Essen. Die 1954 in Stuttgart geborene Autorin Sibylle Lewitscharoff erhält den Georg-Büchner-Preis 2013. Die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung ehrt eine Autorin, deren Werk tief in der Kultur- und Religionsgeschichte verankert ist – und sich mit federleichtem Wortwitz über die Realität erhebt.
Seit Sibylle Lewitscharoff 1998 mit einem lauten „Pong“ die Bühne betrat und mit gleichnamigem Roman ganz locker den Bachmann-Preis abräumte, gelingt ihr alle paar Jahre ein Romanwurf, der den vorigen an sprachlicher Finesse und kultur- wie religionsgeschichtlicher Tiefenschärfe nur noch zu übertreffen scheint. Allerlei Preise regnete es bereits freundlich herab, nun folgt mit dem Georg-Büchner-Preis endlich der größte, wichtigste (plus 50.000 Euro). Schön!
Dass die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung nie zuvor zwei Frauen hintereinander mit dem Preis ehrte (2012 war’s Felicitas Hoppe) – man kann sich schon das Lachen vorstellen, mit dem Lewitscharoff diesen billigen emanzipatorischen Einwurf abbügelt. Vielleicht darf man bemerken, dass beiden auch der katholische Glaube gemein ist?
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In Lewitscharoffs Werk manifestiert er sich gerne in der Frage nach dem Jenseits, wobei sie versteht, gedankliche Schwere mit federleichtem Wortwitz ironisch zu brechen. So beschwört „Consummatus“ das Totenreich frech in einer Kneipe, in „Apostoloff“ überführen Exil-Bulgaren eine Leiche, in „Montgomery“ stirbt der Held gleich zu Beginn. Ihren Hang zu absurden Ausgangslagen spielte die 1954 in Stuttgart geborene Autorin zuletzt in „Blumenberg“ aus: Gleichnamigem Philosophen stellt sie einen Löwen ins Büro.
Das Geheimnis guter Romane? „Mit einem Haifischbiss reißen sie ein Stück aus der Zeit“, heißt es in Lewitscharoffs Frankfurter Poetikvorlesungen, „schnappen sich ein Stück der Schöpfung und bearbeiten es nach Gutdünken.“ Lewitscharoff hat einige der bissigsten Haie der Gegenwart ausgesetzt. Auf ihre Dankesrede zur Preisverleihung im Oktober darf man sehr gespannt sein.