Essen. Donald Ray Pollocks Debüt-Band „Knockemstiff“ wurde nach dem Erfolg seines zweiten Buchs „Das Handwerk des Teufels“ ebenfalls übersetzt. Sein verzahnter Geschichtenreigen erzählt von Helden der Hoffnungslosigkeit.

„Ich bin schon mein ganzes Leben lang hier“, resigniert der Erzähler, „wie ein Giftpilz an einem verrotteten Baumstumpf.“ Der Typ wohnt in einem Ort mit dem bezeichnenden Namen Knockemstiff („Schlagt sie tot“) im hintersten Winkel von Ohio, aus dem es kein Entkommen gibt. Frankie und Bobby haben es probiert. Mit viel Benzin im Wagen und 240 Kapseln Black Beauties, früher ein starkes Schmerzmittel, das man als Speed-Ersatz einwerfen konnte. Sie wollten bis nach Kalifornien kommen. Sie strandeten total weggetreten im Nachbarort.

So sind sie geschnitzt, die hoffnungslosen Helden in Donald Ray Pollocks Erzählungsband „Knockemstiff“, der tatsächlich der Heimatort des spät berufenen Autors ist. Der Erfolg von Pollocks zweitem Buch „Das Handwerk des Teufels“ hat den Verlag nun beflügelt, auch sein Erstlingswerk herauszubringen. Hier werden mit fein beobachtender, humaner Sprache die absonderlichsten Dinge so geschildert, dass man diesen schmalen Band förmlich verschlingt. Pollock, der erst mit 54 Jahren zu schreiben begann, liefert uns hier ein saftiges Stück düsterer Amerika-Literatur, wie man es auch in Büchern eines Pete Dexter („Paperboy“) finden kann.

Jede Geschichte ist einzeln lesbar

Die 18 Geschichten dieses Buchs kann man alle einzeln lesen. Doch dann würde man nicht sofort entdecken, dass einmal eingeführte Figuren später auch in anderen Storys auftauchen. Wie etwa der namenlose Erzähler der zweiten Geschichte, der aus Angst vor der Einberufung zum Kriegsdienst in Vietnam in die Wälder flüchtet, um dort zum Mörder an zwei Geschwistern zu werden. Viel später im Buch schlurft er als total verängstigter alter Mann durchs Bild, ein Gefangener seiner aufgestauten Ängste. Und beunruhigend wie die allein erziehende Mutter, die ihren Sohn angelernt hat, in die Rollen berüchtigter Serienkiller zu schlüpfen, um sie jedesmal zu Tode zu erschrecken.

Vielleicht ist das Überleben in Knockemstiff nur mit solcher Art von Masochismus bewältigen.

Donald Ray Pollock: Knockemstiff. Deutsch von Peter Torberg. Liebeskind, 256 Seiten, 18,90 Euro.