Haldern. Beim 31. Haldern Pop Festival überzeugte am Freitagabend Sam Smith die Kritiker, die ihn als zu kommerziell für dieses Festival erachteten. Gelungene Auftritte auch von Stephan Eicher, Black Lips sowie Boy & Bear. Und wer ist eigentlich diese “Pitty Smith“?
Ist dieser Sam Smith nicht viel zu kommerziell für Haldern Pop? „Very Cheesy“ würde ein Engländer dazu sagen. Aber ein Blick auf die am Freitagabend im Regen tanzende Menge vor der Hauptbühne sagte alles: Der englische Chartstürmer kann auch ein durchaus anspruchsvolles Haldern Pop-Publikum fesseln. Hits wie „La La La“ oder „Money on My Mind“ luden zum kollektiven Tanz ein. Selbst, wenn man die Musik viel zu sehr als Mainstream erachtet, musste man doch anerkennen: Er ist ein hervorragender Sänger und hat patente Musiker in seiner Band. Seine helle, fast feminine Stimme wurde von tanzbaren Melodien mit viel Groove ummantelt.
Zur „zweitbesten Sendezeit“ trat danach der Schweizer Stephan Eicher auf. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Himmelstore beachtlich weit geöffnet. Es schüttete. Das hielt viele Festivalbesucher davon ab, dem erfahrenen Musiker zu folgen. Zunächst entfachte Eicher mit seinen vielseitigen Instrumentalisten (Bläser, Streicher etc.) ein bisschen Lagerfeuer-Stimmung. Alle rückten eng zusammen. Das war längst nicht nur Chanson-Pop. Das war Weltmusik.
Auch Ewert And The Two Dragons fingen in Haldern klein an
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Nicht fehlen durfte der aus dem Jahr 1980 stammende Hit „Eisbär“, der Eicher in der Band Grauzone im Zuge der Neuen Deutschen Welle Aufmerksamkeit einbrachte. Der Schweizer ist heute musikalisch Meilen vom Eisbär entfernt und dennoch brachte er ihn charmant abgewandelt ein. Sympathisch. Im Verlauf des Konzertes folgten die üppiger arrangierten Stücke, sogar ein „Papa Was a Rolling Stone“ floss ein.
Ja, Ewert And The Two Dragons sind auch so eine Band, die klein beim Haldern Pop anfingen, als sie vor zwei Jahren in der Pop Bar spielten. Inzwischen haben die Esten internationales Format. Ihren melodiösen Gitarrenpop könnte man als Beatles 2014 sehen.
Black Lips aus Atlanta versöhnen Fans alternativer Musik
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Im Spiegelzelt begeisterten Boy & Bear mit melodischem Folk-Rock. Vor allem die Gitarrensoli erzeugten Gänsehaut. Sänger Dave Hosking wird den Abend in Erinnerung behalten, wurde ihm doch im Zelt ein Kind geboren. Eine Schönheit aus Luftballons. Hosking nahm dankend an.
Um Mitternacht wurde die Punkrock-Seele befriedigt: Es sind Bands wie Black Lips aus Atlanta, die für die Besucher mit eher alternativem Musikgeschmack die vielen Sing-Songwriter (oder auch Sam Smith) erträglich machen. Mal einmal in den niederträchtigen, dreckigen Winkel der Seele abtauchen, das geht mit Black Lips. Herrlich frech diese Jungs. Gitarren und Bläser pusten einem die Ohren frei.
Volksfeststimmung im Dorf
Ry X wäre im Spiegelzelt fast von seinem eigenen Bass geschluckt worden. Seine minimalistischen Klänge gingen zunächst im Bombast unter. Spätestens zu den Hits „Berlin“ und „Howling“ passte der Ton und das Publikum feierte den Australier. In der Nacht folgte der elektronischere Auftritt von Ry X in der Formation The Acid.
Seit es die Kirchenkonzerte im Dorf gibt, ist die Verbindung zum Ortskern wirklich sehr lebendig. Besonders am Freitag-, aber auch am Samstagvormittag herrschte eine herrliche Volksfeststimmung rund um den Lindenplatz. Bestimmt haben sich auch Menschen darüber ausgetauscht, auf welches Konzert am Samstag sie sich am meisten freuen. Für Hozier würden sicher einige an der Spiegelzelt-Schlange anstehen. Und für die Hauptbühne am Abend macht sich die Legende bereit: Patti Smith. Ein Niederländer, der völlig unvorbereitet zum Festival kam, fragte den Redakteur noch um Rat: „Was ist denn mit dieser Pitty Smith? Die soll doch gut sein.“ Ja, das sagt man sich.