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Die Geschichte ist zu schön: Da kommt ein 18-jähriger Lastwagenfahrer im Sommer 1953 in ein Mietstudio in Memphis, nimmt für eine Handvoll Dollar zwei Lieder für seine Mutter als Geburtstagsgeschenk auf – und wird per Zufall zum Weltstar.
So wird es gerne erzählt. Tatsächlich aber liegt der Geburtstag der Mutter im April, möglicherweise wollte der junge Mann auch nur den Boss der Sun-Studios auf sich aufmerksam machen. Das hat zweifelsfrei funktioniert. Und wie.
Der 18-Jährige nämlich, der an diesem Nachmittag die zwei Songs einspielte, war niemand Geringeres als Elvis Aaron Presley, geboren 1935 in Tupelo, eine knappe Autostunde von Memphis entfernt. Was folgte, ist und bleibt einzigartig: Über mehr als zwei Jahrzehnte sollte Presley die Musikgeschichte prägen. Er war nicht der Begründer des Rock’n’Rolls, keineswegs, er war seine Inkarnation.
Elvis, „The King“, ist der Mann der Rekorde. Weit über eine Milliarde Tonträger wurden bislang mit seinen Songs verkauft. Er ist damit der erfolgreichste Solo-Künstler der Welt. Von über 700 veröffentlichten Titeln gelangten 94 in die US-Charts, davon 18 auf den ersten Platz. In England hatte er gar mehr Nr.1-Hits als die Beatles, war dort insgesamt über tausend Wochen in den Charts.
Der Rebell, auf den die Jugend gewartet hatte
Durch seine nie da gewesene, laszive Bühnenshow sorgte er zunächst ebenso für Enthusiasmus wie Empörung. Kreischende Teenager unterbrachen 1955 immer wieder seinen Vortrag von „Hound Dog“, seiner ersten reinen Rockabilly-Nummer, in der ehrwürdigen „Ed Sullivan Show“. Das gefiel nicht jedem.
Doch das war nur die eine Seite des Künstlers. Elvis erster Top-Hit „Heartbreak Hotel“ war eine eher blueslastige Nummer. Doch er scheute sich auch nicht, mit „Love Me Tender“ 1956 einen richtigen Schmachtfetzen aufzunehmen. Mit diesem Stilmix gelang es ihm, Provokateur und Traumschwiegersohn in einer Person zu werden. Dass er im gleichnamigen Film zudem eine Hauptrolle übernahm, der noch über 30 nachfolgen sollten, steigerte den weltweiten Ruhm des King.
Zunächst musste dieser jedoch zum Militär, was ihn 1958 ins beschauliche deutsche Städtchen Friedberg verschlug – der Rummel war groß. Die musikalische Zwangspause tat Elvis gut. Die Alben, die nach seiner Militärzeit zwischen 1960 und 62 erschienen, zählen zu seinen besten. Schon auf „Elvis is back“ von 1960 verband er R&B, Gospel, Pop und Blues zu seinem ganz individuellen Stil, den er auf dem 62er-Album „Pot Luck“ noch perfektionierte. Kein Zufall, dass er in dieser Zeit mit „Are You Lonesome Tonight“ nicht nur seinen größten Hit hatte (23 Millionen Verkäufe), Presley war zudem ab 1960 mit 13 Singles insgesamt 144 Wochen ununterbrochen in den britischen Charts vertreten. Ein einsamer Rekord.
Comeback in Las Vegas
Weniger rühmlich ist die Hollywood-Zeit danach, als er einen Film nach dem anderen drehte, harmlose Musik-Komödien, musikalisch meist ebenso belanglos.
Mit gereifter Stimme legte Elvis nun noch einmal nach, seine Live-Tour quer durch die USA sollte bis zu seinem Tod nicht enden. Weit über 1000 Auftritte wird der King bis Juni 1977 absolvieren, weitaus fülliger mittlerweile und im Glitzeranzug, auch über Drogen- und Medikamentensucht wird spekuliert. Am 16. August 1977 wird Presley von seiner Freundin Ginger Alden leblos im Badezimmer aufgefunden. Herzversagen gilt bis heute als offizielle Todesursache.
Wenn ein König stirbt, ist das immer Anlass für Spekulationen – und Mythenbildung. Es gibt Leute, die wähnen Elvis noch immer unter uns. Vielleicht ist das der Versuch, zu verarbeiten, was Musikjournalist Greil Marcus einst so formulierte: Sein Tod sei „so etwas wie eine Explosion, die in aller Stille stattfand, in Seelen und Herzen“.
Elvis ist der einzige Künstler, von dem nach seinem Tod mehr Platten verkauft wurden als zu Lebzeiten. Ein letzter Superlativ.
Die Charts des Jahres:
Rock’n’Roll hatte es gegen den Schlager schwer. Während Elvis Presley 1960 in den USA fünf der drei ersten Plätze der Jahrescharts belegte, verfehlte er mit „It’s Now Or Never“ bei uns knapp die Top Ten.
Erfolgreichste Künstler waren Freddy Quinn und Lolita, doch erstmals tauchten Ted Herold und Peter Kraus in den Charts auf. Auf Nr.1 der Jahrescharts 1960 stand jedoch ein belgisches Brüder-Duo mit einer Schlagernummer:
1. Jan & Kjeld – Banjo Boy
2. Heidi Brühl – Wir wollen niemals
auseinandergehen
3. Dalida – Milord
4. Edith Piaf – Milord
5. Jack Terry – Marina
6. Rocco Granata – Marina
7. Will Brandes – Marina
8. Lolita – Seemann
9. Freddy Quinn – Unter fremden Sternen
10. Ted Herold – Moonlight
Elvis sollte bis heute nur einen einzigen Nummer 1-Hit in Deutschland landen. Im August 1969 mit „In the Ghetto“. (Quelle: chartsurfer.de)