Essen. Florian Schroeder spricht in seinen Shows gerne mit meinungsstarken Persönlichkeiten. Der Kabarettist tourt zudem mit zwei verschiedenen Solos.
14 Jahre jung war Florian Schroeder bei seiner TV-Premiere. In Harald Schmidts und Herbert Feuersteins Sendung „Schmidteinander“ parodierte er Prominente. Ein Talent, das der gebürtige Lörracher in der Folge verfeinerte und mit scharfzüngiger Polit-Satire verknüpfte. Der 43-Jährige tourt aktuell mit dem Jahresrückblicksprogramm „Schluss jetzt!“, widmet sich ab Februar dann dem „Neustart“ und zwischendurch TV-Formaten wie der „Satireshow“ im Ersten, der „SWR-Spätschicht“ oder dem wöchentlichen Podcast „Schroeder & Somuncu“ mit Serdar Somuncu. Über seine Aktivitäten und Interviews mit Persönlichkeiten, die oft eine gänzlich andere politische Einstellung vertreten als er, sprach Schroeder mit Patrick Friedland.
Seit Dezember lässt sich eine knapp 45 Minuten lange „Schluss jetzt 2022!“-Folge in der ARD-Mediathek finden. Was bieten Sie darüber hinaus im Live-Programm?
Florian Schroeder: Die Show auf der Bühne ist natürlich länger und dadurch vielschichtiger. Da kommen auch viele Themen vor, die in der TV-Aufzeichnung keinen Platz haben. Also der Mehrwert der Liveshow liegt bei 100 Prozent.
2022 war vollgepackt mit politisch aufgeladenen Themen. Gibt es ein Sujet, an dem Sie sich besonders gerne abgearbeitet haben?
Um die Folgen des Ukraine-Krieges kam ich natürlich nicht herum. 100 Milliarden für die Bundeswehr hier, „Doppelwumms“ dort. So viele Geldspeicher, die die Ampel da gefunden hat. Wobei ich beim Namen „Doppelwumms“ doch ein wenig irritiert bin: Einmal wummsen mit Olaf Scholz kostet also 100 Milliarden? Mir persönlich etwas zu viel Geld. Es war insgesamt ein überraschend buntes Jahr, wie ich bei den Vorbereitungen der Show festgestellt habe. Dazu gab es die Debatte über kulturelle Aneignung – also die Frage: Ist Winnetou noch zeitgemäß? Der Auftritt der Letzten Generation, die Proteste im Iran, der Sommerhit „Layla“ und sein Verbot auf Volksfesten.
Grämt es einen Polit-Kabarettisten, wenn man weiß, dass Gag-Garanten wie Boris Johnson in 2023 von der Bildfläche verschwinden werden?
Nein, ich arbeite mit der Wirklichkeit und nicht mit der Vergangenheit und fange am Schluss noch an zu trauern, weil irgendeine Knallcharge abtritt. Das wäre zu viel der Ehre. Dieselbe Frage ist mir nach dem Abgang von Stoiber und Oettinger schon gestellt worden. Und was kam? Kretschmann und Söder. Habe ich Grund zum Klagen? Na also.
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Als jemand, der vor allem im Öffentlichen-Rechtlichen zu sehen ist: Wie reagieren Sie, wenn jemand von „Systempresse“ oder „Zwangsgebührenmedien“ spricht?
Das zieht an mir vorbei. Was interessiert es die Eiche, wenn sich eine Sau an ihr reibt? Ich halte das ganze Geschwätz vom Ende der Debattenkultur für überbewertet. Ja, die Lager radikalisieren sich, aber sie werden überbewertet. Während der Pandemie hat sich gezeigt: Es gibt noch immer eine große Mehrheit, die selbst in einer existenziell ängstigenden, weil unvorhersehbaren Situation in der Lage ist, vernünftig, mit Augenmaß und ohne größere Unruhen zu agieren. Das muss man als gesamtgesellschaftliche Leistung auch einmal anerkennen.
