Essen. Comedian Jacqueline Feldmann tritt am Montag beim “Hurz“-Preis auf. Hier spricht sie über ihre (Wahl-) Heimat und ihren früheren Job.

Wenn am kommenden Montag per Online-Stream der Recklinghäuser „Hurz“ verliehen wird, geht sie live ins Rennen um den Nachwuchspreis: Jacqueline Feldmann (26) ist Comedian mit ganzem Herzen – für das Humorgeschäft kehrte sie sogar ihrer sicheren Beamtenstellung den Rücken. Stefan Moutty wollte von der gebürtigen Lüdenscheiderin wissen, wie es dazu kam – und wo der „Hurz“ hinkommt, wenn sie ihn gewinnt.

Sie sind in diesem Jahr für den „Hurz“ nominiert. Der hat seinen Namen vom legendären Sketch mit Hape Kerkeling und Achim Hagemann. Als der zum ersten Mal im Fernsehen lief, waren Sie noch gar nicht geboren …

Ich bin großer Fan der Digitalisierung und bedanke mich daher bei jenen Menschen, die Schätze aus der Vergangenheit hochgeladen haben. Ich kann mir so viel anschauen oder anhören, das vor meiner Geburt passiert ist. David Bowies großartige Alben, Falcos Auftritte und auch Sketche wie den „Hurz“.

Sind Sie aufgeregter als sonst, wenn Sie am 25.1. Ihr Stand-up präsentieren, weil es ja ein Wettbewerb ist?

Ich werde bestimmt aufgeregt sein. Das bin ich eigentlich immer bei meinen Auftritten. Allerdings glaube ich, dass durch diese verrückte Zeit meine Spielfreude nochmals deutlich größer sein wird als meine Nervosität.

Wie wichtig sind Ihnen Comedy- und Kabarettpreise?

Als ich mit Comedy angefangen habe, waren Preise für mich persönlich total wichtig. Es ist ja auch eine Art Bestätigung. Und es hilft natürlich auch im Vorankommen, da es sich in der Vita gut macht. Wenn man verliert, sollte man sich aber nicht zu sehr runterziehen lassen. Comedy- und Kabarettpreise sind am Ende eine Geschmacksfrage. Also immer schön cool bleiben ...

Und wo kommt der „Hurz“ hin, wenn Sie ihn bekommen sollten?

Falls ich beim „Hurz“ keine drei Anläufe brauche, würde ich ihn gerne in mein Regal stellen: neben eine Original-Bowie-LP von 1984 und einem Falco-Bild. Da würde sich der Kreis mit dem „Hurz“ glaube ich schließen.

Die „Hurz“-Show findet nun auch als Livestream ohne Publikum im Saal statt. Haben Sie damit im Laufe der Pandemie schon Erfahrung gemacht?

Wir Künstler sind während der Theaterschließungen vor wirklich allem aufgetreten: Autos, nackte Schaufensterpuppen, Pappaufsteller von Trump, dem Wendler oder Chewbacca. Nach dieser Pandemie kann uns gar nichts mehr schocken.

Wie schwer ist es, wenn man das Publikum nicht direkt vor sich hat?

Es ist natürlich sehr komisch, in die „Leere“ zu spielen. Aber ich glaube: Für alle ist es schön, etwas Ablenkung zu finden und unterhalten zu werden – egal ob in einem Livestream oder anderweitig. Ich darf noch anfügen: Wir vermissen unser Publikum wirklich sehr. Wirklich! Ich vermisse sogar die betrunkenen Junggesellenabschiede, die vorher auf einer Sex-Toy-Party waren und sich dann in eine Comedy-Show verirrt und uns Künstlern mit ihren Zwischenrufen in den Wahnsinn getrieben haben. (lacht).

Vor Ihrer Comedykarriere waren Sie Finanzbeamtin in Lüdenscheid. War das so unlustig, wie es klingt?

Ich war sogar schon Finanzbeamtin auf Lebenszeit, also eigentlich hätte ich nie wieder arbeiten müssen. (lacht). Natürlich ist das Finanzamt nicht die Humorzentrale von Deutschland. Allerdings erträgt sich der Alltag mit Humor immer besser und davon hatten meine Team-Kollegen und ich immer ein bisschen parat.

