Bochum. Helmut Sanftenschneider serviert „NachtSchnittchen“ am Montag via Livestream. Im Interview schaut der Comedian auf seine Show-Anfänge.

Die rege Comedy- und Kabarettszene der Region leidet nach wie vor unter den Coronabeschränkungen – und sucht deshalb verstärkt den Weg über das Internet zum Publikum. Auch die erfolgreiche Mix-Show „NachtSchnittchen“ gibt’s am kommenden Montag im Livestream. Stefan Moutty sprach mit Moderator Helmut Sanftenschneider aus Bochum, der die Kultshow vor anderthalb Jahrzehnten aus der Taufe gehoben hat.

Dieses Jahr feiern Sie mit den NachtSchnittchen bereits den 15. Geburtstag. Wie viele Ausgaben sind da zusammengekommen?

Helmut Sanftenschneider: Ich hab’s leider nicht nachgezählt. Aber alleine in Datteln wären wir im vergangenen Jahr bei der 150. Show gewesen, die ist allerdings ausgefallen. Die „NachtSchnittchen“ gibt’s aber auch noch in vielen anderen Städten. Auf 500 bis 600 Shows kommen wir da bestimmt insgesamt.

Können Sie sich noch an die erste Ausgabe erinnern?

Ja, da hießen wir zuerst noch „Nightcut“, abgeleitet von „Nightwash“, weil wir das in einem Friseursalon gemacht haben. Dann kamen wir auf „Schnittchen“ – von Schneiden, aber auch von den Schnittchen, die man ja gerne mal abends auf dem Sofasessel vorm Fernseher isst. Während der Show hat meine Tante Gerda immer unter der Trockenhaube gesessen – und vorher hatte sie Schnittchen geschmiert und rumgereicht. Das hat ziemlich schnell Kultstatus erreicht, wir waren immer ausverkauft.

In der kommenden Woche gibt’s die „NachtSchnittchen“ nun als Stream. Premiere?

Nicht ganz, im letzten Monat haben wir speziell für Datteln schon eine Livestream-Ausgabe gemacht, aber sozusagen eher im intimen Rahmen. Das war so eine Art Generalprobe, bei der wir ein paar Erfahrungen gesammelt haben.

Stream ist nicht gleich Stream. Wie läuft’s bei den „NachtSchnittchen“?

Unsere Showband, das Ukulelenorchester „Die Ukuleliker“ sind nicht vor Ort, sondern wir holen sie per Zoom dazu. Die Zuschauer sind nicht im Bild zu sehen, aber sie können uns per Chatfunktion Fragen stellen. Und wir stellen auch eine kleine Aufgabe in der Pause, da gibt’s was zu gewinnen.

Was macht die „NachtSchnittchen“ aus?

Wir haben immer eine Mischung aus etablierten Künstlern – Comedians, Kabarettisten, auch mal Musiker – und Newcomer, von denen wir meinen, dass aus denen mal was werden könnte. Luke Mockridge hat zum Beispiel einen seiner ersten Auftritte bei uns gemacht. Wir hatten Chris Tall da, Torsten Sträter, Johann König, René Steinberg ...

Luke Mockridge und Chris Tall füllen jetzt die großen Arenen. Haben Sie damals schon bemerkt, welches Potenzial sie haben?

Bei Chris Tall auf jeden Fall. Ich hatte ihn schon vorher bei einem seiner ersten Auftritte in einer anderen Show gesehen, und da war er schon so weit – was etwa die Kommunikation mit dem Publikum angeht –, dass ich zum Veranstalter sagte, „Aus dem könnte mal was werden!“ Als er dann bei den „NachtSchnittchen“ auftrat, habe ich hinterher allerdings den bislang einzigen bitterbösen Beschwerdebrief von einem Zuschauer bekommen – was für ein niveauloses Zeug ich denn einladen würde.

Und Luke Mockridge?

