In Berlin laufen die Vorbereitungen für das erste Musical über den Rockmusiker Udo Lindenberg. Das Bühnenstück mit dem Titel „Hinterm Horizont“ soll Mitte Januar im Theater am Potsdamer Platz auf die Bühne kommen.
Es herrscht strengstes Rauchverbot im Alt-Berliner Ballhaus Rixdorf. Aber Udo Lindenberg wäre nicht der Rocker, als den man ihn kennt, wenn er solche Vorgaben nicht ganz selbstverständlich unterliefe. Und so erschien der Künstler mit einer langen Zigarre zum Probenauftakt des Musicals „Hinterm Horizont“ in Berlin-Neukölln. Das Stück mit den bekanntesten Liedern Lindenbergs soll ab 13. Januar im Theater am Potsdamer Platz gezeigt werden.
Zwei Plätze neben dem Meister sitzt Serkan Kaya. Der Deutsch-Türke mit Musical-Diplom wird in der Inszenierung den jungen Udo verkörpern, der in Ost-Berlin seine große Liebe findet. Bis auf die Zigarre sind Kaya und sein großes Vorbild von weitem kaum zu unterscheiden. Auch Kaya trägt an diesem Nachmittag halblange Haare, Sonnenbrille und einen Hut wie Udo. Selbst Kayas Gesangsstimme klingt ähnlich. Direkt neben sich hat das Rocker-Original am Mittwoch Josephin Busch platziert. Die bildschöne Darstellerin stammt aus Berlin und lebt derzeit im Ortsteil Pankow. Nach Lindenbergs Mimik zu urteilen, findet er sie mindestens so anziehend, wie einst ihr wahres Vorbild, das es in den Siebzigern tatsächlich gegeben hat: „Die Jessy erinnert mich total an dieses Mädchen aus Ost-Berlin“, nuschelt er verträumt ins Mikrophon. „Ich war ja auch bei ihr zu Hause - Rock“n“Roll ohne Protokoll, klar. Dann musste ich wieder zurück, es kam die lange Zeit des Wartens.“
Was 1973 zum Lied „Mädchen aus Ost-Berlin“ wurde, spinnen Regisseur Ulrich Waller und Autor Thomas Brussig im Stück überhöht weiter: Udo lernt seine Jessy 1983 beim berühmt gewordenen Auftritt im Palast der Republik kennen, wo sie als Kind linientreuer Eltern in einem FDJ-Chor singt. Da nimmt sich das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nicht nur des Mädchens, sondern gleich des gesamten Phänomens Udo an. Jessy wird zu Spitzeldiensten gezwungen - sie wollte Udo heimlich einen Liebesbrief zukommen lassen, wofür ihr Bruder im Gefängnis landet. Parallel hat innerhalb des MfS bereits das Casting für einen „Super-Udo“ aus der DDR begonnen, der dem Westvorbild Konkurrenz machen soll. Stasi-Chef Mielke - die Rolle gibt es tatsächlich in dem Stück - lässt darüber hinaus Udos Wirkung auf die ostdeutschen Jugendlichen wissenschaftlich untersuchen.
Dass zwischenzeitlich ein „kleiner Udo“ in Jessy heranwächst, wird der Bühnen-Udo erst viele Jahre später erfahren, als ihm sein Sohn „livehaftig“ gegenüber steht. Weitere Pointe: Die Stasi findet einen perfekten Udo Nummer zwo; der hält sich sogar selbst für den Panikrocker, ist aber Insasse der Irrenanstalt Herzberge. Als er Minister Erich Mielke (Rainer Brandt) beschimpft, ist seine Karriere beendet, noch ehe sie beginnt. Das Projekt scheitert. Wie die ganze DDR. Doch nach dem Mauerfall soll es ein Wiedersehen zwischen Udo und Jessy geben ... (dpad)
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