Berlin. Viele Frauen verlieren in ihrer Menopause die Lust. Eine Gynäkologin erklärt, woran das liegt und welche Techniken helfen können.
Hitzewallungen, Schlafstörungen und Erschöpfung – die Wechseljahre bringen den Alltag von Frauen oft ganz schön durcheinander. Doch welchen Einfluss hat die Menopause auf Leidenschaft und Liebesleben? Dr. Elke Franzki ist Gynäkologin und Sexualberaterin in Hamburg. Sie begleitet Frauen und Paare bei sexuellen Problemen.
Die Menopause stellt sich ein, wenn in den Eierstöcken der Frau mit zunehmendem Alter die Produktion der Sexualhormone Östrogen und Progesteron sinkt. In den Jahren vor der Menopause beginnt die Produktion zu schwanken, es kommt seltener zu Menstruation und Eisprung. Schließlich endet beides dauerhaft – die Frau ist unfruchtbar. Für die meisten sei das zwischen Mitte 40 und Mitte 50 der Fall, erklärt Gynäkologin Franzki. „Man kann sich gut an der eigenen Mutter oder Schwester orientieren, die Genetik spielt hier schon eine Rolle.“
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Doch die Wechseljahre haben laut Elke Franzki durchaus auch positive Aspekte: Die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft falle weg. „Das führt bei manchen Frauen zu einer Entspannung.“ Ein Vorurteil möchte die Sexualberaterin aber ausräumen: „Man sollte die Hormone in Bezug auf Lust nicht überbewerten. Östrogene unterstützen zwar die Libido – das wissen die meisten jüngeren Frauen ja auch, dass sie oft je nach Zykluszeitpunkt mehr oder weniger Lust haben. Aber das meiste passiert über unsere fünf Sinne plus Fantasie und ‚im Kopf‘.“
Sex kann helfen, besser durch die Wechseljahre zu kommen
Manche Begleiterscheinungen der Wechseljahre können für Frauen allerdings so belastend sein, dass sie die Lust dämpfen, sagt Elke Franzki. Dabei könne Sex etwaige Beschwerden auch erträglicher machen. „Paare, die vorher schon ein gutes Sexleben hatten, sich also an die vielfältigen Veränderungen des Lebens immer ganz gut angepasst haben, kommen auch hinsichtlich ihrer Sexualität und – ich würde behaupten – insgesamt besser durch die Wechseljahre. Also gerade solche Frauen und Paare, die Sex als entstressend empfinden, können daraus Kraft und Wohlbehagen ziehen.“
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Auch die Einnahme von Hormonen könne Beschwerden lindern. „Ich habe immer gesagt: Man setzt sich doch auch eine Brille auf, wenn die Augen schlechter werden. Aber man sagt nicht, das muss jetzt so sein, dann kann ich eben nicht mehr so gut gucken.“
Nach ihrer Erfahrung schrecken Frauen aber auch heute noch häufig vor einer Hormonersatztherapie (HRT) zurück, weil sie Nebenwirkungen befürchten. Tatsächlich geriet die HRT im Jahr 2002 in Verruf, da eine Studie den Zusammenhang zwischen HRT und Brustkrebs nahelegte. Forscher distanzierten sich im Nachgang von der Interpretation der Studie – mittlerweile überwiegt für die Forschenden der Nutzen, auch wenn ein erhöhtes Risiko derzeit nicht ausgeschlossen werden kann.
Das hänge allerdings auch von Vorerkrankungen und Lebensstil ab – und ob die Gebärmutter noch vorhanden ist, erklärt Elke Franzki. Zudem hätten neue Anwendungsarten sowie eine niedrigere Dosierung der Hormone die HRT sicherer gemacht. Eine früh begonnene Hormonbehandlung könne die Gefäße schützen und das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt reduzieren. Es gebe sowohl positive als auch negative Aspekte, die je nach Einzelfall ärztlich abgewogen werden sollten, erklärt Dr. Franzki. Sie plädiere jedoch dafür, „die Behandlung nicht pauschal aus Angst abzulehnen.“ Und noch eine ihr bekannte Sorge will die Gynäkologin nehmen: „Dick machen nicht die Präparate, sondern eher ein Hormonmangel.“
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Scheidentrockenheit ist ein unterschätztes Leiden
Ein Thema liegt der Expertin allerdings besonders am Herzen: „In meiner Praxis gab es etliche Frauen, die – wenn ich mich bei einer Regeluntersuchung nach ihrem Sexleben erkundigt habe – sagten: „Ich würde ja gerne, aber es tut so weh.““
Der Grund: Bei fast allen Frauen verändere sich durch den Östrogenmangel die Vagina. Die Haut wird dünner, straffer und weniger feucht. „Man könnte sagen, sie schrumpft.“ Frauen, die länger keine Beziehung hatten und mit einem neuen Partner wieder Lust verspüren, erleben teilweise, dass der Mann nicht in sie eindringen kann, weil die Vagina zu eng ist. Und wenn es brennt und schmerzt, geht auch die Lust weg. Hier darf man bloß nicht aufgeben!“ Auch hier empfiehlt sie ein Östrogen: Als Salbe. „Auch wenn es sich um ein Östrogen handelt, hier gibt es laut Aussage von Experten keine Erhöhung des Brustkrebsrisikos. Das als Salbe oder Creme für Vagina und Vulva verwendete Hormon wird an Ort und Stelle verstoffwechselt“, erklärt die Ärztin.
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Entscheidend sei die richtige Anwendung: Die Salbe täglich mit dem Finger am und im Scheideneingang verreiben. So könne die Schleimhaut nachhaltig wieder aufgebaut werden. Und: „Wer schon bei den ersten Anzeichen mit der Behandlung beginnt, kann den ursprünglichen Zustand sogar erhalten.“ Öl oder Gleitcreme aus Drogerie oder Apotheke sieht Elke Franzki hingegen nur als hilfreiche Ergänzung: „Viele Frauen sind einfach offener für zärtliche Berührungen, für Erregung, wenn sie feucht sind und es ‚flutscht‘.“
Tipps der Sexualtherapeutin für Erregung in der Menopause
Aus sexualtherapeutischer Sicht empfiehlt Dr. Franzki noch weitere Techniken. „So wie man sich morgens das Gesicht eincremt, sollte man einen kleinen Moment auch die Vulva eincremen und zart massieren. Das ist ein guter Start in den Tag und die sensiblen Nervenendigungen in den Genitalien und die Synapsen im Hirn, im „Wohlfühlzentrum“ vermehren sich.“ Die Gleichung: mehr Nervenverknüpfungen – höheres Erregungspotential. „Man startet in den Tag als erotisches Wesen“. Und gerade das sei für Frauen in den Wechseljahren ein entscheidendes Thema. Viele Frauen haderten mit dieser Lebensphase, dem Älterwerden, und fühlten sich weniger attraktiv. „Sich selbst sinnlich wahrzunehmen, kann da sehr bestärkend sein.“
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Duschen könne ebenfalls zu einer solchen Erfahrung werden. Eine gute Übung sei, bewusst darauf zu achten, wie sich das Wasser auf der Haut anfühlt, den Rücken entlangläuft und welche eigenen Berührungen sich besonders schön anfühlen. Einseifen nicht nur für Sauberkeit, sondern auch als sinnliche Körperwahrnehmung, rät die Expertin.
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„Auch eine nicht mehr dem gängigen Schönheitsideal entsprechende Brust fühlt sich durchaus richtig gut an.“ Dabei werde das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet „und das verbindet mich erstmal mit mir selbst.“ Der Blick auf den Körper werde so wohlwollender.