Bottrop. . Durch das Umpacken und Neu-Etikettieren von „Schulkreide“ ist Germar Gilbert in eine markenrechtliche Auseinandersetzung geraten.
Germar Gilbert ist aufgebracht. Der Händler verkauft Süßwaren im Shop „Die Gummizelle“ im Fuhlenbrock, übers Internet, auf Flohmärkten. Nun ist er über ein Lakritz namens „Schulkreide“ in eine kostspielige Markenrechtsauseinandersetzung mit der Cloetta Deutschland GmbH aus Bocholt geraten, die Produkte der Marke „Red Band“ vertreibt. „Markenschutz ist völlig in Ordnung“, sagt Gilbert. Aber von der Art und Weise, wie Cloetta über die für sie tätige Anwaltskanzlei vorgeht, fühlt er sich abgezockt. Die Gegenseite ordnet ihr Vorgehen in solchen Fällen als üblich im gewerblichen Rechtsschutz ein.
Abmahung durch Rechtsanwaltsgesellschaft
Hier liegt das Problem: Gilbert hat u.a. besagte Schulkreide aus der Originalverpackung genommen, in Tüten verpackt, diese verschlossen und mit einem Etikett versehen. Auf dem Etikett hat Gilbert sich und die Gummizelle als Abpacker/Verkäufer benannt, zudem Hersteller und Markennamen notiert („Red Band Schulkreide“) sowie die Zutaten. Damit dachte er, auch im Sinne der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung alles richtig gemacht zu haben. Bis er die Abmahnung „wegen diverser Markenrechtsverletzungen“ durch die Jonas Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Köln erhielt.
Auf Nachfrage der WAZ nach der Art der Markenrechtsverletzung bei solch einem Umpack-Vorgang, erklärte Cloetta über die Anwaltskanzlei u.a.: „Wenn Dritte Markenprodukte umpacken und neu etikettieren, besteht aus unserer Sicht als Markeninhaber das erhebliche Risiko, dass die Marken für Produkt-Einheiten verwendet werden, die nicht unseren Qualitäts-, Sicherheits- und/oder Hygiene-Standards entsprechen.“ Auch bestehe die Gefahr, dass Drittware verwendet werde. Eine negative Auswirkung auf den Ruf der Marke werde befürchtet. Keine rechtlichen Bedenken bestünden, „wenn Kioske o.ä. unsere Stückartikel – Einzeldosen in ihren Geschäftslokalen aufgestellt haben. Sei es zur Selbstbedienung, sei es zum Abfüllen durch den Kiosk-Angestellten auf Bestellung.“ Ebenfalls markenrechtlich unbedenklich sei, „wenn die Produkte ohne Nennung unserer Marken weiter verkauft werden“.
Unterlassungserklärung abgegeben
Was Germar Gilbert erzürnt: Der Vorgang geht mit hohen Kosten einher. In einem ersten Schreiben werden Anwaltskosten in Höhe von 1973,90 Euro geltend gemacht. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt habe er eine entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben. Auf einen Prozess wollte der Händler es da mit Blick auf möglicherweise noch höhere Kosten nicht ankommen lassen. Denn die Gefahr, vor Gericht den Kürzeren zu ziehen, ist nach Einschätzung seines Essener Anwalts Alexander Hufendiek nicht auszuschließen: „Die Sache ist umstritten, wir vertreten unterschiedliche Meinungen.“ In einem nächsten Schritt habe die Gegenseite dann eine Pauschalsumme (inklusive Schadenersatz) geltend machen wollen, von 3500 Euro für sämtliche möglichen Markenrechtsverletzungen war die Rede.
Damit ist Gilbert nicht einverstanden, die Auseinandersetzung läuft noch.
Offene Briefe geschrieben
Auch in offenen Briefen macht Gilbert seinem Ärger Luft. Er fragt sich, warum Cloetta nicht einfach habe mitteilen können, dass sie eine Umverpackung ablehnt. Inzwischen habe er bei weiteren Herstellern nachgefragt, wie sie die Auszeichnung gerne hätten. Verschiedene Lösungen seien gefunden worden, die aber alle eines eine: Keine Sanktionen seien angedroht, kein Geld verlangt worden.
Laut Cloetta sei es im gewerblichen Rechtsschutz üblich, im Falle der Entdeckung einer Markenrechtsverletzung eine Abmahnung zu versenden und die Kosten geltend zu machen. Für die Prüfung solcher marken- und lebensmittelrechtlicher Fragen würden Rechtsanwälte extra bezahlt, eigene Juristen beschäftige Cloetta nicht.
Weitere Händler betroffen
Gilbert sagt, er habe von weiteren Händlern gehört, die Abmahnungen durch Cloetta bzw. die Kanzlei bekommen haben. Die Bottroper „Kiosk World“ gehört dazu. Laut Dietmar Brinks werde dort die „Schulmeisterkreide“ eines anderen holländischen Herstellers angeboten.
Cloetta gibt ganz grundsätzlich die Auskunft: „Es gibt in unregelmäßigen Abständen immer wieder Fälle.“
Überwacht würden die Marken durch ein spezialisiertes Anwaltsbüro. Im Zuge aktueller Verfahren gegen größere Wettbewerber aus Holland und Deutschland sei man auch auf kleinere Marktteilnehmer hingewiesen worden.