München. Das Internet wird 40. 1969 startete das erste Pilotprojekt. Es hat Branchen auf den Kopf gestellt und die weltweite Kommunikation revolutioniert. Doch wohin geht die Reise künftig? Im Interview orakelt Experte Thomas Hess über die Vernetzung mit Gehirnströmen und völlig gläserne Menschen.

Prof. Dr. Thomas Hess ist Sprecher des Zentrums für Internetforschung und Medienintegration an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Gespräch mit DerWesten skizzierte er die rasante Entwicklung des Internets und wagt Prognosen für die nächsten 40 Jahre des World Wide Webs.

Herr Hess, was hat sich durch das Internet in den letzten 40 Jahren verändert?

In der Internet-Euphorie dachte mancher, dass das Internet die bekannten ökonomischen Gesetzte außer Kraft setzt. Dies hat sich natürlich als Fehleinschätzung erwiesen. Gleichwohl hat das Internet die Wirtschaft an vielen Stellen erheblich verändert.

Wo waren die Veränderungen besonders gravierend?

Manche Unternehmen sind in ihrer Existenz in Frage gestellt, man denke zum Beispiel nur an den langen Kampf der klassischen Musiklabels mit den illegalen Downloads von Musik. Gleichwohl sind aber auch neue Unternehmen wie etwa Google entstanden, die bis dato unbekannte Probleme gelöst haben. Verändert haben sich aber auch tradierte Muster der Arbeitsteilung, etwa durch die Anbindung von Call-Centers in Niedriglohnländern über das Internet.

Welche Entwicklungen zeichnen sich momentan im Internet ab?

Aus technischer Sicht sehe ich aktuell insbesondere eine stetige Erhöhung der Bedeutung des mobilen Zugangs zum Internet und eine weitere Ausdifferenzierung der Endgeräte. Hinzu kommt sicherlich das bekannte Problem der Knappheit von Internet-Adressen.

Was passiert auf der Anwendungs-Ebene?

Dort kann man beobachten, dass mit dem sogenannten Web der 2. Generation der Nutzer aktiver geworden ist. Er ruft nicht nur Inhalte ab, sondern er generiert zu einem nicht unerheblichen Anteil derartige Inhalte auch selber. Erinnern möchte ich dabei nur an solche Phänomene wie Wikipedia. Eng damit zusammen hängt auch der Einzug des Internets in viele private Lebensbereiche.

Sie denken dabei an die sozialen Netzwerke?

Ja. In einer kürzlich abgeschlossenen Studie zum „Vernetzten Leben“ konnten wir zum Beispiel herausarbeiten, dass soziale Netzwerke wie facebook und StudiVZ nach sehr kurzer Zeit zu den meistgenutzten Websites gehören.

Wie könnte das Internet in 40 Jahren aussehen?

Das Internet wird kabellos und weltweit verfügbar sein und damit unverzichtbarer Teil des privaten und beruflichen Lebens. Was kommen könnte sind neue Schnittstellen zum Internet, von der Spracherkennung bis zur Messung von Gehirnströmen.

Sehen Sie Gefahren dabei?

Die Risiken liegen auf der Hand: eine enorme Abhängigkeit vom Internet und die vollständige Transparenz via Internet.