Essen. .

Sie schrieben Musikgeschichte, prägten das Lebensgefühl einer Generation, und auch mehr als 40 Jahre nach ihrer Auflösung bieten die Beatles noch Gesprächsstoff – zum Beispiel für Rolling Stone Keith Richards. Im Mai ließ er in der US-Fernsehshow „Late Night With Jimmy Fallon” keinen Zweifel daran, dass es zwischen den Bands keinerlei Feindschaft gegeben hat.

„Es war exakt das Gegenteil.“ Wenn Paul oder John anriefen und sagten, dass ihre neue Single „Day Tripper“ aufgenommen, aber noch nicht abgemischt sei, die Stones aber ihr „Paint It Black“ komplett fertig hatten, dann einigte man sich. „Okay, ihr zuerst.“ So kamen sie sich mit den
Nr. 1-Hits nicht in die Quere.

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Der angebliche Dauer-Clinch zwischen den Beatles und den Stones war ebenso erfunden wie Yoko Onos Hauptrolle beim Auseinanderbrechen der Band. John Lennon ließ es sich noch zu Beatles-Zeiten nicht nehmen, mit Keith Richards, Eric Clapton und Hendrix-Drummer Mitch Mitchell das Beatles-Stück „Yer Blues“ aufzunehmen. Und Yoko Ono brauchten die Beatles 1970 schon gar nicht, um sich zu trennen. Sie hatten vier so unterschiedliche Persönlichkeiten entwickelt, dass sie keine gemeinsame Zukunft mehr sahen.

Begonnen hatte alles am 6. Juli 1957, als der 15-jährige Paul McCartney bei einem Kirchenfest in Liverpool den 16-jährigen John Lennon und seine Quarry Men Skiffle Group traf. „Trotz seiner Koteletten wurden wir bald dicke Freunde“, schrieb McCartney später im Vorwort zu Lennons Buch „In seiner eigenen Schreibe“.

Tickets kosteten 10 Mark

Nichts ernst nehmen außer der Musik – auch das wurde für die Band, zu der 1958 Gitarrist George Harrison und 1962 Drummer Ringo Starr stießen, zum Markenzeichen. „Was halten Sie von Beethoven?“ wurde Ringo in den USA gefragt. „Er ist toll. Besonders seine Gedichte.“

Die Beatles hatten in Hamburg auf der Reeperbahn nächtelang durchgespielt, weltweit Konzerte

Grafiker Klaus Voormann bekam für das Album-Cover einen Grammy.
Grafiker Klaus Voormann bekam für das Album-Cover einen Grammy.

gegeben, millionenfach Platten verkauft und standen 1966 am Scheideweg. Sie hörten sich auf der Bühne oft selbst nicht mehr, so ohrenbetäubend kreischten die Fans.

100-Watt-Verstärker für die beiden Auftritte am 25. Juni 1966 in der Essener Grugahalle – das war zu wenig. Die Beatles wurden gefeiert, als kämen sie von einem anderen Stern. Dabei spielten sie nur exakt „28 Minuten und 30 Sekunden“, schrieb damals die „Westfälische Rundschau“. Für zehn bis 20 Mark gab es die Tickets.

Künstlerisch arbeiten, sich musikalisch entwickeln – das war das Ziel der Beatles, als sie das Kapitel Tourneen beendeten. Im Candlestick Park in San Francisco gaben sie am 29. August 1966 ihr letztes öffentliches Konzert. Nur Tage zuvor hatten sie das bahnbrechende Album „Revolver“ veröffentlicht, das der „Musikexpress“ 40 Jahre später als „das beste britische Pop-Album aller Zeiten“ bezeichnete.

Ideen und Innovationen

Eine Langspielplatte, die nur so strotzte vor Ideen und Innovationen. Kein jungenhaftes „She Loves You“ mehr, sondern eine musikalische Überraschung nach der anderen: das rockige „Taxman“ mit akzentuiertem McCartney-Bass, das wehmütig-klassische „Eleanor Rigby“ mit seinen Streichern, das tagträumende „I‘m Only Sleeping“ mit Harrisons rückwärts laufender Gitarrenstimme. Und andere Kostbarkeiten...

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Von DerWesten

Gerade einmal acht Jahre lang von 1962 bis 1970 veröffentlichten die Beatles ihre Platten. Diese kurze Zeit reichte, die Band zum unsterblichen Mythos werden zu lassen. Sie revolutionierten nicht nur die Musik, sondern gaben der Jugend der 60er-Jahre weltweit ein eigenes Selbstbewusstsein jenseits der damaligen Erwachsenenwelt.

Das Wort „Beatle“ hielt in der Bundesrepublik Einzug in den „Duden“ als Bezeichnung für Langhaarige. Väter wurden 1966 zum Schuldirektor bestellt, weil ihre langhaarigen Söhne angeblich das Ansehen der Lehranstalt schädigten. Es sollte noch lange dauern bis zur breiten gesellschaftlichen Anerkennung der Beatles und ihrer Verdienste.

Die großen Vorbilder der Szene

Musikalisch setzte die Band zeitlose Maßstäbe. Als 2009 die „Beatles Box“ mit 14 digital überarbeiteten Alben erschien, schnellte sie in Deutschland auf den 3. Platz der Verkaufscharts – und das bei einem Preis von knapp 200 Euro. Es gibt kaum Musiker, die nicht erklären, von den Beatles begeistert oder beeinflusst worden zu sein. Komponist Karlheinz Stockhausen nannte sie „die wichtigsten Mittler zwischen U- und E-Musik“ im 20. Jahrhundert.

„Die Beatles klangen wie nichts sonst. Jede Platte war ein Schock, als sie herauskam“, sagte der britische Musiker Elvis Costello, während Foo Fighters-Frontmann Dave Grohl kürzlich verriet, dass er mit Beatles-Songs Gitarre spielen lernte.

Ringo Starr spielt wie McCartney bei Auftritten natürlich auch Beatles-Stücke wie etwa „I Wanna Be Your Man“. Dann spricht er aber immer mit Augenzwinkern von „dieser anderen Band, in der ich war“. Und meint natürlich nicht die Rolling Stones. Die diesen Song 1963 allerdings als Erste veröffentlichten, von Lennon/McCartney extra für sie geschrieben.

Rock in Concert

„Die Stadt des harten Kruppstahls“, schrieb die WR über das Konzert der Beatles am 25. Juni 1966 in Essen, „wurde vorübergehend zur Weltmetropole der weichen Knie: Ihrer britischen Majestät Untertanen John Lennon, Paul McCartney, Ringo Starr und George Harrison sorgten mit einem 28 Minuten und 30 Sekunden währenden Auftritt in der Grugahalle dafür, dass 500 Ordnungshüter aus dem gesamten Revier nicht zu einem freien Wochenende kamen.“ Weiter: „In einem Feuerwerk von Blitzlichtern stehen die Beatles um 18.32 Uhr grinsend auf der Rampe. Listig äugt der kurzsichtige John Lennon durch seine Literatenbrille in die Menge. ,Dank schön. Gutten Tag‘, quittiert Paul McCartney breit grienend die rasenden Ovationen.“ Das Gekreische befremdet den Reporter: „An gewissen Stellen quieken vornehmlich die Mädchen schrill, einer Gesetzmäßigkeit gehorchend, die dem Uneingeweihten nicht erkennbar ist.“