Seattle. Stillende Mütter sind zornig auf Facebook und MySpace, weil auf ihren Profilseiten Fotos gelöscht wurden. Die Fotos, die Mütter beim Stillen zeigen, werden als Verstoß gegen die Nutzungsbestimmungen eingestuft.
Die junge Mutter von zwei Kindern lud ein Foto hoch, dass sie beim Stillen zeigt. Als das Bild plötzlich verschwunden war, schickte sie Facebook eine E-Mail und fragte nach einer Erklärung. Als Antwort kam ein unpersönliches Schreiben mit dem Hinweis auf die Nutzungsbestimmungen. Diese untersagen in der US-Fassung das Hochladen von «obszönen, pornografischen oder sexuell eindeutigen» Inhalten.
Wenn ein Kind mit der Flasche genährt werde, sei dies in keiner Weise anstößig, sagt Roman, die in der kalifornischen Ortschaft Fallbrook lebt. «Beim Stillen sollte das genauso sein.» Der von ihr eingerichteten Facebook-Gruppe haben sich in kurzer Zeit mehr als 97.600 andere Nutzer des sozialen Netzwerks angeschlossen.
Eine von ihnen ist Stephanie Muir aus der kanadischen Großstadt Ottawa, die sich freiwillig im Gesundheitswesen engagiert und dabei für die Förderung des Stillens eintritt. Es sei an der Zeit, «dass wir alle diese Vorstellung überwinden, dass die Brüste einer Frau gefährlich sind und ihr Anblick für Kinder schädlich ist», sagt die Mutter von fünf Kindern. Die Nutzungsbedingungen von Facebook seien willkürlich und für Frauen diskriminierend.
Öffentliches Stillen vor der Facebook-Zentrale
Muir organisierte Ende Dezember ein «virtuelles Stillen», an dem sich nach ihren Angaben mehr als 11.000 Facebook-Mitglieder beteiligten: Sie tauschten ihr Profilfoto bei Facebook gegen ein Bild aus, das eine stillende Mutter zeigt. Gleichzeitig versammelten sich etwa zehn Frauen vor der Facebook-Zentrale in Palo Alto zum öffentlichen Stillen. Unter ihnen war auch die 23 Jahre alte Heather Farley, die seit vier Jahren Facebook-Mitglied ist und regelmäßig Fotos mit insgesamt rund 400 Online-Freunden austauscht. Mit ihrem neun Monate alten Säugling, so sagt sie, «ist es ziemlich schwer, ein Bild von mir zu bekommen, bei dem ich nicht gerade stille».
Facebook-Sprecher Barry Schnitt erklärte zu dem Aufruhr der Mütter, die Nutzungsbestimmungen ließen die meisten Fotos von stillenden Frauen zu. Erst wenn die Brustwarze zu sehen sei, werde dies als Verstoß betrachtet. Dabei halte das Unternehmen nicht von sich aus Ausschau nach regelwidrigen Fotos, sondern werde erst nach einem Hinweis von anderen Nutzern aktiv.
Auch bei MySpace kam es zu Protesten, nachdem Fotos mit stillenden Müttern entfernt worden waren. Der auf Internet-Recht spezialisierte Harvard-Professor John Palfrey sieht in der Debatte ein Signal, dass mit der zunehmenden Größe der «Social Networks» die Vorstellung entstehe, dass es sich dabei um einen öffentlichen Treffpunkt handle, mit allen entsprechenden Grundrechten. «Online-Treffpunkte können einen öffentlichen Ort simulieren», erklärt der Jurist. «Aber es sind immer noch private Websites, bei denen das Unternehmen König ist.» (AP)