Redmond. Eine neuartige Hologramm-Brille stahl Windows 10 die Show beim Microsoft-Präsentationsevent. Das Betriebssystem will universaler werden.
Microsoft-Chef Satya Nadella will mit Windows 10 das Unternehmen wieder auf die Gewinnerstraße führen. Der Softwarekonzern stellte sein neues Betriebssystem am Mittwochabend als einheitliche Basis für alle Geräteklassen vom PC bis zum Smartphone vor. Ob Kacheloptik oder klassisches Startmenü, ob mit Maus, Tastatur, Sprache oder Finger - Windows 10 soll sich mit einer übersichtlichen Oberfläche den jeweiligen Geräten und individuellen Bedürfnissen der Nutzer bruchlos anpassen. Windows 10 sei für eine Welt gemacht, in der alles miteinander verbunden ist, sagte Microsoft-Chef Satya Nadella.
Für Staunen sorgte abseits aller Neuheiten von Windows 10 am Mittwochabend in der Redmonder Konzernzentrale aber die überraschende Präsentation einer Entwicklung aus den Microsoft-Labors. Alex Kipman von Microsofts Kinect-Team demonstrierte an der Computer-Brille "HoloLens", wie virtuelle Welten in eine reale Umgebung eingeblendet werden können. So könne die Wirklichkeit zur Bühne etwa für ein Spiele-Level werden. Die virtuellen Gegenstände lassen sich mit Gesten und Sprache im Raum steuern.
Die Brille verfügt über eigene Prozessoren für die Rechenleistung und die Grafik, so dass sie auch ohne Verbindung mit einem Computer eingesetzt werden kann. Für Entwickler stünden in Windows 10 entsprechende Schnittstellen zur Verfügung, über die sie sofort neue Anwendungen programmieren könnten.
Sollte "HoloLens" erfolgreich sein, dürfte die Entwicklung grundsätzlich den Weg verändern, wie Menschen mit Maschinen interagieren, wie es einst die Computermaus oder Apples iPhone getan haben, schätzt James McQuivey von Forrester. Die Marktforscher erwarten, dass bereits Ende 2016 Millionen Nutzer bereit wären, unabhängig von den Kosten eine solche Brille zu erwerben.
Cortana als persönliche Sprachassistenz
Unter den zahlreichen Neuerungen in Windows 10 hat Microsoft der Sprachsteuerung Cortana eine prominente Rolle zugewiesen. Microsoft-Manager Joe Belfiore demonstrierte, wie sich Cortana auch auf einem Personal-Computer mit Windows 10 als persönliche Assistentin einsetzen lässt. Cortana sei die bislang am stärksten personalisierte Sprachassistenz, sagte Belfiore. Microsoft konkurriert hier mit Diensten wie Google Now oder Siri von Apple.
Cortana greift auf verschiedene Programme sowie die Suchmaschine Bing zu und kann zum Beispiel eine Wettervorhersage geben oder Tipps für die beste Route ins Büro. Künftig werde der Dienst im Browser Internet Explorer integriert sein. Über die selbstlernende Sprachsteuerung lasse sich zum Beispiel auch ein Platz in einem Restaurant reservieren, sagte Belfiore. Selbst das Menü könne Cortana dabei dem jeweiligen Geschmack entsprechend auswählen. "Wir ändern die Art, wie die Menschen den PC nutzen", sagte Belfiore.
Windows 10 rückt an Xbox One heran
Und die rund 1,5 Milliarden Windows-Nutzer weltweit sollen diesmal nicht zögern beim Umstieg auf das neue System. Im ersten Jahr nach der Veröffentlichung von Windows 10 gibt es das Upgrade für Geräte, auf denen Windows 7, Windows 8.1 oder Windows Phone 8.1 läuft, gratis, kündigte Belfiore an. Microsoft verspricht außerdem, die Software für die gesamte Lebensdauer der Geräte zu pflegen.
Die neue Upgrade-Politik könnte Microsoft rund 500 Millionen Dollar im ersten Jahr kosten, schätzt das "Wall Street Journal". Die Entscheidung ebne aber den Weg für frühzeitige Verkäufe von Apps und Services. In die Entwicklung von Windows 10 will das Unternehmen intensiv die Nutzer einbeziehen. Windows 10 sei ein Produkt massiver Zusammenarbeit mit den Nutzern, stellte auch Nadella heraus.
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Seit September hätten 1,7 Millionen Nutzer an einem Insider-Programm teilgenommen, sagte Microsoft-Manager Terry Myerson. Unter windows.com könnten sich nun auch alle Interessierten an der Weiterentwicklung beteiligen. Aktuelle Versionen von Windows 10 würden für den PC kommende Woche zum Testen zur Verfügung stehen, eine erste Version für das Smartphone werde im Februar folgen.
Microsoft will gemeinsamen App Store
Mit Windows 10 rückt der PC auch näher an Microsofts Spielekonsole Xbox One heran. Mit dem neuen Betriebssystem werde jedes Gerät über eine Xbox-App auf die Spieleplattform zugreifen können, sagte Xbox-Chef Phil Spencer. Ein auf der Konsole begonnenes Spiel lasse sich per Streaming auch auf dem PC weiterspielen. Zudem könnten Gamer am Rechner über das Web auf alle Mitspieler, Spiele, die eigene Freundesliste und die Nachrichteneingänge zugreifen.
Mit Windows 10 will Microsoft eine einheitliche Plattform für alle Geräteklassen schaffen. Für Entwickler macht es Microsoft damit leichter, ihre PC-Anwendungen ohne weiteren Aufwand auch als Smartphone-App bereitzustellen. Für Apps wird Microsoft künftig nur noch einen gemeinsamen App Store für alle Geräte betreiben.
Windows 10 könnte durchaus zum Standard für Unternehmenskunden werden, was Windows 8 nicht gelungen sei, schätzt Forrester. Die neue Plattform habe das Zeug dazu, Microsofts führende Position in der Computerbranche zu festigen, sagte Analyst J.P. Gownder. Ob Microsofts Rechnung aufgeht, durch eine einheitliche Plattform auch im mobilen Sektor zuzulegen, sei zumindest mittelfristig dagegen fraglich. (dpa)