Essen.. Der Druck auf Markus Lanz war enorm. Über die Petition, die seinen Rücktritt fordert, machte er bei “Wetten, dass..?“ Witze. Doch die Quote zur ersten Ausgabe des ZDF-Showklassikers dürfte ihm neuen Gegenwind bescheren. 6,31 Millionen Zuschauer schalteten ein - so wenige wie noch nie.
Markus Lanz möchte es "ruhiger angehen lassen." So begrüßte er am Samstagabend das Publikum bei "Wetten, dass..?" im ZDF. Und der Moderator schob vielsagend hinterher, dass ihm das "mit Blick auf die vergangenen Tage" auch "ganz hervorragend gelungen" sei.
Die Karlsruher Stadtwette nutze er kurz darauf, um sich ein weiteres Mal über die Online-Aktion "Raus mit Markus Lanz aus meinem Rundfunkbeitrag!" lustig zu machen. 100 Menschen sollten im Bauarbeiter-Outfit zur Halle kommen und zum Song YMCA der Band Village People tanzen. "Wenn Sie sagen, ich bin Karlsruher und mir stinken diese Baustellen, dann machen Sie entweder eine kleine Online-Petition oder kommen Sie einfach hierher", spottete der Moderator.
Zum Hintergrund: Die Petition, die das ZDF auffordert Markus Lanz zu entlassen, startete die Leipzigerin Maren Müller. Sie war wütend über das Wagenknecht-Interview in seiner Talkrunde. Dort ließ der Moderator die Politikerin kaum ausreden. Das verärgerte die Zuschauer. Lanz selbst hatte sich am Donnerstag zu Wort gemeldet. "Wenn das energische Nachfragen zu rustikal und sogar persönlich war, dann bedaure ich das", sagte er. Auch telefonisch entschuldigte er sich brav vor "Wetten, dass..?" bei Sahra Wagenknecht. Die Zahl derjenigen, die die Petition unterzeichnet haben, stieg trotzdem während der Sendung auf mehr als 200.000 an.
ShitstormLanz hielt sich zurück
Der Druck auf Markus Lanz war also enorm. Das wäre aber auch ohne die jüngste Debatte so gewesen. Die Quoten sind schlecht, die Presse noch schlechter. Der letzten "Wetten, dass..?"-Ausgabe im vergangenen Jahr warfen vor allem Twitter-Nutzer Rassismus vor. Der Anlass war, dass die Augsburger aufgefordert wurden, sich als Jim Knopf zu verkleiden, wobei sie dazu ihre Gesichter schwarz anmalen sollten.
So war die Frage des Samstagabends: Was macht ein Moderator, bei dem jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird? Darüber hatte wohl auch Markus Lanz vor der Live-Sendung nachgedacht. Denn er nutzte einige Gelegenheiten, um sich außer Sichtweite der Fernsehzuschauer zu bringen. Da schien es ihm durchaus recht, dass Atze Schröder unfreiwillig den Job als neuer Co-Moderator übernahm. Auf die Hilfe von Cindy aus Marzahn und Michelle Hunziker konnte Markus Lanz immerhin nicht mehr zählen. Beide sind weg.
Atze Schröder hingegen löste den Moderator gleich zu Beginn mit einer Stand-Up-Nummer vor der Kamera ab. Dann durfte der Comedian auch noch mit Ex-Boxerin Regina Halmich schwatzen, die Patin für die Stadtwette war. Spannender wurde die Show dadurch nicht. Seine klischeehaften Witze über Frauen und Männer zündeten nicht mal beim Hallen-Publikum, das nur zaghaft lachte.
Markus Lanz spielt Bauarbeiter
Originelle Wetten und seichte Gespräche
Komischer als Schröder war sogar Hans Sigl. Der Bergdoktor-Darsteller bewies, dass in ihm ein echter Entertainer steckt. Mit Peter Maffay, den Lanz den "deutschen Bruce Springsteen" nannte, steuerte er zudem ein kleines Highlight zur Sendung bei. Er sang den Maffay-Hit "Über Sieben Brücken musst du geh'n".
Ansonsten war nicht viel los auf der Couch, was sehenswert gewesen wäre. Die Gespräche waren seicht bis belanglos. Schauspieler Liam Neeson kündigte Lanz sogar mit den Worten "hier kommt Hollywood" an. Souverän war das nicht. Das Gespräch mit dem US-Star war dann kurz und knapp. Und schon war Hollywood wieder aus der Sendung verschwunden. Für Neeson ging es weiter nach Paris. Als Max Kruse in die Halle kam, stimmte das Publikum zwar Fangesänge an, aber viel zu erzählen hatte der Fußballer nicht.
Im Netz wird wieder gespottet
Die schwangere Yvonne Catterfeld reagierte auf Lanz gereizt. Verständlich. Er bediente sich mehrfach der Floskel: "Falls du das noch kannst." Dass Catterfeld nicht mit Samthandschuhen angefasst werden will, gab sie Lanz daraufhin deutlich zu verstehen. "Sag mal, ich bin doch nicht behindert", entgegnete sie. Matthias Schweighöfer als Außenreporter wirkte ebenfalls blass.
Für Lanz lief es den ganzen Abend nicht rund - und das nicht nur in der Halle. Im Netz erntete der Moderator auf Twitter wieder viel Spot und Häme.
Online-PetitionWetten mit Stecknadeln und Ski-Piste
Darüber war schnell vergessen, dass es eigentlich die Wetten sind, um die es geht. Und die waren wieder originell. René Albert versuchte aus mehr als drei Meter Entfernung, Flaschen in einen Pfand-Automaten zu werfen. Das war auch der Moment, indem das Studio-Publikum zum ersten Mal richtig auftaute. Der Wettkandidat bekam viel Applaus. Der elfjährige Fußballfan Kolja Thomas erriet Fußballer anhand ihrer Frisuren.
Tanja Hänsel wettete, dass sie sich die Anordnung von 1110 Stecknadel merken kann. Willi Stengg wollte mit einem Auto die Skiabfahrts-Piste schneller hochfahren, als der Skirennläufer Hermann Maier runter. Und Joshua Schütze sprang drei Leitern auf einem Bein hoch, um sechs Glühbirnen in ihre Fassungen zu drehen. Aber genauso wenig darf man vergessen, dass es eben auch die prominenten Gäste und ein charismatischer Moderator waren, die "Wetten, dass..?" unter Gottschalk zu einem Erfolg gemacht haben. Der Mix war entscheidend.
Die aktuelle Petition richtet sich zwar in erster Linie gegen die Talkrunde, aber sie könnte auch genauso gut "Wetten, dass..?" gelten. Die Sendung ist ein Auslaufmodell, das Markus Lanz nicht retten kann. Das ist das Problem, das er von Anfang an hatte, seit er die Samstagabendshow moderiert. Das Lanz-"Bashing", das die Leute im Netz betreiben, ist der Höhepunkt dieses Abwärtstrends.
Die "Wetten, das..?"-Quote erreichte derweil einen neuen Tiefpunkt: 6,31 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 19,4 Prozent) schalteten die Sendung am Samstagabend um 20.15 Uhr ein. Den bisherigen Negativrekord hatte der 44-jährige Nachfolger von Thomas Gottschalk im November 2013 mit 6,55 Millionen Zuschauern erreicht. Das RTL-Dschungelcamp "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" lag am späteren Abend um 22.15 Uhr mit 8,33 Millionen Zuschauern (31,1 Prozent) einmal mehr einsam an der Spitze. (mit dpa)