Derzeit regnen sie in bunten Schauern vom Himmel: Bonbons. Doch das Naschwerk erfreut sich auch außerhalb der Session größter Beliebtheit.

Ist beim Karnevalsumzug der Prinzenwagen in Sicht, reißen die kleinen Narren ihre Taschen auf wie Jungvögel ihre Schnäbel, wenn Mutter Spatz im Anflug ist. Und dann prasseln die Kamelle wie Hagelkörner auf die Köpfe der Feiernden und in die Beutel der Süßmäulchen. Kamelle in Gelb, Rot und Grün und zerknüllte Papierchen schmücken im Nu den Asphalt.

Weiche Karamelle, hartes Zuckerwerk

So ein Bonbon schmeckt in diesen Tagen aber auch besonders. Nach Triumph, Tradition und nach Kindheit. Fragt man Germar Gilbert, Inhaber des Süßigkeitenladens „Die Gummizelle“ in Bottrop, nach seinen Erinnerungen an Bonbons, listet er Bonbonsorten auf wie die Namen alter Schulfreunde: Knöterich, Silberlinge, Glühwein, Cachou, Brause, Salmiakkugeln. „Habe ich Geld vom Opa bekommen, bin ich ab an die Bude und habe eine bunte Tüte gekauft,“ erinnert sich Gilbert, der aber vor allem Fruchtgummis liebt. Dabei bieten Bonbons eine ganze Palette an verschiedenen Formen und Beschaffenheit.

Viele, viele bunte Bonbons. Den typischen Glanz bekommen sie beim ziehen.
Viele, viele bunte Bonbons. Den typischen Glanz bekommen sie beim ziehen. © Shutterstock / Carlos Caetano | Carlos Caetano

Es gibt weiche Karamelle, die mit Sahne gekocht werden. Und das harte Zuckerwerk, das manchmal sogar eine Füllung hat. „Dafür wird Zucker und Wasser aufgekocht, manchmal kommt Fruchtsaft dazu. Der Sirup wird dann in Formen gegossen oder in Stücke gebrochen,“ erklärt Gilbert. Zieht man die Masse bei 100 Grad, kommt Luft hinein und der typische Perlmuttglanz entsteht. Oft wird die Bonbonmasse mit wenigen Tropfen Aromaöl und Farbstoff angereichert. Einige Bonbonmacher experimentieren mit gefriergetrocknetem Fruchtpulver, das weitere Zusätze hinfällig macht.

Königliche Hochzeitsgeschenke

Aus Fruchtsaft und Zucker jedenfalls stellte ein Perser um 700 wohl die erste Bonbonmasse für die Fürstenhäuser Arabiens her. Zucker, nicht umsonst als weißes Gold bezeichnet, war früher so teuer, dass ihn sich nur der Adel leisten konnte. Der Legende nach ist der Begriff Bonbon im 16. Jahrhundert in einem Königshaus entstanden. Der französische König Heinrich IV. soll das Zuckerwerk bei seiner Hochzeit an Gäste verteilt haben. Die Kinder fanden das toll und riefen „Bon! Bon!“ – „gut, gut!“

Früher selten und teuer

Lange Zeit waren Bonbons teuer und rar. Während der Industrialisierung wurde der Zucker in Deutschland erschwinglicher und Konditoren begannen, gewerblich Bonbons zu machen. Schnell entstand ein Markt, besonders für heilende Kräuterbonbons. Apotheker witterten das große Geschäft und beanspruchten das alleinige Verkaufsrecht. Nach jahrelangem Rechtsstreit mussten sie es jedoch aufgeben. Seitdem ist eine Vielfalt auf dem Markt entstanden, bunt wie Konfetti. Allein 200 Sorten bietet Germar Gilbert in seinem Laden an. Hier können auch die ganz Großen wieder Kind werden, sich ihre Tüten zusammenstellen, eben „wie anne Bude, aber mit viel mehr!“

Kamelle:

Für viele Kinder eine liebgewonnene Tradition: Beim Rosenmontagszug Kamelle aufsammeln.
Für viele Kinder eine liebgewonnene Tradition: Beim Rosenmontagszug Kamelle aufsammeln. © picture-alliance / dpa | PA/Rolf Vennenbernd

Angeblich hat der Karnevalsprinz schon bei den ersten Umzügen nach der Karnevalsreform im Jahr 1823 Kamellen an die Menge verteilt, als ironische Anspielung auf das huldvolle Münzwerfen bei Triumphzügen.
Zuckerwerk
, Bonbons und auch Blumen prasselten damals allerdings nicht als Regen auf die Zuschauer ein, sondern wurden von Helfern an die Damen und Herren Zuschauer überreicht.

Heute fliegen neben Kamellen auch Blumen, kleine Spielsachen sowie Knabberzeug von den Wagen. Laut dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e. V. (BDSI) gehören zu den besonders beliebten Wurfartikeln neben Bonbons vor allem Schokolade, Pralinen, Fruchtgummi, Mäusespeck, Popcorn und Chips.

Der Überfluss an Süßigkeiten, aber auch an fettreichem Faschingsgebäck wie Krapfen sagt auch etwas über die historische Bedeutung des Karnevals aus: Es sind die letzten Tage vor der christlichen Fastenzeit, in denen ausgelassen gefeiert und geschlemmt werden kann. Die Fastenperiode beginnt am Aschermittwoch und endet an Ostern.