Dortmund. Der Pianist Andras Schiff wurde mit dem Preis des Klavierfestivals Ruhr ausgezeichnet. Das Gastspiel und die Zeremonie fanden im Konzerthaus Dortmund statt. Das mit der Auszeichnung verbundene Stipendium geht an Schiffs 27-jährigen finnischen Meisterschüler Juho Pohjonen.

Wenn in Joseph Haydns Klaviermusik filigrane Figurationen gefordert sind, streichelt András Schiff die Tasten mit hingebungsvoller Zärtlichkeit. Einem Staccato verleiht er mit spitzen Fingern messerscharfe Präsenz, Akkorde kommen kraftvoll, aber nie wuchtig ans Ohr. Der ungarische Pianist pflegt einen nahezu intimen Zugang zum Werk des Wiener Klassikers, ganz verschmolzen mit der Musik. Mitunter mag sich die Assoziation einstellen, dass die ausgesuchten Sonaten und Stücke, darunter das launige Capriccio über das Volkslied „Acht Sauschneider müssen seyn“, noch einmal das Licht der Welt erblicken – innocentemente, also in aller Unschuld, wie Haydn einen Satz überschrieben hat.

Stipendium für Meisterschüler

Schiff ist dem lustvollen Schaffen des Komponisten akribisch auf der Spur. Harmonische Hakenschläge, abrupte Pausen, die immer so etwas wie „Achtung!“ bedeuten und nicht selten humorvolle, ganz unerwartete Wendungen zur Folge haben, breitet der Pianist in schlüssiger Dramaturgie vor uns aus. Sein Auftritt beim Klavier-Festival Ruhr, im Dortmunder Konzerthaus, erzwingt damit vom Zuhörer unbedingte Aufmerksamkeit. Und der will an diesem Abend kein Detail verpassen, jede Klangnuance erfassen, die wie naturgegebene technische Brillanz des Musikers bestaunen.

„András Schiff hat das Publikum hellhörig werden lassen“, sagt denn auch Intendant Franz Xaver Ohnesorg, um dem Künstler dann den Preis des Klavier-Festivals Ruhr zu überreichen. Damit ist ein Stipendium verbunden, für das Schiff seinen 27-jährigen finnischen Meisterschüler Juho Pohjonen ausgewählt hat.

So erleben wir einen Pianisten auf Entdeckungsreise im Kosmos Haydnscher Experimentierfreude. András Schiff pflegt die Leichtigkeit des klavieristischen Seins. Er seziert die Musik, ohne indes den roten Faden zu verlieren. Er kehrt Humorvolles heraus, weiß aber zugleich, dass sich hinter Linien, Motiven oder Phrasen nicht nur Elegantes, Schönes verbirgt. Die Adagio-Rhetorik der Es-Dur-Sonate (Nr. 52) etwa ist nichts weniger als ein Nachsinnen über unsere Schattenseiten. Wie gut nur, dass uns Schiff im finalen Presto lieblichen Trost spendet.