„Ich würde niemanden einladen, der nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht“
In der „Satireshow“ begrüßen Sie Gäste aus verschiedenen politischen Lagern, wie „Bild“-Journalistin Nena Brockhaus, Michel Friedman oder Maren Kroymann. Zudem gibt es den Podcast mit Serdar Somuncu. Macht es besonders viel Spaß, mit Menschen zu arbeiten, die polarisieren?
Es macht Freude, mit Menschen zu arbeiten, die etwas zu sagen haben. Menschen, mit und an denen ich mich reiben kann und mit denen ich lachen kann, albern sein kann. Wenn das Leichte und das Tiefe zusammenkommen, ohne sich zu widersprechen, habe ich das Ziel meiner Arbeit erreicht.
Wo setzen Sie die Grenze?
Ich würde niemanden einladen, der nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Ansonsten ist mein Ziel, angstfrei mit fast jedem zu sprechen. Und die Langweiligen, die sind auch tabu. Das sind insgesamt immer noch mehr als die erste Gruppe. Glücklicherweise.
Da Kurt Krömers Sendung kürzlich eingestellt wurde: Wären Sie nicht einer für ein Format wie „Chez Krömer“?
Das Format war auf ihn zugeschnitten und das ist gut so. Ich arbeite an eigenen Formaten.
Ab Februar touren Sie mit „Neustart“. Wie gehen Sie da kreativ vor, damit sich thematisch nicht zu viel mit „Schluss jetzt!“ überschneidet?
Da überschneidet sich so gut wie nichts, darauf achte ich peinlich genau. Der Unterschied ist: „Neustart“ ist ein Konzeptprogramm. Es gibt einen roten Faden, ein Grundthema, das sich durchzieht: Die Suche nach dem neuen Messias. Warum suchen wir andauernd jemanden, der uns mit einem Schlag aus allem herausreißt, was es gibt? Und wie wäre es, wenn dieser Messias plötzlich käme? Erst suche ich ihn mit Hilfe der Zuschauer, anschließend werde ich selbst zu ihm. Und dann kommt alles ganz anders als erwartet.
Laut Pressetext drücken Sie in „Neustart“ den „Reset-Knopf“. Angenommen, Sie könnten ein geltendes Gesetz ändern, welches wäre es?
Da sind wir schon mitten im Thema: Der neue Messias wird kein Gesetz ändern, sondern neu und für seine Zwecke originell interpretieren: Artikel 146, GG, in dem es heißt: „Dieses Grundgesetz … verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Was das bedeutet, eine neue Verfassung, erzähle ich dann in der Show.
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Nach so vielen Jahren im Polit-Kabarett, mit gemeinsamen Auftritten und gar einem Live-Programm mit Peer Steinbrück müssen Sie ja einiges gelernt haben. Wären Sie ein guter Politiker?
Ich fürchte nein. Man sollte diesen Job nicht unterschätzen. Politik ist Handwerkszeug, das will gelernt sein. Zumal ich mit Absicht Solist geworden bin – das bedeutet, ich wäre mit all den Pflichten und Regularien wie Fraktionszwang in einem Korsett gefangen, das ich schwer aushalten würde und das mich nicht so arbeiten ließe, wie ich das kann und möchte.
>>> INFO: Florian Schroeder live
Termine „Schluss jetzt!“: 19.1. Düsseldorf (Savoy), 20.1. Oberhausen (Ebertbad). Karten ab ca. 17 €. Termine „Neustart“: 24.2. Straelen (Forum im Schulzentrum), 25.2. Bergneustadt (Krawinkel-Saal), 26.2. Mönchengladbach (TiG), 11.5. Köln (Comedia), 13.+14.7. Dortmund (Ruhrhochdeutsch im Spiegelzelt, VVK-Start 4.2.), 20.10. Köln (Rathaussaal Porz). Karten ab ca. 24 €, mehr Infos auf www.florian-schroeder.com