Essen. Die zehnte Staffel der Pro7-Castingshow war ein kompletter Reinfall. Das gilt auch für das Finale. Die Sieger werden unter dem Namen “Melouria“ auftreten. Allerdings wird man sich diesen Namen kaum merken müssen. Das liegt nicht an den Mitwirkenden. Aber das Konzept der Castingbands ist Schnee von gestern.
Deutschland hat eine neue Castingband! Noch eine! „Melouria“ ist das Produkt der jüngsten Popstars-Staffel. Auf Welterfolge wie ihrerzeit die No Angels können die drei jungen Männer mit ihrer Sängerin wohl nicht hoffen, denn nur wenige TV-Zuschauer haben die 10. Staffel verfolgt. Und gerade dieser Ruhm vor dem Ruhm war bisher immer der Garant für zumindest einen bescheidenen Erfolg solcher Musikgruppen.
Die zehnte Staffel der Prosieben-Castingshow war, gelinde gesagt, ein Reinfall. Mittendrin, am 16. August, verfolgten nur 1,22 Millionen Zuschauer, wie ein paar junge Menschen ihren Traum von der Gesangskarriere zu verwirklichen versuchten. Als Konsequenz entschied der Sender, die Staffel früher zu beenden und die zwei Finalshows auf eine zu reduzieren. Es hätte sogar nur ein halbes Finale gereicht, so zäh floss es dahin.
Alex, Alessio, Stephanie und Cem – sie sind „Melouria“. Zu Beginn der Finalshow waren es noch 8 Anwärter auf die Bandmitgliedschaft, die dann nach und nach ausgedünnt wurden. Und hier die Kurzzusammenfassung: Auftritt, Jury, einer fliegt raus, Detlef D! Soest motzt das Publikum an, dass es zu laut ist, einer ist in der Band und weint. Flo Rida singt über Oralverkehr. Auftritt, Jury, einer fliegt raus und weint, D! motzt, einer ist in der Band. Auftritt, Jury, Jury weint, einer fliegt raus, einer ist in der Band. D! motzt, Auftritt, Zuschauer rufen an, Loreen jault, einer ist in der Band, einer ist draußen, alle weinen. Applaus!
„Melouria“ klingt schön, besser jedenfalls als „Softrebel“ oder „Mixtape“
„Melouria“ heißen die vier jetzt. Ein Fantasiename, der vielleicht, so Googles Vorschlag, von dem kleinen Felsen im Tyrrhenischen Meer namens Meloria abgeleitet sein könnte. Was das jetzt mit dem Selbstverständnis der Band zu tun hat? Ach, ist doch egal. „Melouria“ klingt schön, besser jedenfalls als „Softrebel“ und „Mixtype“, die beiden anderen Vorschläge, zwischen denen die potenziellen Popstars wählen mussten. Eine schwere Entscheidung. Oder wie Moderatorin Nela Panghy-Lee meinte: „Der Bandname ist ja auch unglaublich wichtig.“
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Merken müssen Sie sich diesen Namen allerdings nicht. „Melouria“s Halbwertszeit ist mit dem Ende der Staffel schon fast abgelaufen. Früher, zu den Blütezeiten der Castingshows, als noch Tausende Fans die Unterkünfte „ihrer“ Popstars-Kandidaten belagerten, wurden die Käufer zum Plattenvertrag quasi mitgeliefert. Die Show an sich, in der die Teilnehmer den Zuschauern mit jeder Folge vertrauter wurden, in der sie mitlitten, wenn ihr Kandidat kritisiert wurde, sich freuten, wenn er weiterkam, und schließlich fleißig die Konzerte besuchten und die Alben kauften, die sind vorbei.
Keine Zuschauer, keine Fans - kein Erfolg
Keine Zuschauer, keine Fans, keine verkauften Songs, so einfach ist die Rechnung. Auch während der Finalshow wurde man den Eindruck nicht los: Die wenigen Menschen, die da im Publikum sitzen, das sind doch alles nur stolze Muttis und Vatis! Ein bisschen wenig für echten Erfolg.
Kommt bei Ihnen gerade auch ein wenig Mitleid hoch? Bei mir schon. Also will ich nicht so fies sein und zumindest sagen, wie die erste Single von „Melouria“ heißt, nämlich „How do you do?“ Fünfte-Klasse-Englisch, nun gut, aber Popmusik muss nicht immer tiefgründig sein. Und Ohrwurmcharakter hat die Coverversion des Roxette-Songs auch, immerhin. Wenn Sie das Lied demnächst mal im Fahrstuhl oder beim Autofahren hören, denken Sie daran: Die Vier können auch nichts dazu, dass Castingbands Schnee von gestern sind.
Miese Quoten
Das Finale der zehnten "Popstars"-Staffel von ProSieben haben am Donnerstagabend im Durchschnitt nur 1,54 Millionen Zuschauer gesehen. Der Marktanteil lag bei 5,5 Prozent, bei den 14- bis 49-Jährigen bei 9,9 Prozent (1,08 Millionen), wie der Sender am Freitag auf dapd-Anfrage mitteilte. Beim Start hatte die Castingshow noch knapp zwei Millionen Zuschauer und rund 7,6 Prozent Marktanteil.
Die zehnte Staffel hat aber insgesamt die niedrigste Einschaltquote von allen gehabt mit einem Schnitt von 1,53 Millionen und einem Marktanteil von 5,6 Prozent; in der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen waren es 1,11 Millionen und 10,6 Prozent. Die neunte Staffel vor zwei Jahren hatte noch im Schnitt 2,33 Millionen Zuschauer und einen Marktanteil von 7,9 Prozent, bei den 14- bis 49-Jährigen 1,83 Millionen und 15,1 Prozent.