Berlin. Wenig Sex, ständige Unlust und Rückzug. Wenn die Libido nachlässt, leidet oft die Beziehung. Eine Expertin zeigt Wege aus der Krise.
Stress mag er nicht. Wenn es in der Beziehung knirscht, reagiert er empfindlich. Außerdem lässt er sich nicht gerne unter Druck setzen. Das männliche Glied streikt von Zeit zu Zeit und macht schlapp. Gelegentliche Erektionsstörungen sind normal. Wenn sich der Penis beim Geschlechtsverkehr aber monatelang nicht bewegt, wird es ernst. Eine Paartherapeutin erklärt, wann man von Erektionsstörungen spricht, welche Anzeichen dafür sprechen und was man gegen Potenzprobleme tun kann.
Erektionsstörungen haben bei Männern zugenommen
Erektionsstörungen kennen mehr Männer als man denkt. In Deutschland sind laut Statista etwa fünf Millionen Männer davon betroffen. Je älter ein Mann ist, desto höher ist demnach die Gefahr von Potenzproblemen. Bei den über 40-Jährigen ist jeder Zehnte betroffen, bei den über 60-Jährigen jeder Dritte.
Aber auch jüngere Männer können unter Potenzproblemen leiden. Laut einer Umfrage der Universität Antwerpen unter 3.500 Männern sind immer mehr junge Männer von Erektionsstörungen betroffen. Grund dafür seien pornografische Videos. Wer sie häufig konsumiere, habe ein verzerrtes Bild von der Realität – und dann Probleme im heimischen Bett, argumentieren die Wissenschaftler der belgischen Universität.
Die Paar- und Sexualtherapeutin Beatrice Wagner weist auf eine weitere negative Folge des schnellen und einfachen Zugangs zu pornografischen Videos hin: „Weil der nächste Reiz nur einen Fingerklick entfernt ist, findet man oft kein Ende“. Das führe wiederum zu einem Überschuss an Dopamin und langfristig zur Gewöhnung.
Auch andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen: So legen die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse einer Auswertung von Nachrichten auf einer Social-News-Plattform nahe, dass junge Männer ihre Potenzprobleme häufig auf übermäßigen Pornokonsum und exzessive Masturbation zurückführen.
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Errektionsstörungen eine Kopfsache? Der Unterschied zwischen Erektionsproblemen und Erektionsstörungen
Sporadische „Aussetzer“ seien zunächst kein Grund zur Sorge, sagt Paartherapeutin Beatrice Wagner. Denn: „Erregung hat bei Männern viel mit visuellen Reizen zu tun. Sie beginnt also im Kopf. Empfängt das Gehirn einen sexuellen Sinnesreiz, etwa eine schöne Frau oder eine Fantasie, schickt es Nervenimpulse über das Rückenmark zum Penis, der sich versteift.“ Die entscheidenden Impulse für die Erektion kommen also vom parasympathischen Nervensystem. Stress, Leistungsdruck und Versagensängste seien die Gegenspieler des parasympathischen Nervensystems. Das erkläre, warum gelegentliche Erektionsstörungen normal sind. Und es zeigt: „Stress ist fast immer eine psychische Ursache für Impotenz“, so Wagner.
Als Störung bezeichnen Fachleute die erektile Dysfunktion, wenn ein Mann über einen längeren Zeitraum oder immer wieder kaum befriedigenden Geschlechtsverkehr hat – weil der Penis gar nicht steif wird oder nicht lange steif bleibt. Zur Definition der Störung zählen Mediziner auch, wenn ein Mann stark unter seiner Impotenz leidet.
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Ursachen von Erektionsstörungen
Impotenz hat oft körperliche Ursachen. Diabetiker, Männer mit hohem Blutdruck oder erhöhten Blutfettwerten seien ebenso gefährdet wie Männer mit verkalkten Arterien und verengten Herzkranzgefäßen, schreibt das National Center for Biotechnology Information (NCBI). Wer übergewichtig ist, raucht und zu viel Alkohol trinkt, müsse ebenfalls eher mit Problemen rechnen, erklärt Paartherapeutin Wagner.
Erschwerend kommen psychische Ursachen hinzu. So spielen laut Wagner gerade bei jüngeren Männern Versagensängste, Scham, Angst und Depressionen eine große Rolle. Ein Hinweis auf eine psychische Ursache sei es, wenn die Erektionsstörung auch außerhalb des Geschlechtsverkehrs auftrete, zum Beispiel bei der Selbstbefriedigung.
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Abhilfe: Was können Paare gegen Erektionsstörungen tun?
Von der Versagensangst bis zur erektilen Dysfunktion ist es oft nicht weit. Schon gelegentliche Versager – durch Stress oder Streit – können zu häufigem Versagen führen. Und Angst kann leichte körperliche Probleme so verstärken, dass am Ende gar nichts mehr geht. „Oft setzen sich Männer unter Leistungsdruck und glauben, es sei allein ihre Aufgabe, die Partnerin zu befriedigen“, sagt die Paar- und Sexualtherapeutin Beatrice Wagner.
Um freier und glücklicher leben zu können, müssen sich Paare ihrer Meinung nach radikal von allgemeinen Ansprüchen und Leistungsvorstellungen an die Sexualität emanzipieren. Außerdem sollten Paare Sex als Zweisamkeit begreifen. „Wenn sich beide Partner ganz auf den Sex einlassen, statt sich um ihre Leistung zu kümmern, können sie wieder miteinander verschmelzen“, sagt Wagner.
Manchmal sind Erektionsstörungen aber auch ein Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung. Halten die Potenzprobleme über mehrere Monate an, sollten Betroffene einen Hausarzt oder Urologen aufsuchen, rät Paartherapeutin Wagner. Denn die Ursachen für Erektionsstörungen sind vielfältig und müssen abgeklärt werden. Um die Symptome zu behandeln, kann der Experte zahlreiche therapeutische Maßnahmen vorschlagen. In Frage kommen Psychotherapie, Medikamente, mechanische Hilfsmittel und auch Sport.