Essen. Mit ihrem Podcast „Senf aus Hollywood“ starten Bill und Tom Kaulitz ein neues Format, ehrlich und direkt. Was die Fans genau erwartet.

Sie sind eins der bekanntesten Zwillingspaare Deutschlands. Gemeinsam mit ihrer Band Tokio Hotel wurden Bill und Tom Kaulitz vor 16 Jahren mit ihrem Song „Durch den Monsun“ bekannt. Seitdem ist viel passiert, die beiden leben mittlerweile in Los Angeles und sind für die Fans nicht mehr so oft zu sehen. Dafür kann man sie jetzt häufiger hören. Am 1. September startet, pünktlich zu ihrem 32. Geburtstag, ihr Podcast „Senf aus Hollywood“. Über das neue Format, einen möglichen Gastauftritt von Toms Ehefrau Heidi Klum und ihre Vergangenheit haben die beiden mit Maximilian Villis gesprochen.

Ihr Podcast wird als „so ehrlich wie noch nie“ beschrieben. Was genau steckt dahinter?

Bill Kaulitz: Wir bauen ein Mikrofon auf und sind so wie sonst auch. Tom und ich besprechen uns schon seit unserer Kindheit. So machen wir das heute auch noch. Wir sind mit einem Gesprächspartner groß geworden, den wir immer noch haben. Wir haben immer alles diskutiert. Eigentlich ist so ein Podcast ein Format, das für uns erfunden wurde (lacht). Es war die Idee von Freunden, die gesagt haben, wieso wir nicht einfach ein Mikrofon aufstellen, wenn wir uns im Studio treffen und uns unterhalten. Viele wissen, glaube ich, gar nicht, wie lustig, sarkastisch, ehrlich und manchmal auch kaputt wir sein können.

Vergessen Sie währenddessen denn wirklich, dass Mikrofone aufgebaut sind?

Tom Kaulitz: Dadurch, dass außer Bill und mir niemand in dem Raum ist, ist es wirklich authentisch. Für uns war es wichtig, eine Atmosphäre zu haben, wo wir uns absolut wohlfühlen, und das ist in unserem Tonstudio in L.A. der Fall. Es soll nicht das Gefühl aufkommen, dass wir in irgendeiner kontrollierten Umgebung sitzen, wo man aufpassen muss, was man sagt.

Bill: Es gibt auch keine Themen, die wir vorab besprechen. Wir legen uns nichts zurecht oder vereinbaren irgendwas. Es gibt zwar Kategorien, die wir immer mal wieder aufgreifen, es ist aber nichts geplant. So wollen wir das auf jeden Fall beibehalten. Wir wollen den Zuhörer zu unserem Drilling machen (lacht). Er soll dabei sein und erleben, wie wir quatschen.

„Der Podcast soll nicht nur die Tokio-Hotel-Anhänger erreichen“

Wollen Sie Ihre Fans dadurch auch näher heranholen?

Tom: Eigentlich haben wir das schon immer gemacht. Klar steht die Musik im Vordergrund, aber wir haben unseren Fans immer einen privaten Einblick gegeben. Wir waren eine der ersten, die einen Vlog gemacht haben, der „Tokio Hotel TV“ hieß. Uns ist es wichtig, dass wir neben der Medienberichterstattung auch anders mit unseren Fans kommunizieren. Der Podcast soll aber nicht nur die Tokio-Hotel-Anhänger erreichen.

Für den Podcast sind auch einige Gaststars angekündigt. Wann können sich die Zuhörerinnen und Zuhörer denn auf Heidi Klum freuen?

Tom: (lacht) Ehrlicherweise haben wir noch nicht drüber gesprochen. Es liegt aber natürlich nahe, dass meine Frau auch mal vorbeikommt und ein bisschen was sagt. Das wäre tatsächlich auch eine komplette Premiere. Ich glaube nicht, dass sie jemals einen Podcast gemacht hat. Es wäre ein sehr exklusiver Gast (lacht).

Bill: Das stimmt (lacht). Wir haben aber auch da nichts vorbesprochen. Es ist wirklich alles immer ganz frisch. Wir nehmen die Folgen ganz aktuell auf und wollen da mit Gästen spontan reagieren. Je nachdem, was sich ergibt und worauf wir Bock haben.

Haben Sie sich denn von irgendwelchen anderen Podcastern inspirieren lassen?

Tom: Wir müssen ganz ehrlich zugeben, dass wir ganz lange nicht wussten, was Podcasts eigentlich sind. Wir beide fanden aber „Paardiologie“ von Charlotte Roche und ihrem Ehemann Martin Keß-Roche super. Da habe ich mir alle Folgen komplett reingezogen. Ansonsten kennen wir aber nicht viel. Das ist wie in einem guten Interview. Man will vorher nicht wissen, um was es geht und was gefragt wird.

Bill: Ich war schon in vielen Podcasts zu Gast. Ihr macht ja eh alle keine Interviews, ich mache alles alleine (zu Tom). Ich habe vorhin noch zu Tom gesagt, dass wir zum ersten Mal seit langem zusammen Interviews machen. Auch was die Band betrifft, mache ich vieles alleine.

Man merkt ja auch in der Pilotfolge, dass da wenig abgesprochen ist und es authentisch wirken soll.

Tom: Genau, man merkt, dass wir keine professionellen Podcaster sind (lacht).

Sicher freuen die Fans sich auch, wenn sie Sie wieder öfters hören. Wann kann man Sie denn mal wieder in Natur und Farbe in Deutschland sehen?

