Berlin. Mit dem bescheiden produzierten Film «Dicke Mädchen» traf Axel Ranisch vergangenes Jahr mitten ins Herz vieler Cineasten, jetzt kommt sein gelungenes Pubertäts-Drama «Ich fühl mich Disco» ins Kino.
Mit seinem Kino-Debüt «Dicke Mädchen» hat Regisseur Axel Ranisch vor einem Jahr viele Kritiker und Liebhaber andersartiger Filme überrascht und erfreut. In dem günstig produzierten Werk ging es um eine Männerliebe, die den Rahmen (schwuler Klischees) sprengte.
Jetzt kommt der 30-jährige Ranisch, Absolvent der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) Konrad Wolf, noch wundersamer daher - mit einem autobiografisch geprägten Pubertäts-Drama. Die Vater-Sohn-Geschichte «Ich fühl mich Disco» beeindruckt mit Sozialkritik, Alltagshumor und Fantasyspaß.
Keine quälend-dröge Coming-out-Story
Und darum geht es: Turmspring-Trainer Hanno Herbst (gespielt von Heiko Pinkowski, «Dicke Mädchen») kann mit seinem Sohn wenig anfangen. Der moppelige Tagträumer Florian (Frithjof Gawenda) hört Schlager, liebt Disco-Outfits und schwärmt für den Sänger Christian Steiffen - und außerdem eher für Jungs als für Mädchen.
Eines Morgens kann die Mutter (Christina Grosse) zwischen den beiden Männern nicht mehr vermitteln - die zwei sind auf sich allein gestellt. Zu allem Ungemach verguckt sich Florian auch noch in den jungen Sportler Radu (Robert Alexander Baer), den der Vater trainiert. Doch wer bei dieser Ausgangslage eine quälend-dröge Coming-out-Story erwartet, wird enttäuscht - zum Glück.
Absurder Auftritt von Rosa von Praunheim
Amüsant machen die tragikomische Heranwachsenden-Geschichte zum Beispiel die originellen Liedzeilen von Christian Steiffen («Ich sehne mich so sehr/nach Sexualverkehr») sowie ein absurder Auftritt von Rosa von Praunheim: Der für seine Offenheit bekannte Schwulenaktivist nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
«"Ich fühl mich Disco" ist eine große Liebeserklärung: an meine Jugend, an meine Heimat Lichtenberg und an meinen Papa», sagt der Berliner Filmemacher Ranisch. Er sei dem Rat seines Film-Professors Rosa von Praunheim («Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt») gefolgt, der immer empfohlen habe, Filme über Themen zu drehen, mit denen man sich auskenne.
Herausgekommen ist ein kurzweiliges Coming-out-Märchen, bei dem der Zuschauer irgendwann nicht mehr weiß, was eigentlich echt passiert und was Einbildung der Figuren ist. Trotzdem: Dieses Werk dürfte - wie bereits «Dicke Mädchen» - zu Deutschlands wahrhaftigsten Filmproduktionen der vergangenen Jahre gehören. (dpa)