Berlin. Funktioniert Integration? Dieser Frage widmete sich Maybrit Illner mit ihren Gästen. Darunter: die Bochumer Polizistin Tania Kambouri.

In der Flüchtlingskrise dominierten in Deutschland zeitlich versetzt zwei große Fragen. Zunächst wurde über Monate debattiert, wie der Andrang verringert werden könnte, ohne dass Europa dabei seine Werte verrät. Spätestens im neuen Jahr kam dann die Frage auf, wie die Neuankömmlinge integriert werden können.

Etwas verspätet widmete sich am Donnerstagabend auch Maybrit Illner dem Thema Integration. „Angst vor der Parallelgesellschaft – Kann Deutschland Integration?“, fragte die Redaktion vor dem Hintergrund des in der vergangenen Woche vorgestellten Integrationsgesetzes. Diskutiert wurde das Thema von Jens Spahn (CDU), Alexander Gauland (AfD), der Polizistin Tania Kambouri, dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie und der Autorin Sineb El Masrar.

Gauland und der Islam

Schnell wurde klar, dass die Integrationsfrage in der Debatte eng mit dem Islam verknüpft sein würde. Dafür sorgte insbesondere Alexander Gauland. „Wenn wir sagen, der Islam gehört nicht zu Deutschland, bezieht sich das nicht auf einzelne Menschen, sondern auf die Tradition dieses Landes, das christlich-abendländisch ist“, sagte der AfD-Vize. Diese vergleichsweise moderaten Töne relativierte Gauland allerdings schnell wieder. Es sei nun mal so, dass „der Nahe Osten“ wegen einer anderen „Wertewelt“ nicht zu integrieren sei. Zudem sei es falsch, wenn aus fremden Kulturen viele Menschen ins Land kämen. Mit Blick auf Sozialleistungen sagte Gauland: „Natürlich kommen zuerst die Deutschen dran, das ist unser Land und unser Volk.“

Insbesondere bei Claus Leggewie lösten diese Äußerungen heftige Widerworte aus. „Ihr Äußerungen erinnern mich an den Satz: ‚Meine besten Freunde sind Juden, aber ich bin Antisemit‘“, sagte der Politikwissenschaftler zu Gaulands Unterscheidung von Muslimen und dem Islam. Gauland sei ein politischer Unternehmer, der mit der Angst der Menschen spiele. „Hören sie auf zu zündeln“, fasste Leggewie seine Kritik unter Zustimmung der Runde zusammen. Zugleich verteidigte er den Multikulti-Ansatz, der von ihm vor Jahren nach Deutschland importiert worden war. „Deutschland kann Integration.“ Insgesamt sei die Einwanderung in Deutschland eine „vollständige Erfolgsgeschichte“.

„Der Islam“ existiert nicht

Tania Kambouri konnte die Einschätzung von der gelungenen Integration nur bedingt teilen. „Wir werden nicht anerkannt, gerade als Frauen“, berichtete die Polizistin griechischer Abstammung aus ihrem Arbeitsalltag in einem Bochumer Problemviertel. Insbesondere muslimische Männer würden ihr immer wieder mit mangelndem Respekt begegnen. Zudem seien bestimmte Straftaten wie das Antanzen fest mit bestimmten ethnischen Gruppen verbunden.

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Sineb El Masrar legte in der Diskussion großen Wert darauf, dass „der Islam“ nicht existiere. Salafisten und Islamisten vermittelten vielmehr nur eines von mehreren Bildern der Religion. Integration könne nur dann gelingen, wenn bei den Migranten und in ihren Familien der Wille dazu bestehe. „Für meine Eltern war wichtig: Aus unserer Tochter soll etwas werden“, sagte El Masrar. Allerdings sei auch die Gesellschaft gefragt, die entsprechenden Möglichkeiten zu bieten.

Ehrenamtliche Helferin: „Wir bluten alle gleich“

Jens Spahn kam in der Diskussion die Rolle zu, die Position der Bundesregierung darzustellen. In seiner Argumentation folgte der CDU-Politiker dem „Fördern und Fordern“-Ansatz, der auch dem Integrationsgesetz zugrunde liegt. Die Mehrheit der Flüchtlinge sei motiviert und bereit, sich zu integrieren, sagte Spahn. Der Minderheit, die daran kein Interesse habe, müsse aber klar gemacht werden, dass es so nicht gehe. „Wir dürfen für diese Hilfe auch erwarten, dass die Menschen versuchen, hier anzukommen“, sagte Spahn mit Blick auf die neuen Sanktionsmöglichkeiten.

Für interessante Einblicke sorgte zwischendurch Katharina Dittrich-Welsh, die als ehrenamtliche Helferin in einem trostlosen Viertel von Kaiserslautern arbeitet. Eindrücklich berichtete sie, wie die Stadt teile des Quartiers minimal sanierte, als Flüchtlinge einzogen. „Wenn wir besser leben als eure Ärmsten, ist es doch klar, dass die Menschen uns hassen“, zitierte Welsh die Migranten. Am Ende sei aber sowohl den armen Deutschen als auch den Flüchtlingen klar, dass sie gleichermaßen zur Gruppe der Ausgegrenzten gehörten. „Wir bluten alle gleich“, sagte Welsh. Und auch in einem anderen Punkt seien beide Gruppen gleich: „Alle wollen das gleiche: Ein besseres Leben für ihre Familien.“

Zur Ausgabe von „Maybrit Illner“ in der ZDF-Mediathek