Duisburg. Sein Haar ist komplett verschwunden, den Stil aber kann die Zeit ihm nicht rauben: Midge Ure & Co lassen die alten Synthie-Pop-Zeiten im Duisburger Theater am Marientor noch einmal aufleben.

Sein Haar ist komplett verschwunden, den Stil aber kann die Zeit ihm nicht rauben, diesem Midge Ure, der nun mit seiner Band Ultravox zurückkehrte, um die goldene Ära des New-Wave-Pop aufleben zu lassen. Ein Abend reiner Nostalgie, der streng zwischen 1980 und '84 pendelte, als das Pathos noch grenzenlos und die Stimmung auf etwas unbekümmertere Weise düster war.

Ultravox sind nicht die ersten Großen ihrer Zeit, die sich wieder zusammenraufen: OMD spielten erst vor zwei Jahren live ihr '81er-Album „Architecture & Morality”, Human League kurz darauf „Dare”. Es ist beinahe, als ob der Zeitgeist angesichts von Weltwirtschaftskrise und Zukunftsangst wieder reif wäre für einen Hauch von Kaltkriegspop, der seinerzeit einen Höhepunkt im pathetischen, schön kitschigen „Dancing With Tears In My Eyes” fand, einer Liebeshymne im Angesicht der atomaren Katastrophe.

Synthielastigkeit des Sounds

Doch wir wollen nicht vorgreifen: Zu Beginn dieses Abends glühen zwar nur vier Laptop-Logos im Dunkel der Bühne im Theater am Marientor, untrügliches Zeichen für die Synthielastigkeit des Sounds. Dennoch ist Ultravox keine Konservenband. Die Keyboards werden genauso live gespielt wie Gitarre, Bass, Schlagzeug und Violine.

Es ist eine angenehm aufrechte Haltung, die Ultravox auf ihrer „Return To Eden”-Tour an den Tag legen, ohne das Bestreben, kurz die größten Hits abzufeuern, Geld einzustecken und zu verschwinden. Sie beginnen mit dem Instrumental „Astradyne”, das wie eine Sternenreise klingt und die erfolgreiche Phase der Band einleitete. Als Midge Ure zu „Passing Strangers” auftaucht, mit Glatze, schwarzem Hemd und weißer Brille, ist man zwar bei einem guten Song angelangt, der aber noch aus der Zeit vor dem Durchbruch der Band stammt. Überhaupt bleibt der erste Teil des Konzerts maßgeschneidert für Kenner, was sich daran zeigt, dass das beklemmende, geradezu minimalistisch klingende „Mr. X” gespielt wird, bei dem Schlagzeuger Warren Cann dann den Gesang übernimmt.

Keine jungen Dandys mehr

Der Reiz von Ultravox liegt aber meist im Zusammenspiel von Midge Ure und Keyboarder Billy Currie. Der kommt zum ersten Mal richtig zum Tragen bei „I Remember (Death In The Afternoon)”, bei dem Currie dramatisch in die Tasten des E-Pianos schlägt und Ure das Pathos des Gesangs voll auslebt.

Zum Schluss kommen sie doch noch, in geballter Form, die Popmonumente „Vienna”, „Reap The Wild Wind” und „Dancing With Tears In My Eyes”, bei dem man Midge Ures Stimme, die bis dahin alles mit Bravour gemeistert hat, leider doch anmerkt, dass sie nicht mehr so in die Höhen kommt wie in den Tagen, als er noch ein junger Dandy war.

Ure beweist Selbstironie

Und hier erst traut sich die Menge nach vorne – das bestuhlte Theater am Marientor liefert zwar einen exzellenten Sound, erweist sich aber dank seiner Plüschigkeit und dank des Bierverbots im Innenraum als echter Stimmungsdämpfer.

Dabei sind sie doch noch gar nicht so alt, die Fans von Ultravox, auch wenn die Hits der Band ein Vierteljahrhundert überstanden haben. Ure beweist sogar Selbstironie, als er nach „Hymn” scherzt, er habe sich vor der Zugabe noch mal eben schnell die Haare kämmen müssen.

Und so steht er da, beim letzten Song, kraftstrotzend, glücklich, als wäre sie für ihn geschrieben, die Zeile „Look at the power of the voice”. Aber das ist sie ja auch.

Ultravox live: 21. April 2010, Köln, Musical Dome