Essen. Krebs, Krankenhaus, Corona: Konrad Beikirchers 2020 war nicht so toll. Doch nun feiert der Kabarettist Premiere mit seinem neuen Programm.

Geboren ist er in Bruneck in Südtirol, doch schon mit 20 Jahren verschlug es ihn nach Bonn – das war vor über einem halben Jahrhundert. Konrad Beikircher ist seitdem Rheinländer aus Leidenschaft und hat als Kabarettist in vielen Programmen Seele und Wortschatz seiner rheinischen Mitmenschen seziert. Aber auch die klassische Musik und die Kirche waren schon Themen des studierten Psychologen. In seinem neuesten Programm „Kirche, Pest und neue Seuchen“ schaut er sich in der Weltgeschichte nach den Vorgängern des Corona-Virus um. Das hat ihn kurz vor seinem 75. Geburtstag im Dezember übrigens auch selbst erwischt. Und es war nicht mal die schwerste Krankheit, die Konrad Beikircher 2020 beschäftigte – wie er Stefan Moutty im Interview verriet.

Premiere im Livestream

Herr Beikircher, Ihr neues Programm muss nun im Livestream Premiere feiern. Wie kam’s dazu?

Konrad Beikircher: Es war die Idee des Senftöpfchen-Theaters in Köln zusammen mit Elisabeth Plum, meiner wundervollen „Agentin“. Ich wusste zuerst gar nicht was das heißt, „Livestream“, und musste mir das erklären lassen. Das hat Elisabeth wohl einige Zeit und einige Nerven gekostet!

Also ist es eine doppelte Premiere für Sie?

Ja, es ist mein erster Livestream. Wie heißt es immer: „Früher wusde ich gar nichd, wi man Pöamten schreibd, heute pin ich einen!“

Haben Sie schon andere „Corona-Auftritte“ unter besonderen Bedingungen gehabt? Vielleicht im Autokino?

Ja, im Juli 2020. Ich fand das wunderbar und hatte kein Problem damit, nur in blinkende Autoscheinwerfer zu gucken.

Kritischer Blick auf die Kirchengeschichte

Ihr neues Programm ist auch thematisch ein echtes Corona-Programm – es geht um Seuchen und die Rolle der Kirchen dabei. Wie kamen Sie auf das Thema?

Erstens beschäftige ich mich ein Leben lang schon mit Kirche, Glauben etc. Natürlich in den letzten Jahren immer kritischer. Beim Blick in die Kirchengeschichte wird ja auch sehr schnell klar, dass die Kirche immer schon Katastrophen, Krankheiten, Seuchen etc. für eigene Zwecke zu nutzen verstand, um mehr Geld einzuheimsen bzw. um mehr Macht zu erlangen, gnadenlos. Das Spannende daran ist, dass das ja dem christlichen Gedanken der Nächstenliebe radikal entgegengesetzt ist. Wenn ich dann sehe, dass ein Erzbischof wie Kardinal Woelki Akten nicht herausrückt und offensichtlich Lügen erzählt, um seine eigene Stellung nicht zu gefährden, hat man ja schon fast zwangsläufig ein Kabarett-Programm beisammen. Das alles bedrückt mich um so mehr, als ich überzeugter Christ bin und versuche, es zu leben.

Was war das Erstaunlichste, das Sie bei Ihren Recherchen herausgefunden haben?

Das Erstaunlichste war, zu entdecken, dass Corona nix Neues ist, dass es das immer schon gegeben hat, dass aber heute das erste Mal Politiker bereit sind, ganze Volkswirtschaften an die Wand laufen zu lassen. In den vergangenen Jahrtausenden hat man aus Selbstschutz gegen die Seuchen gekämpft, und das oft entsprechend radikal und unmenschlich. Heute versucht man, die potenziell Betroffenen vor der Krankheit zu schützen, und darin sind wir offensichtlich nicht besonders geübt.

Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?

Ich habe mich in der Literatur umgeschaut: Historiker, Dichter und Philosophen – ich bin ja so ein Antiken-Freak. Ich habe abseitige Aufsätze gelesen, zum Beispiel über die Kloaken in Paris im Laufe der Jahrhunderte oder über den Wandel der öffentlichen Toiletten. So lange ist es nämlich nicht her, dass die Menschen einfach auf die Straße gesch… haben. Da gibt es immer wieder schöne Fundstücke. Und ein bisschen denke ich auch selber nach.

Im Krankenhaus mit Corona infiziert

Wie allen Bühnenkünstler hat Ihnen Corona einen deutlichen Zuwachs an – wenn auch unfreiwilliger – Freizeit beschert. Wie haben Sie die genutzt? Vielleicht in ein neues Hobby investiert …?

Naja, bei mir kamen ja Operationen und Krankheiten „dazwischen”, deshalb sitze ich im Moment in der Reha. Nierenkrebs mit OP, Lungenembolie und zu allem Überfluss auch Corona, das waren meine Themen seit dem Sommer 2020. Da war für neue Hobbys kein Platz. Es scheint, Gott sei’s gedankt, alles gut gegangen zu sein!

Kurz vor Weihnachten sind Sie 75 geworden – konnten Sie das in irgendeiner Form feiern?

Ich hätte den Geburtstag ganz gerne in etwas größerem Kreis gefeiert, das ging aber nicht. Immerhin lief in der Nacht auf den Geburtstag, um Mitternacht, die Quarantäne für meine Familie, die alle negativ waren, und mich aus. So, dass wir ab 0 Uhr in den Wald laufen durften – is’ ja auch schon mal was, oder?! Kurz: Die wichtigsten Menschen in meinem Leben – Frau und Kinder – waren da und so war es wunderschön!

Waren Sie denn an Ihrem Geburtstag noch im Krankenhaus?

Nein, da war ich nicht mehr in der Klinik. Ich bin am 30.11. entlassen worden und zehn Tage später brach die Corona aus, mit der ich mich im Krankenhaus angesteckt hatte.

Aktuell sind Sie noch in der Reha, Anfang März steht die Premiere Ihres Programmes an – passt das?

Ja, für die Premiere fühle ich mich fit, es geht mir ja wirklich ganz gut. Ich stand 2015 fast ein Jahr lang mit künstlichem Darmausgang auf der Bühne und 2019 ein halbes Jahr mit Katheter. Es geht viel mehr, als man so denkt!

Beikircher live im Netz

Die Premiere seines Programms „Kirche, Pest und neue Seuchen“ wird am 5.3. ab 20.15 Uhr live aus dem Kölner Senftöpfchen gestreamt. Karten gibt es ab 21,64 € unter: www.senftoepfchen-theater.de/live-stream

Weitere Infos gibt es auf www.beikircher.de.