Er kam von sich aus auf mich zu und fragte, ob er mal bei mir auftreten könne. Er bräuchte auch keine Gage, er wollte nur mal ein paar Auftritte absolvieren. Ich kannte ihn, weil er Praktikant bei „Nightwash“ war – da hat er uns den Kaffee gebracht. Ich hab ihm wenigstens noch die Fahrtkosten bezahlt, und er kam dann auch gut an bei den „NachtSchnittchen“.

Ihre Gäste sind kommende Woche Carmela de Feo, Lisa Feller und Kai Magnus Sting. Alles gestandene Künstler und keine Newcomer …

Ja, die hab ich eingeladen, weil ich die als Künstler klasse finde. Aber auch, weil ich mich einfach freue, sie endlich mal wieder zu sehen – natürlich mit Abstand, und wir sind alle getestet. Deshalb habe ich jetzt mal keinen Newcomer eingeladen, sondern nur alte Freunde.

Sie kommen von der Musik zur Comedy: Sie haben klassische Gitarre und Gesang studiert.

Bei meinen Solo-Programmen, aber auch bei den „NachtSchnittchen“ ist die Gitarre auch so etwas wie mein Erkennungszeichen. Und ich geize nicht damit zu zeigen, dass ich das Instrument auch mal gelernt habe (lacht). Ich verbinde Kabarett und Musik, ohne die Gitarre würde mir ein Stück fehlen.

Danach haben Sie noch Flamenco-Gitarre in Sevilla und Granada studiert. Da klingen die Namen ja schon wie Musik!

Finde ich auch. Während des Studiums habe ich bei einer Quizshow des ZDF mitgemacht, „Risiko“ mit Kai Böcking, das lief in den 90ern nachmittags. Mein Fachgebiet war der „Flamenco“, und ich hatte vorher schon gesagt, wenn ich gewinne, fahre ich nach Sevilla und nutze das Geld für eine Art Stipendium. Dann habe ich tatsächlich gewonnen, war in Sevilla und anschließend auch noch in Granada an der Hochschule. Das war total spannend – Flamenco ist meine große Leidenschaft.

Sie sind aber auch gelernter Postbote. Wie kam’s, dass Sie zunächst diesen eher unmusischen Weg eingeschlagen haben?

Mit 15, 16 Jahren hab ich mich für Mopeds, Mädchen und Musik interessiert. Meine Mutter sagte, „Geh zur Post, dann hast du was Sicheres.“ Deshalb hab ich da meine Ausbildung gemacht und war da vier Jahre. Aber weil ich Gitarre gespielt habe, habe ich dann einfach mal die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule gemacht – und wurde sofort genommen. Da habe ich mich erst einmal zwölf Jahre beurlauben lassen, das kann man ja als Beamter …

Sie waren sogar Beamter?

Ja, ich hab neulich noch beim Aufräumen die Urkunde gefunden: „Hiermit ernenne ich Sie zum Beamten auf Lebenszeit“. Meine Eltern waren nicht begeistert, als ich nach zwölf Jahren die sichere Beamtenstellung gegen das Künstlerdasein getauscht habe. Immerhin habe ich sogar noch eine Ablösezahlung bekommen – die wollten ja damals alle Beamten loswerden …

Dafür arbeiten Sie als Moderator jetzt u. a. auch auf Kreuzfahrtschiffen. Klingt angenehm ...

Mir macht das Spaß. Ich bin sogar aktuell gebucht. Am Freitag gehe ich an Bord der „Mein Schiff 2“, eines der wenigen Kreuzfahrtschiffe, die zurzeit fahren. Normalerweise würde ich jetzt nicht ins Ausland fahren, aber wenn ich in diesen Zeiten als einer der wenigen Künstler Arbeit habe, freut mich das natürlich.

Info:

Gestreamte Schnittchen

Der Livestream der „NachtSchnittchen“ mit den Gästen Carmela de Feo, Lisa Feller und Kai Magnus Sting beginnt am Montag, 12.4. um 20 Uhr, „Einlass“ ab 19.30 Uhr. Weitere Infos und Karten ab 14,99 € gibt es auf der Seite www.nachtschnittchen.net.