So richtig gefallen hat Ihnen der Job letztlich aber nicht, oder? Sie haben ­immerhin eine sichere Stellung gegen die Selbstständigkeit als Bühnenkünstlerin eingetauscht.

Sagen wir es mal so: Der Job beim Finanzamt hat mir auch gefallen, allerdings macht mich die Comedy mit all ihren Freiheiten und trotz aller Risiken glücklicher. Ich glaube, dass Freiheit und Glück wichtiger sind im Leben als Sicherheit. Ich will doch nicht die „Sicherste“ später auf dem Friedhof sein.

Wie kamen Sie zur Comedy – und wo und wann hatten Sie Ihren ersten Auftritt?

Ich habe Comedy schon immer geliebt. Ich bin auf einen Comedy-Workshop in Köln aufmerksam geworden und habe dort ein paar Tipps für meinen ersten Auftritt bekommen. Der war am 7.11.2011 im Kölner Artheater, bei der Show „Kunst gegen Bares“.

Sie haben Ihrer sauerländischen Heimat inzwischen den Rücken gekehrt und leben in Köln. Muss man das, wenn man als Comedian erfolgreich sein will?

Ich habe bis vor zwei Jahren immer gedacht, ich gehöre ins Sauerland. Allerdings hat es mich in den letzten zwei Jahren immer wieder nach Köln gezogen. Raus in die Freiheit und rein in neue Abenteuer. Es ist natürlich auch ein Vorteil, hier als Komikerin zu wohnen, da in Köln einfach viele Produktionen stattfinden und es viele Theater gibt. Die Wege sind daher kürzer. Aber ich lebe nicht nur wegen der Comedy in der Domstadt. Viel mehr tut Köln mir persönlich sehr gut und ich vertraue einfach auf diese Stadt und ihre Menschen.

Wie verschieden sind denn Lüdenscheider und Kölner?

Beide haben ihre schönen und bekloppten Seiten. Der Umgang mit Schneefall hat es zuletzt gezeigt: Es fällt ein bisschen Schnee und die Kölner freuen sich und glauben, „Die Eiskönigin 3“ wird gedreht. Die Stadt gibt gleichzeitig eine Blizzard-Warnung raus. Der Lüdenscheider regt sich auf, dass es nur ein bisschen Schneeregen ist. Und dafür hat man jetzt wirklich Reifen gewechselt?

Sind Sie denn noch häufig im Sauerland bei Ihrer Familie?

Ich bin vor knapp zwei Jahren Tante geworden und genieße die Zeit, die ich bei meiner Familie sein kann, sehr. So einen kleinen Menschen zu sehen, wie er in die Welt hinaus geht -- das sollte man nicht verpassen. Außerdem finde ich es schön, meine Eltern in der „Omma“- und „Oppa“-Rolle zu sehen.

Hat sich Ihre Familie bei Besuchen denn auf Ihre neue Ernährungsgewohnheiten eingestellt? Sie sind inzwischen Veganerin und berichten darüber ja auch auf Ihrem Youtube-Kanal.

In Köln ist der vegane Lebensstil tatsächlich nichts Besonderes, umso lustiger ist es, ins Sauerland zu fahren und beim Essen manchmal wie E.T. angeschaut zu werden. Ich glaube, wenn ich von Couscous, Matcha, Jackfruit und Bulgur erzähle, denkt meine Familie sich öfter: „Toll, diese neue Sprache, die Jacky da sprechen kann! Schade, dass wir kein Wort verstehen!“ Sie tasten sich aber auch langsam an das Thema heran. Mein Vater war ganz von den Socken, dass Pommes und Nudeln ja auch vegan sind. Wahnsinn, diese verrückte Welt!

Info:

Der Hurz

Der schräge Comedypreis der Stadt Recklinghausen wird am Montag, 25.1., coronabedingt ohne Publikum im Studio verliehen. Der kostenlose Livestream startet um 19.30 Uhr und ist hier zu sehen: www.live.derhurz.de. Mit dabei sind u.a. Torsten Sträter, Herbert Knebel, Chris Tall und Moderatorin Steffi Neu.

Infos zur Künstlerin auf: www.jacqueline-feldmann.com