Essen. So klappt’s auch mit dem Bucherfolg: Autoren, Lektoren und Verleger lassen sich in die Karten schauen. Tipps zu Spannungsbögen und Internet-Vermarktung
Eine Prise Vampir, ein Hauch Erotik und ein Zauberschüler, der gegen das Böse kämpft: Fertig ist der Bestseller! Leider ist die Erfolgsformel nicht ganz so simpel. Autoren, Verleger und Lektoren aber haben duchaus ein paar Tipps für literarische Gipfelstürmer. Alles, was ein Bestseller braucht, ist:
Spannung bis zur letzten Seite
Auf der Leipziger Buchmesse wird Thriller-Autor Sebastian Fitzek seinen neuesten Wurf vorstellen – und auch „Der Nachtwandler“ wird todsicher auf die Bestsellerliste wandeln.
Uns verriet er, welche Fragen sich ein Spannungsliterat stellen sollte: „Gibt es einen zentralen Konflikt des Romans – und ist dieser für den Leser relevant? Sind die handelnden Figuren so außergewöhnlich gezeichnet, dass man an ihrem Leben Teil haben will? Sind ALLE ihre Eigenschaften und Handlungen für die Konfliktlösung relevant?“
Humor und Lokalkolorit
Der Dortmunder Grafit-Verlag ist eine der ersten Adressen in der Krimi-Szene. Wenn Verlegerin Ulrike Rodi sich ein Wunsch-Buch zaubern könnte, so sähe es aus: „Die Geschichte wird getragen von einer (oder zwei) sympathischen Hauptfigur(en), die auch schon mal Fehler machen oder granteln, aber das Herz am rechten Fleck haben. Die Tönung ist mit Humor durchsetzt, darf ruhig ein wenig satirisch oder ironisch überdreht sein.“ Gerne darf das Verbrechen „eine skurrile Note“ haben, originelle Nebenfiguren sind ebenfalls willkommen. Wichtig ist, dass die Handlung in der Provinz spielt. Und es schadet nicht, wenn nette Tiere vorkommen.“
Eine Prise Überraschung
Tiere mit Humor also! Astrid Poppenhusen, Literaturagentin in Berlin, hat im Jahr 2005 die Autorin entdeckt, die den Trend zu tierischen Ermittlern begründete: Leonie Swann mit ihrem Schafs-Krimi „Glennkill“, der sich über zwei Millionen Mal verkaufte. „Auf private Empfehlung“ bekam Astrid Poppenhusen das Manuskript damals in die Hände. Nach wenigen Tagen schon hatte sie fünf, sechs Angebote von Verlagen. Goldmann gewann. „Der Verlag hatte einen sehr großen Anteil am Erfolg, weil er das Buch auf spielerische Weise sehr gut vermarktet hat.“ Und, nicht zu unterschätzen: „Die Buchhändler haben Glennkill geliebt!“ Aber kann die Agentin daraus eine Bestsellerformel ableiten? Eher nicht. „Leonie Swann hat Maßstäbe gesetzt, weil sie etwas wirklich Neues gemacht hat, etwas Überraschendes.“
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Erotisches Fingerspitzengefühl
Einer der Überraschungserfolge 2012 war „Shades of Grey“. Kann man das nachmachen? Wie aber schreibt man unpeinlich über Sex? Erotik-Autorin Sandra Henke meint: „Genauso wie beim Sex selbst, muss man sich auch beim Schreiben von erotischen Szenen fallen lassen.“ Schämt der Autor sich, dann merke man das seinem Text auch an. Die Wortwahl sollte nicht nur zur Story und dem „Subgenre“ passen, sondern auch Lächerlichkeiten tunlichst meiden: „Vergleiche mit Obst und Gemüse oder der Tierwelt sollte man lassen."
Ein gerüttelt Maß Handwerk
Auch die „Genre-Literatur“ (Krimis, Romanzen, Erotika) unterliegt handwerklichen Regeln. Reinhard Rohn ist Verlagsleiter von Rütten & Loening (Aufbau-Verlag) und schreibt als „Arne Blum“ selbst Bücher. Einerseits ist Sprache Kunst, andererseits muss sie die Handlung vorantreiben, „beides muss sie irgendwie hinkriegen“, so Rohn. Sein Wunsch als Lektor: Bitte keine Dialekte! Auch allzu Umgangssprachliches („schmeißen“, „plumpsen“) streicht er. Und rät Krimi-Autoren dringend davon ab, durch künstliche Vorgriffe Spannung aufbauen zu wollen: „Wenn er morgens gewusst hätte, dass er nur noch 25 Stunden zu Leben hat, dann hätte er keinen Kaffee gekocht...“ Oje. Hätte er das mal gelassen, der Autor!
Einen guten Agenten
Seit Wochen steht Timur Vermes’ Satire „Er ist wieder da“ auf der Bestsellerliste. Humor beweist Vermes auch in der Frage nach dem Bestseller-Rezept: „Es gibt einen sicheren Weg“, so der Autor – „werden Sie berühmt, und schreiben Sie dann ein Buch. Oder heiraten Sie einen Bundespräsidenten“. Wem dieser Weg versperrt sei, der möge sich immerhin einen Literaturagenten suchen, der den Autor coacht, vermarktet und berät. „Der Agent kann zehn Verlagen ein Angebot machen – er ist Teil der Inszenierung, die ein Autor selbst so gar nicht leisten kann.“
Weltweite Vernetzung
Kein Autor ist eine Insel. Kaum einer betreibt über die sozialen Netzwerke im Internet so erfolgreiche Selbstvermarktung wie Fantasy-Autor Kai Meyer. Sein Rat: „Es hat wenig Zweck, sich in den sozialen Medien als jemand auszugeben, der man nicht ist.“ Manchmal streue ich ganz bewusst Informationen ein über private Interessen, von denen ich weiß, dass 99 Prozent meiner Facebook-Freunde nichts damit anfangen können; das macht aber nichts, weil es nur ein weiterer Hinweis darauf ist, wie ich wirklich bin. Und „wirklich“ ist hier das Schlüsselwort.“ Zugleich sollten ein Autor im Netz kommunikativ sein, Fragen auch „zum hundertsten Mal“ beantworten. „Die Leserin stellt sie zum ersten Mal und hat ein Recht darauf, eine freundliche Antwort zu bekommen. Dazu kommt die Notwendigkeit einer gewissen Kontinuität: Ein Posting alle zwei Wochen reicht nicht. Und: Kommentare wollen gegenkommentiert werden. Diskussionen sollten nicht in einem Vakuum stattfinden, sondern in Anwesenheit des Autors.“
Vielleicht entdecken angehende Bestseller-Stars ja auch nebenbei, welche Möglichkeiten Ihnen dasNetz bietet: Längst nutzen viele Autoren das Netz nicht nur zur Kommunikation – sondern als Plattform, um ihre Werke in elektronischer Form selbst zu vermarkten. Wie Autorin E.L. James, die auch in Deutschland meistverkaufte Autorin des vergangenen Jahres.