Bill: Wir sind jetzt auf der Gamescom aufgetreten und ich produziere derzeit eine TV-Show. Wir sind schon oft in Deutschland. Aber es ist wegen Corona natürlich viel ohne Publikum. Ich habe ja auch ein Modelabel, wo wir eine Runway-Show hatten. Da war normalerweise auch immer Publikum. Wir sind zwar physisch oft da, aber uns zu sehen, ist nicht immer so leicht.

Tom: Nach der ganzen Zeit freuen wir uns aber extrem auf die Tour und sind überzeugt, dass das ab April nächsten Jahres stattfinden kann. Wir haben das in den letzten zwei Jahren schon sehr vermisst, den Kontakt mit den Fans direkt zu haben.

Worauf freuen Sie sich dabei denn am meisten?

Tom: Also neben all den positiven Dingen muss man auch sagen, dass der Touralltag sehr anstrengend ist. Ich kann für mich sagen, dass ich es auch liebe, einfach mal zu Hause zu sein. Ich sehne mich gar nicht mehr so nach dem Touring wie früher. Aber das Größte ist es natürlich, die Songs wieder live zu spielen und die Energie vom Publikum zu spüren. Wir haben dieses Jahr schon zwei Songs rausgebracht, die wir allerdings noch nie performen konnten.

Bill: Ja, man sieht auf Instagram, dass die Lieder zum Beispiel auf Ibiza oder Mykonos total abgehen. Man sieht, wie die Fans dazu rumspringen und feiern, und man denkt sich selbst so: „Ahh, wieso können wir da nicht auf der Bühne stehen“.

Zu Ihrem Leben gehört auch die Vergangenheit. Wenn Sie jetzt mal zurückschauen und sich mit den Zwillingen im Jugendalter vergleichen. Inwiefern sind Sie mittlerweile anders?

Tom: Das ist natürlich total komplex und auch wichtig, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Das machen wir tatsächlich nicht oft, weil wir eher Zukunftsmenschen sind, als irgendwo in der Vergangenheit herumzukramen. Bill hat das mit seinem Buch erst vor kurzem gemacht. Ich glaube, dass man sich als Mensch ständig verändert. Natürlich wird man erwachsener oder hofft es zumindest.

„Die einzigen Konstanten bei uns sind die Band, die Musik und unsere Zwillingsverbindung“

Aber irgendwas bleibt doch immer gleich ...

Tom: Ja, ich denke, dass das bei uns vor allem an der Band liegt. Wir behalten so eine gewisse lustige Naivität und Kindheit in uns. Immer wenn wir mit der Band zusammen unterwegs sind, klappt das ganz gut und wir haben immer das Gefühl, als wäre nichts passiert. Wir feiern am 1. September unseren 32. Geburtstag und auch da wird es einen Unterschied zum 42. Geburtstag geben. Man muss ja auch sagen, dass wir, sowohl optisch als auch als die Person an sich, nicht wirklich zurückhaltend mit Veränderungen sind. Es ist bei uns schon immer extrem. Die einzigen Konstanten bei uns sind die Band, die Musik und unsere Zwillingsverbindung. Das wird sich auch nie ändern.

Ist es für Sie also wie ein nach Hause kommen, wenn Sie sich mit der Band, also mit Gustav und Georg treffen?

Tom: Ja, es ist schon eine sehr starke Energie unter uns vieren. Die bleibt auch immer gleich und wird sich hoffentlich nie ändern. Die Musik verändert sich natürlich schon permanent. „Durch den Monsun“ kam vor 16 Jahren raus und wir haben 2020 mal eine Update-Version gemacht, um zu zeigen, wie wir ihn heute schreiben würden. Das wird natürlich auch von unserem eigenen Musikgeschmack beeinflusst und so wird sich auch die Musik immer verändern.

Bei Ihnen wurden Veränderungen auch immer durch die Medien begleitet. Ist das Leben in den USA in der Hinsicht entspannter?

Tom: Wir haben in LA schon ein privates Leben, das wir in Deutschland so nicht haben. Die Menschen dort leben völlig anders als zum Beispiel in Berlin. Jeder hat dort sein Haus und seinen Rückzugsort.

Bill: Es ist schon so, dass wir emotional einen größeren Abstand zu den Dingen haben, die über uns in der Presse stehen, da wir eben in L.A. leben. Dadurch können wir da auch ganz gut drüber lachen. In Deutschland wacht man ja mit den Sachen auf, die ständig über einen geschrieben werden. In einem anderen Land und einer anderen Zeitzone ist das oft weit weg. Wenn wir aufwachen, ist das, was in Deutschland geschrieben wurde, schon alter Käse (lacht). Man denkt aber irgendwann auch, dass alles schonmal in der Zeitung stand. Wir haben da ein dickes Fell.

Abschließend noch einmal zum Podcast. Ohne zu viel zu verraten: Auf welche Themen darf man sich in der ersten Folge freuen?

Bill: Es wird alles eine Rolle spielen. Ich würde fast sagen, dass „Sex, Drugs und Rock’n’Roll“ das Ganze gut beschreibt. Wir covern von allem ein bisschen was. Man erfährt Beziehungsdinge und viele intime Sachen, zum Beispiel über unsere Träume und unsere Verbindungen als Brüder. Aber wir geben unseren Senf auch zu allem banalen Alltagsscheiß dazu. Es ist ein guter Mischmasch aus allem.

Tom: Und natürlich geben wir auch unsere Sichtweise auf aktuelle Medienberichte (lacht.)