Essen. Wie war das gleich mit der Räumpflicht? Bekomme ich das Geld vom Hausmeister zurück, wenn ich selber ein bisschen Schnee schaufle? Und was passiert, wenn es mal schneit, während ich krank im Bett liege? Wir klären über die zehn größten Winterdienst-Irrtümer auf.
Weiße Schneelandschaften, glitzernde Wiesen, kristallin glänzende Seen - Schnee kann verzaubern und in schwärmerische Stimmung versetzen. Doch nach dem zweiten oder dritten Schnee-Engel setzt oftmals die Panik ein. Wie war das gleich mit dem Winterdienst vor dem Haus und an der Straße? Martin Kraus, Rechtsanwalt und Experte für Mietrecht aus Essen, klärt über die größten Irrtümer im Zusammenhang mit der winterlichen Räumpflicht auf.
Irrtum 1: Es ist grundsätzlich die Pflicht der Mieter, die Gehwege vor dem Haus zu räumen.
Falsch. Der Grundstücksbesitzer muss sicherstellen, dass jeder die privaten Gehwege betreten kann, ohne sich zu verletzen, erklärt Martin Kraus. Das gilt in besonderem Maße im Winter, wenn es schneit oder sich Reifglätte auf asphaltierten Wegen bildet.
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Dann muss der Besitzer dafür sorgen, dass Schnee und Eis entfernt werden - wie er das tut, ist im selbst überlassen. Er kann seine Pflicht auch auf die Mieter abwälzen. "Dann muss er das aber vorher im Mietvertrag so festgelegt haben, und nicht einfach eine neue Hausordnung im Flur aufhängen", sagt Experte Kraus.
Irrtum 2: In Mietshäusern muss immer der Bewohner der Erdgeschosswohnung die Räumpflicht übernehmen.
Diese doch recht ungerechte Regelung gibt es nicht mehr, stellt Kraus klar. Einen Mieter den ganzen Winter lang für alle anderen kehren und streuen zu lassen, ist heutzutage unzulässig. Wer als Vermieter vorgefertigte Mietverträge benutzt, sollte deshalb auf der Hut sein - in veralteten Vertragstexten könnte die Formulierung noch enthalten sein. "Ein Einzelvertrag ist immer besser", rät Kraus daher.
Irrtum 3: Jemand ist wegen des Schnees auf einem Privatweg gestürzt, der zu einem Mietshaus gehört und hat sich verletzt. Jetzt haftet automatisch der Mieter, der an der Reihe war, den Weg zu räumen.
Grundsätzlich, berichtigt Kraus, ist der Grundstücksbesitzer haftbar, auch wenn er die Räumpflicht den Mietern übertragen hat. Deshalb tut jeder Vermieter gut daran, zu überprüfen, ob die Mieter in den Wintermonaten auch tatsächlich zur Schneeschaufel greifen. Ganz nach dem Motto "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser": Denn falls doch mal jemand zu Schaden kommt, muss der Grundstücksbesitzer erst einmal beweisen, dass er regelmäßig kontrolliert, ob die Parteien auch wirklich Schnee schippen.
Irrtum 4: Der Vermieter kann jederzeit einen Dienstleister beauftragen, um die Privatwege frei von Schnee zu halten. Die Kosten kann er dann auf die Mieter verteilen.
Nein. Natürlich darf der Grundstücksbesitzer eine Firma beauftragen, die Gehwege von Schnee und Eis zu befreien, erklärt Kraus. Doch dafür müssen nicht automatisch die Mieter bezahlen. Das muss der Vermieter erst mit allen Parteien vertraglich festlegen - ohne schriftliches Einverständnis im Mietvertrag fließt auch kein Geld.
Irrtum 5: Wenn ich als Mieter selbst räume, habe ich Anspruch auf Vergünstigungen in der Nebenkostenabrechnung.
Auch das ist nicht richtig, sagt Martin Kraus. "Es gilt, was im Mietvertrag steht - wer den unterzeichnet, gibt schließlich sein Einverständnis." Wer sich also mit seiner Unterschrift dazu bereit erklärt hat, eine Räumungsfirma mitzufinanzieren, muss auch bezahlen. Da hilft es auch nichts, selbst zur Schneeschaufel zu greifen.
Irrtum 6: Wenn ich auf einem Hinweisschild warne, dass der Weg nicht gestreut wird, bin ich nicht verantwortlich, wenn jemand fällt und sich verletzt.
So einfach ist es nicht: "Der Postbote muss ja trotzdem zum Briefkasten kommen", erklärt Martin Kraus. Rutscht er auf dem Weg dorthin aus und bricht sich ein Bein, ist der Grundstücksbesitzer haftbar, Schild hin oder her. "Das gilt auch für Kinder, die auf dem Grundstück spielen", erklärt Kraus.
Irrtum 7: Wenn ich krank oder im Urlaub bin, muss ich nicht Schnee schippen.
Der Urlaub naht, die Koffer sind gepackt, die Heizung ist aus und der Motor läuft warm.... Wer kümmert sich nun um den Schnee auf dem Gehweg? "Wenn man nicht selbst räumen kann, muss man für Ersatz sorgen", sagt Kraus. Denn die Räumpflicht beinhaltet, dass der Grundstücksbesitzer sicherstellen muss, dass niemandem etwas passiert auf den privaten Gehwegen. Auch wer krank ist, muss im Zweifelsfall seine Nachbarn bitten, Schnee zu schippen. Einzige Ausnahme: "Wenn man wegen eines Notfalls seine Pflicht nicht erfüllen kann, also unverschuldet", so Kraus.
Irrtum 8: Einmal am Tag den Weg zu räumen reicht völlig aus.
Schnell vor der Arbeit den Gehweg gefegt, und den Rest des Tages nicht mehr über den Schnee nachdenken? Leider nein. Ärgerlich für Arbeitstätige: Die Räumpflicht richtet sich nach dem Wetter, nicht nach dem Dienstplan. "Einmal morgens zu räumen, reicht nicht, wenn den ganzen Tag über starker Schneefall herrscht", so Kraus. Es muss sichergestellt sein, dass der Gehweg ununterbrochen frei bleibt. Im Endeffekt allerdings, räumt Kraus ein, kommt es immer auf den Einzelfall an.
Irrtum 9: Wenn sich jemand auf meinem Grundstück verletzt, bin ich alleine haftbar.
Schnee, Eis und Glätte - Dass die Witterung im Winter eine gewisse Vorsicht nötig macht, ist kein Geheimnis. Es mag ungerecht klingen, aber: Wer hinfällt, ist immer auch selbst daran beteiligt. "Der Verletzte trägt meist mindestens eine Mitschuld", sagt Kraus.
Irrtum 10: Mehr als Schmerzensgeld fällt nicht an, wenn der Grundstücksbesitzer seine Räumpflicht vernachlässigt.
Wenn jemand zu Schaden kommt, weil nicht geräumt wurde, hat er einen Anspruch auf Schadensersatz. Und der geht über Schmerzensgeld sogar noch hinaus. Kraus weiß: "Auch der Lohnausfall, die Krankenhausbehandlungen und die Arztkosten müssen erstattet werden. Und die können sehr hoch werden, denn die Krankenkassen holen sich alles wieder, was sie beispielsweise für Operationen vorgelegt haben."