Essen. Sting und Robert Sadin bieten mit dem Album "If On a Winter's Night" eine akustische Meditation über die verschiedenen Aspekte des Winters mit Weihnachten als zentralem Ereignis. Ein stimmungsvolles Werk, das vor allem in Gänze wirkt.

Sie hat viele Türen – die Welt, in die Sting mit seinem neuen Werk “If On a Winter’s Night …” einlädt. Ein Zugang wird jene ansprechen, die einfach nur Ruhe brauchen und eine unaufgeregte musikalische Untermalung in der Stille mögen. Dann gibt es die Tür, die diejenigen öffnen, die mit dem britischen Gentleman musikalisch gealtert sind und deren gewandelten Ansprüchen der ehemalige Police-Frontmann gerecht wird. Weniger die Musik als vielmehr der ungewöhnliche religiöse Diskurs ist es, der wieder andere anlockt. Eine vierte Tür eröffnet sich literarisch Interessierten, die Lyrik in musikalischer Form mögen, die sich näher mit den Texten und Symbolen beschäftigen wollen. Und schließlich können Melancholiker ihre bevorzugten Emotionen gleich noch hinter Tor Nummer fünf verstärken lassen.

Eine akustische Meditation über die verschiedenen Aspekte des Winters mit Weihnachten als zentralem Ereignis bieten Sting und der Dirigent und Produzent Robert Sadin auf dem neuen Konzeptalbum. Mit vielen Gastmusikern von Dominic Miller über Chris Botti über Daniel Hope greift Sting der Popkultur eher unbekannte oder vergessene Weihnachts- und Winterlieder aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen auf und passt sie in ein schlüssiges Gesamtwerk ein.

Entspannende Klänge, düstere Texte

Ob das baskische Weihnachtslied aus dem 14. Jahrhundert „Gabriel’s Message“, das mit gälischer Musik untermalte Gedicht von Robert Louis Stevenson „Christmas At Sea“ oder Henry Purcell’s „Cold Song“ aus der Oper „King Arthur“ – die Stücke bekommen ein Gewand aus Klassik, Jazz, Folk und Kirchenmusik meist mit sanften, unaufdringlichen Percussions und vielen Streich- und Blasinstrumenten. Unter den 15 Stücken auf der CD hat Sting zwei selbst geschrieben – „Lullaby For An Anxious Child“ und „The Hounds Of Winter“. Sie erinnern auch am ehesten an seinen sonst typischen Sound, ohne aus dem Gesamtkonzept auszubrechen. Stings Stimme hat natürlich den bekannten hellsanften und zugleich leicht rauchigen Klang, aber der Brite singt in vielen Stücken klassischer als sonst, was der Religiosität dieser Lieder entgegen kommt.

Bei dem einen Stück glaubt man, das letzte Laub vom Baum fallen zu sehen. Bei einem anderen stellt man sich vor, aus dem fahrenden Zug die vorbeifliegende Schneelandschaft zu beobachten. Nach jedem weiteren Lied steigert sich das Bedürfnis nach einer kuscheligen Decke und einem warmen Tee. Doch die Texte spiegeln diese musikalische Gemütlichkeit nicht wieder. Sie handeln von düsteren Themen, den Kehrseiten, der Einsamkeit.

Musik, die Aufmerksamkeit verlangt

Höhepunkte auszuwählen würde dem Ganzen nicht gerecht werden. Der jetzt zeitweise Vollbart tragende Weltstar – passt ja zum Winterthema – bittet den Zuhörer über die gesamte Länge von gut 50 Minuten um Aufmerksamkeit. Nur dann wird die zurückgezogene Musik ihre zutiefst entspannende, besinnliche Wirkung entfalten. Radiotaugliche Pop-Musik ist das nicht.

Sowohl das Beiheft als auch die DVD, die der limitierten Sonderedition beiliegt, führen in die Entstehung des Albums ein und bieten Hintergründe zu den einzelnen Liedern. Sting gibt Einblick in seine religiösen Ansichten, indem er einen Diskurs zur Weihnachtsgeschichte vorhält. Er erklärt, warum klassische Weihnachtslieder nicht in seine ambivalente Sicht auf Weihnachten passen. Für den 58-Jährigen ist diese Zeit nicht nur ein fröhliches, besinnliches Zusammensein; er denkt auch an die Einsamkeit, die auf „If On a Winter's Night ...“ durchaus zum Ausdruck kommt.