Essen/Hamburg. Vor dem Start der Netflix-Doku „Das Hausboot“ verrät Fynn Kliemann, wie man gute Handwerker erkennt - und warum er nun sein eigenes AirBnB plant.

  • 2018 haben Heimwerkerkönig Fynn Kliemann und Singer-Songwriter Olli Schulz das Hausboot des verstorbenen Sängers Gunter Gabriel gekauft, um es zu einem Ort für Kreative und Musiker umzubauen: samt Tonstudio und Bühne auf dem Sonnendeck.
  • Die Renovierung war dabei deutlich umfangreicher und teurer als geplant und sorgte auch für Zwist zwischen den beiden Künstlern.
  • Besonderes Pech: Durch die Corona-Pandemie kann das Boot derzeit nicht wie geplant an Bands und Künstler vermietet oder für Konzerte genutzt werden.
  • Der gesamte Umbau wurde von Netflix begleitet: Der Streamingdienst bringt „Das Hauboot“ am 9. März als vierteilige Doku-Serie heraus.

Die Zuschauer leiden mit, ganze vier Folgen lang: Denn Alleskönner Fynn Kliemann und Singer-Songwriter Olli Schulz haben den Umbau des ehemaligen Hausboots von Gunther Gabriel maßlos unterschätzt, das wird nach kurzer Zeit klar. Schimmel, marode Leitungen, containerweise Schrott: Am Ende steht vom Ursprungsboot nur noch das Metall-Gerippe. Zum Aufgeben ist es da längst zu spät.

Zwar werden die beiden schließlich mit jenem kreativen Schaffensort für Künstler und Musiker belohnt, den sie sich erträumt haben - können aber durch die Corona-Pandemie bis heute kaum jemanden daran teilhaben lassen. „Wir würden das beide nicht nochmal machen, es war zwischendurch die Hölle“, verrät Fynn Kliemann im Interview zum Start von „Das Hausboot“.

Vom ursprünglichen Hausboot ist am Ende des Umbaus kaum noch etwas übrig: Warum habt ihr nicht gleich ein neues Boot gebaut?

Fast zwei Jahre lang haben Fynn Kliemann und Olli Schulz gemeinsam mit einem Handwerker-Team das frühere Hausboot von Gunter Gabriel umgebaut: Vom Ursprungsboot ist dabei kaum etwas übrig geblieben.
Fast zwei Jahre lang haben Fynn Kliemann und Olli Schulz gemeinsam mit einem Handwerker-Team das frühere Hausboot von Gunter Gabriel umgebaut: Vom Ursprungsboot ist dabei kaum etwas übrig geblieben. © Netflix | Netflix

Fynn Kliemann: Jaja, das mussten wir uns schon häufig fragen lassen. Aber ich habe schon oft entgegen aller Tipps und Hinweise anderer Recht gehabt. Und ja okay, genauso oft auch Unrecht. Aber grundsätzlich hast du immer eine Fifty-fifty-Chance bei Schnäppchen: Ein günstiges Haus kann einen nassen Keller haben und dennoch leicht saniert werden. Die Leute sind meistens zu pessimistisch. Ich gebe gebrauchten und alten Orten gerne eine zweite Chance. Falls ich mir noch ein Boot kaufe, bin ich aber deutlich vorsichtiger.

Würdet ihr das Projekt mit dem Wissen noch einmal stemmen?

Ich würde es auf keinen Fall nochmal machen, obwohl das Ergebnis für vieles entschädigt. Es war zwischendurch die absolute Hölle und Olli sieht das genauso. Du bist gefangen in der Werft und kannst nichts machen, bist komplett angewiesen auf die anderen. Das war für mich das Schlimmste...

Da du ja sonst eigentlich alles selbst machst: Schweißen, bauen, flexen: Gibt es überhaupt ein Handwerk, von dem du lieber die Finger lässt?

Auf jeden Fall: Einen Sicherungskasten würde ich nie selbst anschließen wollen, Heizungsrohre und Gas mag ich auch nicht. Ich habe ein paar Mal wirklich übel einen gewischt bekommen, daher lasse ich alles, was mit Starkstrom zu tun hat.

Wenn du dir Hilfe holst: Woran erkennst du einen guten Handwerker?

Ob jemand sein Handwerk beherrscht, merkt man natürlich erst während der laufenden Arbeit. Viel wichtiger sind aber Zuverlässigkeit und das Gefühl, dass die Person Bock hat auf das, was sie tut. Wenn etwas in die Hose geht – und das passiert auf dem Bau ja oft – ist es wichtig, miteinander reden zu können. Ansonsten vertraue ich auf mein Bauchgefühl. Mittlerweile habe ich ein eigenes fest angestelltes Team aus Tischlern und Elektrikern, das mich bei meinen Projekten unterstützt.

Die Unterstützung kannst du sicher gut gebrauchen: Du bist nicht nur Hausboot-Besitzer sondern hast mittlerweile auch das kleinste Haus Deutschlands in Bremen und eine abgerockte Ferienanlage aus DDR-Zeiten in Koldenhof gekauft: Warum?

Ich möchte eine Art eigenes, nachhaltiges und bezahlbares AirBnB in Deutschland aufbauen - an Orten, die spannend sind und die sonst keiner haben möchte. Diese Orte bauen wir so um, dass sie sich weitgehend selbst versorgen – beispielsweise mit Solaranlagen und einer eigenen Regenwasseraufbereitung. Meine Freundin und ich haben uns grad einen Minivan gekauft. Den bauen wir jetzt um und machen uns danach auf den Weg quer durch Deutschland auf die Suche nach solchen Orten.

Auch euer Hausboot ist nach Corona mietbar. Haben schon viele Künstler angefragt?

Olli Schulz (l.) und Fynn Kliemann haben das frühere Hausboot von Gunter Gabriel in monatelanger Arbeit umgebaut.
Olli Schulz (l.) und Fynn Kliemann haben das frühere Hausboot von Gunter Gabriel in monatelanger Arbeit umgebaut. © Netflix | Netflix

Wir hatten schon einige Anfragen, ja, durch Corona kann aber grad niemand herkommen. Ich kenne ja nur Untergrund-Bands, Olli ist da deutlich besser vernetzt und ruft mal eben Rammstein an. Wir schauen uns gerade einige Liegeplätze an, um in der nächsten Openair-Saison 2022 Kanu-Konzerte zu veranstalten. Dazu laufen gerade die Vorbereitungen.

Was passiert mit dem Boot in Coronazeiten? Wohnst du da zeitweise?

Nee, wir haben Hühner, ich kann Zuhause ja nicht weg. Aber wir wollen das Boot in den nächsten Wochen und Monaten für einige Podcast-Formate nutzen, dann können wir das Tonstudio auch gut nutzen.

Vom Ursprungsboot ist kaum etwas geblieben: Was sagt eigentlich Gunter Gabriels Tochter Yvonne zu dem umgebauten Boot, sie hat es schließlich an euch verkauft?

Wegen Corona konnte sie bislang nicht kommen, seit der Fertigstellung geht ja praktisch nichts. Aber sie hat einige Bilder aus der Doku gesehen und ich glaube, sie findet es schön. Ich kannte Gunter Gabriel ja gar nicht richtig, ich fand das Boot cool. Was da auf uns zukommen würde, habe ich aber nicht geahnt.