Köln. Männer kleiden sich in diesem Sommer dynamisch. Normen, Grenzen, Dresscodes? Alles nicht so wichtig. Mode darf klassisch sein, aber nicht spießig.
Es ist nun alles möglich: Männer tragen zum Sakko Bermudashorts, Sneaker zur Anzugshose. Die Männermode wandelt sich. Gerade in den modischen Großstädten werden feste Normen und Dresscodes auch mal locker gehandhabt. Und so geht es in den Kollektionen der Designer für das Frühjahr und den Sommer 2015 vor allem um die Kombination und das Ausloten neuer Grenzen.
"Die Art und Weise, sich zu kleiden, orientiert sich heute immer stärker an der eigenen Persönlichkeit", erklärt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts in Köln. Geprägt wird das von unfassbar vielen Inspirationen aus dem Internet. "Das Netz versetzt uns in die Lage, diesen Prozess der Individualisierung so stark wie nie zuvor nachzugehen." Die Trends der Laufstege der großen Modestädte London, New York oder gar Berlin sind nur noch ein paar Klicks entfernt.
Graffitis finden ihren Weg in die Mode
Aber das eigene Outfit richtet sich nicht mehr nur nach einer bestimmten Modenschau oder einer Zeitschrift. Einflüsse finden Modebegeisterte überall auf der Welt und kombinieren sie miteinander. Müller-Thomkins spricht von einer Demokratisierung der Mode.
Beispiele dafür finden sich auf den Straßen sowie in den Kollektionen. Gerade die Sportkleidung erhält immer stärkeren Einfluss auf die Alltagsbekleidung. Denn wer sich gerne sportlich kleidet, will das auch im Alltag tun – aber stylisch sollte die Sportmode sein. In ihr fänden sich sowohl die generationsübergreifenden Bedürfnisse nach Komfort, Tragbarkeit, Alltagstauglichkeit und Funktionalität wieder, als auch die Bedeutung und der Kultfaktor, den Sportswear vor allem für die junge Generation hat, fasst das Deutsche Mode-Institut dies im aktuellen Trendbericht zusammen. Damit einhergehend finden auch großstadt- und straßenaffine Motive wie Graffitis ihren Weg in die Mode.
Aber vor allem geht es um die erwähnte Suche nach dem ganz individuellen Stil. Die Männer haben immer häufiger genaue Stilvorstellungen, berichtet Astrid Werle, Maßschneiderin für Männermoden aus Düsseldorf. "Die meisten Kunden sind jung und sehr gut informiert. Sie wollen mit ihrem Outfit ihren persönlichen Stil unterstreichen." Oft sind es Details, die Werle spezifisch gestaltet, etwa das Innenfutter eines Sakkos.
Der Schnitt bleibt körpernah
Die Sakkos bleiben in der Arbeitswelt, aber auch für die Freizeit gefragt. Bei Schnitt und Passform hat sich in den vergangenen Jahren recht wenig geändert. So sei das klassische Zweiknopfsakko nach wie vor erste Wahl, erklärt Werle. Der Schnitt bleibe im kommenden Sommer körpernah, auch bei den Hosen führe nichts am Slim-Fit vorbei.
"Man muss da stark unterscheiden zwischen dem Mainstream und dem, was immer wieder gepredigt wird", erläutert der Stilautor und Modekritiker Bernhard Roetzel aus Berlin. "Man sieht zwar auf den Laufstegen vermehrt wieder weitere Hosen im Stil der 30er Jahre, aber in der Mainstream-Mode halten sich die schmal geschnittenen Hosen seit einigen Jahren hartnäckig." Gerade enge Hosen, die etwas kürzer geschnitten sind oder hochgekrempelt werden, bleiben gefragt.
Zusammen mit einem Sakko getragen, ergibt das einen Preppy-Look, der an den Stil amerikanischer Collegestudenten erinnert. Daran könnten sich modebewusste Männer weiterhin orientieren, das Thema bleibe wichtig - wenn es auch nicht mehr ganz so bunt wie in den vergangenen Saisons zugeht.
"Die jungen Leute haben Spaß am Spiel mit klassischen Elementen", erklärt Roetzel. So ist das Sakko eine stilistische Allzweckwaffe, das in verschiedenen Looks zum Einsatz kommt. Oft wird der Eindruck des Klassischen durch die Kombination mit Elementen aus der Streetwear aufgebrochen. Das Motto könnte also lauten: Klassisch, ja bitte. Spießig, auf keinen Fall.
Klassische Accessoires bleiben angesagt
"Die Klassiker werden aufgeräumt", sagt die Designerin Werle. Zum einen sind die Schnitte schlank. Zum anderen bleiben klassische Accessoires wie Strickkrawatten und Einstecktuch angesagt. Bestes Beispiel für die Neuinterpretation eines Klassikers ist für Werle und Roetzel das Comeback des Zweireihers, der nun eine Alternative zum Zweiknopfsakko darstellt.
Jedoch haben die neuen Doppelreiher nicht mehr viel mit den wuchtigen Schränken aus der "Der Pate"- Trilogie gemein. Sie wirken jugendlich und sind figurbetont. Besonders beliebt seien Modelle in kühlen Blautönen, sagt Roetzel. "Die Farbe Blau wird generell in diesem Sommer sehr wichtig, in allen Spielarten, in allen Schattierungen." Oft werden sie laut Werle mit viel Weiß getragen. "Man kann sie aber auch gerne mit Tabaktönen kombinieren."
Aber generell ist die Männermode nicht mehr ganz so bunt wie in vergangenen Jahren. "Eine neue Nüchternheit" nennt das der Modeexperte Müller-Thomkins. In vielen Lebensbereichen werde Wert auf Schlichtheit und Natürlichkeit gelegt. Ein Trend, der auch in der Mode seine Spuren hinterlässt. (dpa)