Köln.
Köln. Neuer Drummer, neuer Sound. Placebo melden sich nach drei Jahren mit einem spektakulären und ungewöhnlichen Album zurück. Im Kölner Gloria rockten sie den Saal.
Knapp 30 Minuten sind verstrichen, da spürt man es ein erstes Mal. Der Saal hat die Hände oben, die letzten Akkorde von „Speak In Tongues“ erklingen, als Placebo-Frontmann Brian Molko die Augen schließt und ins Dunkle vor ihm lächelt. Kleiner Klub, großes Kino. Wie tut das gut.
Placebo sind zurück. Nach drei Jahren Pause erscheint an diesem Freitag das neue Album „Battle For The Sun“. Ein neuer Plattenvertrag, ein neuer Drummer, ein neuer, jüngerer Sound. Die Band ist Headliner bei so ziemlich allen Festivals, angefangen bei Rock am Ring an diesem Wochenende.
600 Zuhörer flippen aus
Es könnte also ein gutes Jahr werden für die Formation, die nach einer depressiven Phase und vielen Streitereien auf junges Blut setzt. Wird es ein gutes Jahr? Die Antwort geben die rund 600 Zuhörer vorab in der intimen Atmosphäre des Radiokonzerts des Senders EinsLive in Köln: Sie flippen aus.
Nicht unwesentlichen Anteil hat daran Steve Forrest, der nach über einem Jahrzehnt Drummer Steve Hewitt ersetzt. Der 22-jährige Kalifornier war zuvor Schlagzeuger bei der US-Punk-Rock-Band Evaline, die 2006 als Vorband auf der US-Tour von Placebo mitwirkte. Steve bleibt also Steve, doch der Unterschied ist gewaltig.
Schlag, Forrest, schlag
Noch ahnt man nichts Böses, als Forrest auf die Bühne kommt und seine bunt tätowierten Arme dehnt, Oropax in die Gehörgänge stopft. Doch dann trommelt er, als wäre er daheim im Punk-Rock-Keller. 20 Songs lang, weit über 90 Minuten. Ganzkörpermusik. Schlag, Forrest, schlag. Und mit ihm hört sich Placebo plötzlich wieder wie früher an.
So erwacht auch wieder Brian Molko, der zuletzt mit Meckischnitt und Pullunder arg erlahmte. Seine nun wieder langen Haare hat er zum Zopf gebunden, und er muss sich sputen: Gerade hat er in der Pause zwischen zwei Liedern an seinem Glas genippt, da treibt ihn sein neuer Schlagzeuger schon wieder zum Mikrofon. Nie zuvor hat Placebo „Every You, Every Me“ so schnell gespielt, nie kamen „Special K“ oder „Infra-Red“ so punkig daher. Die Menge findet es gut. Man dankt und hüpft.
Irgendwo zwischen Hardrock und Pop
Erstmals hat Placebo eine Violinistin auf der Bühne. Fiona Brice streicht die Saiten, bedient auch das Keyboard. Dazu kommen zwei zusätzliche Gitarristen, die den Bassisten Stefan Olsdal sowie Brian Molko unterstützen. Placebo ist jetzt zu sechst, der Sound satter, runder, streckenweise härter. „Hardpop“ nennt das Molko – irgendwo zwischen Hardrock und Pop.
Acht der 13 Songs des neuen Albums spielt Placebo. „Ashtray Heart“ heißt eines davon. So nannte sich Placebo anfangs. Runderneuerung, Heimkehr mag man dazu sagen. Steve Forrest, der neue Antreiber, hat das im Kölner Gloria in Szene gesetzt. Als der letzte Song, die letzte Saite verklingt, marschiert er einfach nach vorne, stellt sich zwischen Brian Molko und Stefan Olsdal, lässt sich mitfeiern. Kalifornier sind cool.