Essen. . Christian Bale spielt mit großer Intensität den Ex-Häftling Russell Baze. Er versucht u.a., seinem jüngeren Bruder Rodney (Casey Affleck) zu helfen, der nach drei Einsätzen im Irak vom richtigen Weg abkommt. Scott Coopers Film vermittelt viel Gefühl, hat aber auch große Action zu bieten.
Ein Mann und eine Frau treffen sich auf einer Brücke. Er ist gerade aus dem Knast entlassen worden, sie war bisher der Lichtblick in seinem schäbigen Dasein. Nun hat sie ihn verlassen, ist mit dem Sheriff der sterbenden Stahlstadt Braddock, Pennsylvania, liiert und bekommt von ihm ein Kind. Ihre Augen aber verraten, wem ihr Herz noch immer gehört, seine Augen scheinen zu erlöschen.
Es ist nicht nur diese eine Szene, die Scott Coopers Film „Auge um Auge“ so großartig macht, so wahrhaftig sie auch die Gefühle von verletzten Menschen aufscheinen lässt. Cooper, dessen Erstling „Crazy Heart“ Jeff Bridges bereits einen Oscar bescherte, erzählt in seinem neuen Werk von Menschen, die sich gegen das Unvermeidliche stemmen, die immer noch an den amerikanischen Traum glauben wollen, obwohl um sie herum bereits alles im Zerfall begriffen ist.
Eine Zeitbombe auf zwei Beinen
Christian Bale spielt mit großer Intensität diesen Ex-Häftling Russell Baze, der immer noch im Stahlwerk arbeitet, obwohl morgen schon alles vorbei sein kann. Er versucht immer wieder, seinem jüngeren Bruder Rodney (Casey Affleck) zu helfen, der nach drei Einsätzen im Irak nun Drogen nimmt, sein bisschen Geld verwettet, Schulden macht und schließlich bei illegalen Straßenboxkämpfen antritt.
Dabei gerät er in den Dunstkreis des gefährlichen Dealers und Psychopathen Harlan DeGroat, den Woody Harrelson bravourös als Zeitbombe auf zwei Beinen anlegt – jeder Auftritt ein Horrorerlebnis, jede seiner Bewegungen eine Gefahr. DeGroat ist der Repräsentant eines von Inzucht gezeichneten Hinterwäldler-Clans, von dem die Polizei tunlichst Abstand hält.
Sein Bruder Rodney verschwindet
Cooper liefert hier nicht den üblichen Genrefilm, in dem von Anfang an die Richtung vorgegeben ist. Er erzählt zuvorderst von Menschen in dieser nur noch wenig menschlichen Umgebung, zeichnet ihre Charaktere und schaut zu, was so mit ihnen passiert.
Was sich zur eigentlichen Klimax ausweitet, geschieht deshalb auch erst im letzten Drittel des knapp zweistündigen Films: Rodney ist plötzlich spurlos verschwunden, nachdem er sich bei einem dieser brutalen Straßenkämpfe nicht an die Absprache gehalten und DeGroat viel Geld gekostet hat. Nachdem die Polizei nicht im Traum daran denkt, hier offensiv zu ermitteln, macht Russell sich allein auf den Weg in gefährliches Terrain. Er wirkt hier wie der letzte aufrechte Amerikaner, der auf dem Weg ist, seine Unschuld zu verlieren.
Wertung: vier von fünf Sternen