen mit mehr als 250 Angestellten will Reding verpflichten, einen eigenen Datenschutz-Beauftragten zu beschäftigen. Trotzdem sei ihr Maßnahmen-Paket alles andere als geschäftsschädigend, sagte Reding. Wenn sich die Unternehmen nicht mehr in jedem einzelnen EU-Staat mit unterschiedlichen Regeln und Behörden herumschlagen müssten, köännten sie 2,3 Milliarden Euro im Jahr sparen. Durch entfallende Meldepflichten werde der Verwaltungsaufwand um weitere 130 Millionen Euro gedrückt. Vor allem aber werde sich ein stabileres Vertrauen der Verbraucher in einer Belebung des Internet-Handels niederschlagen.

Das derzeitige EU-Datenschutzrecht stammt von 1995. Es ist mithin längst nicht mehr auf der Höhe der technischen Entwicklung und fällt zudem von Land zu Land ganz unteschiedlich aus. In Zukunft sollen unabhängige Datenschutz-Ämter überall für die Durchsetzung derselben Regeln sorgen. Sie können bei Verstößen empfndliche Bußen - bis zu einer Million oder zwei Prozent des Jahresumsatzes – verhängen können.

Regeln gelten auch für US-Firmen

“Die Regeln gelten im gesamten Binnenmarkt”, versicherte Reding, “sie sind verbindlich für alle Unternehmen, die von den goldenen Geschäftschancen dieses Binnenmarkts profitieren wollen.” Somit müssten auch US-Firmen oder andere Anbieter aus Drittländern die EU-Vorschriften einhalten, sobald sie sich an EU-Bürger wenden.

In einem zweiten Gesetz möchte die Kommission auch die Daten-Sammelei durch Polizei und Justiz einheitlich regeln. Die Vorschläge Redings gehen jetzt an das Parlament und den Ministerrat. Wenn sie zügig verabschiedet werden, könnten sie 2014 in Kraft treten.