Essen. . Ein Thriller, der sich weder um dramaturgische Konventionen noch um Realismus schert, hat im deutschen Kino Seltenheitswert. Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu spielen in “Stereo“ ein wüstes Märchen für Erwachsene. Es ist ein düsteres Werk der Extreme.

So recht passt der über und über tätowierte Motorradmechaniker Erik nicht in das Bild des kleinen, von wogenden Feldern umgebenen Dorfes in der deutschen Provinz. Trotzdem hat es ihn genau dorthin verschlagen. Und man ahnt sofort, dass dieser von Jürgen Vogel gespielte Motorradfahrer und Werkstattbesitzer ein düsteres Geheimnis mit sich herumträgt, dass er den Absprung ins Idyll noch gerade so geschafft hat.

Schon in seinem bemerkenswerten Spielfilmdebüt „Schwerkraft“ hatte Maximilian Erlenwein sich ganz deutlich an amerikanischen und französischen Genrevorbildern orientiert. Mit seinem zweiten Film „Stereo“ geht er nun noch einen Schritt weiter.

Ein derart stilisierter Thriller, der sich weder um dramaturgische Konventionen noch um irgendeine Form von Realismus schert, hat im deutschen Kino ohne Frage Seltenheitswert. Erlenwein wagt sich damit nicht nur auf David Lynch-Territorium vor. Er verweist auch noch relativ deutlich auf David Finchers „Fight Club“ und die düsteren Untergangs- und Todesvisionen des Franzosen Gaspar Noé.

Plötzlich taucht der geheimnisvolle Fremde auf

Erik hat sein Leben im Griff. Mit seiner Werkstatt und seiner Freundin Julia (Petra Schmidt-Schaller), um deren kleine Tochter er sich liebevoll kümmert, ist er auf dem besten Weg, eine Stütze der heilen Provinzwelt zu werden. Doch dann taucht plötzlich ein geheimnisvoller Fremder auf, der sich Henry (Moritz Bleibtreu) nennt und Erik immer wieder zu Gewalttaten drängt. Doch niemand außer dem Mechaniker kann diesen Verführer, der Erik ein ums andere Mal aber auch rettet, sehen.

Wie die Filme von Fincher, Lynch und Noé ist auch „Stereo“ ein Werk der Extreme. Maximilian Erlenwein setzt ganz auf radikale Gegensätze. Im Spiel von Jürgen Vogel, der sich über weite Strecken sehr zurücknimmt, um dann regelrecht zu explodieren, und Moritz Bleibtreu genauso wie in seiner Ästhetik. Auf der einen Seite stehen die perfekt ausgeleuchteten Bilder von dörflichen Feldern und Einfamilienhäusern, auf der anderen düstere Visionen einer in gewalttätigen Exzessen versinkenden großstädtischen Unterwelt.

Diese schon ins Exaltierte gehenden Kontraste verwandeln diese Geschichte von einem Mann, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird und sich von deren Geistern nicht mehr befreien kann, in ein wüstes Märchen für Erwachsene, das schließlich noch den Orpheus-Mythos umschreibt.

Wertung: drei von fünf Sternen