Essen. Regisseur Dror Zahavi verfilmte für das ZDF das Attentat der Olympischen Spiele ‘72 und beeindruckt mit emotionalen Bildern. Unter anderem spielen Bernadette Heerwagen und Heino Ferch mit. Ferch ganz stark in der Rolle des Münchener Polizeichefs.
München leuchtet, vor allem im Frühsommer. Regisseur Dror Zahavi wählte diese Jahreszeit bewusst für seinen Film „München 1972“ (Montag, 19. März, ZDF, 20.15 Uhr). Die Sommersonne betont, wie hell und freundlich und bunt die Olympischen Spiele vor 40 Jahren wirken sollten. Umso schärfer wirkt der Kontrast zu den düsteren Ereignissen. Terror stoppte Toleranz. Beim Massaker von München erreichten die palästinensischen Attentäter ihr Ziel: maximale Aufmerksamkeit. Es war eine Blaupause für Nachahmer.
Auch Spielberg nahm sich München vor
Hollywood-Regisseur Steven Spielberg nahm sich das Thema mit seinem Film „München“ (2005) bereits zur Brust. Erzählt TV-Regisseur Zahavi die Kino-Geschichte schlicht nach – nur schlechter? Der in Israel geborene Wahl-Berliner hält prompt gegen: „Mit dem Spielberg-Film hat unser Projekt überhaupt nichts zu tun. Spielberg behandelt die Ereignisse nach dem Attentat, der Anschlag selbst wird in drei Minuten gezeigt.“ Spielberg erzählt von Israels Rache, Zahavi vom Attentat.
Es gibt gute Gründe, das Desaster von München zu einem Spielfilm aufzubereiten. Sicher, das Fernsehen war 1972 längst Massenmedium. Doch Zahavi setzt da an, wo Dokus notgedrungen aufhören. Wie fühlten sich die Geiseln, wie ihre Angehörigen? Wie gingen die Täter vor? Wie managten Polizei und Regierung die Krise?
Oft berührend, aber nicht immer
Zahavi erzählt konventionell chronologisch. Er liefert Szenen nach einem Drehbuch von Martin Rauhaus, die wahrhaftig sein wollen. Sie wollen auch berührend sein. Das gelingt oft, nicht immer. Die Szenen, in denen sich Polizei und Regierung beraten, wirken dröge wie ein Politikseminar.
Emotionaler erzählt Zahavi das Schicksal der Spitzers. Sie stehen stellvertretend für die Opfer und ihre Angehörigen: Fechttrainer André Spitzer (Pasquale Aleardi) und seine Frau Ankie (Esther Zimmering). Der Sportler glaubt an die völkerverbindende Idee des Sports. Vor dem Wettkampf wünscht der junge Vater seinen Konkurrenten aus dem Libanon per Handschlag alles Gute. Ausgerechnet der faire Wettkämpfer, bittere Ironie des Schicksals, bezahlt seine Offenheit mit dem Tod.
Tragödie vor dem Fernseher miterlebt
„Unser Thema ist das Missmanagement des Attentats von München“, sagt Zahavi, der die Tragödie als 13-Jähriger vor dem Fernseher miterlebt hat. „Der Hass war groß, und die Rache-Schreie waren laut“, beschreibt Zahavi die Reaktionen in seiner Heimat. „Wir hatten große Angst.“ Angst vor weiterem Terror.
Denn der bayerische Dilettantenstadl macht es der Gruppe Schwarzer September leicht. Sie will inhaftierte Mitglieder freipressen. Sicherheitsvorkehrungen gibt es nicht, ein Notfallplan fehlt. Münchens Polizeichefs (wunderbar bräsig: Heino Ferch) bürstet Bedenken ab. Für das Versagen der Behörden findet Zahavi ein eindrucksvolles Bild. Scharfschützen versuchen die Geiseln aus dem Appartement zu befreien. Zu poppigen Trainingsanzügen tragen sie Stahlhelme. Sie werden von Ober-Terrorist Issa (mit diabolischem Charme: Shredy Jabarin) und seinen Leuten erspäht. Sie hatten von der Aktion im Radio erfahren.
Essenerin als Vorbild
Schließlich gewährt Innenminister Genscher (zu weich: Stephan Grossmann) Terroristen samt Geiseln scheinbar freien Abzug. Tatsächlich ist die gewaltsame Befreiung der Geiseln geplant. Zahavi inszeniert das Fiasko auf dem Flugplatz von Fürstenfeldbruck nach den Regeln des Actionfilms. Insgesamt kommen elf Geiseln um, fünf Palästinenser, ein deutscher Polizist.
Der Film endet mit einem bitteren Abspann. Ankie Spitzer verlangt, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Behörden kaufen sich frei. Dennoch will Zahavi gerecht sein. Er stellt den überforderten Entscheidern eine sympathische Figur entgegen. Bernadette Heerwagen vermittelt als Jung-Polizistin Anna Gerbers zwischen Geiselnehmern und Behörden. Spontan übernimmt sie Verantwortung. Sie bewährt sich in der Stunde der Not. Für Gerbers gibt es ein Vorbild: die Essenerin Anneliese Graes.