Köln. . Vor 1300 frenetischen Zuschauern präsentieren Sunrise Avenue in der Essigfabrikdie Songs ihres neuen Albums „Out Of Style“. Ein Meilenstein in der Musikgeschichte ist der Silberling sicher nicht, doch eignen sich die gnadenlos eingängigen Pop-Rock-Nummern vortrefflich für eine respektable Live-Show.

Wie können Beethovens „Freude schöner Götterfunken“, der Disko-Kracher „Everybody Dance Now“ und die deutsche Nationalhymne am selben Abend auf der selben Bühne erklingen? Nun ja, Sunrise Avenue schaffen es bei ihrem ausverkauften Gastspiel in der Essigfabrik, Auszüge dieser prägnanten Tonfolgen mehr oder weniger nachvollziehbar in ihren Songs zu platzieren. Das Gros der Show gleicht jedoch keinesfalls einer turbulenten Zeitreise durch die musikalischen Epochen. Vielmehr setzen die sympathischen Finnen auch mit ihrem Dritten Album „Qut Of Style“ konsequent auf das bewährte Erfolgsrezept mit überschaubarem Innovationsgrad: gnadenlos eingängige Pop-Rock-Nummern in glatt polierten Arrangements.

Vor etwa 1300 begeisterten Zuschauern unterstreicht die mit Platin prämierte Band dabei ihre ernstgemeinten Bühnen-Ambitionen. Sunrise Avenue wollen offenkundig nicht nur Dauergast in den Charts sein, sondern sich parallel dazu auch langfristig den Status einer respektablen Live-Band sichern.

Habers Stimme als Seele der Songs

Ihr größter Trumpf ist ihr Frontmann mit dem klangvollen Namen Samu Haber. Das markant-tiefe Organ des charismatischen Blondschopfs fungiert als identitätsstifftendes Element der Songs, bildet quasi deren Seele. Während der Rest der Band druckvolle Klangteppiche erzeugt, die sich unweigerlich in majestätische Refrains auflösen, brilliert Haber mit beachtlicher Präsenz und solider Intonation. Da seine Stimme live noch eine Spur rauher aus den Boxen dringt als in den Aufnahmen, kommen auch die Melodielinien, die aus der Feder eines Schlagerkomponisten stammen könnten, nicht zu seicht daher.

„Kennt ihr denn den Text schon?“, fragt Haber rhetorisch, bevor er den aktuellen Hit „Hollywood Hills“ anstimmt. Natürlich können die meisten der vorwiegend weiblichen Fans bereits Zeile für Zeile mitjohlen. Gleiches gilt erwartungsgemäß für den Band-Klassiker „Fairytale Gone Bad“, der jedoch nicht den Höhepunkt des Programms darstellt. Ein mit Tiefe und Melancholie behaftetes „Forever Yours“ überbietet den Superhit um Längen. Und das unermüdlich nach vorne rockende „Choose To Be Me“ markiert bereits vor den beiden Zugaben das vorweggenommene Finale. Den Rest der 90-minütigen Show könnten Sunrise Avenue vermutlich auch mit sperrigen Free-Jazz-Kakophonien bestreiten. Der beinahe ekstatischen Stimmung würde dies keinen Abbruch tun.

Der Frontmann spricht vom „besten Abend des Jahres“

So wirkt es dann auch wenig anbiedernd, wenn Haber euphorisch vom „bis dato besten Abend des Jahres“ spricht. Zufrieden strahlt der Sänger, der aussieht als wäre er geradewegs in einen Rasensprenger spaziert, in die Menge.

Und als hätte die Finnen geahnt, welche karibische Hitze sie in der Essigfabrik entfachen, zaubern sie passend dazu auch noch ein witziges Reggae-Medley hervor: eine wohltuende Erfrischung gerade im Hinblick auf die musikalische Abwechslung.