Essen. . Im schrägen Roadtrip „Wir sind die Millers“ schmuggeln die Comedy-Stars Jennifer Aniston und Jason Sudeikis, als Familie auf Zeit getarnt, Drogen. Das geht allerdings schief. – Aus einer grotesken Travestie auf das bürgerliche Familienkonzept wird schließlich eine Hymne auf die Familie.

Eine Familie, ein Haus in der Vorstadt, ein ganz normaler Job mit geregelten Arbeitszeiten und geregeltem Einkommen, all das hat David Clark nie gereizt. Die Ungebundenheit seiner College-Zeit war immer schon sein Ideal. Also hat er nach dem Ende des Studiums einfach so weitergemacht wie zuvor. Während seine Kommilitonen und Mitbewohner sich Jobs gesucht und Familien gegründet haben, die inzwischen längst wieder zerbrochen sind oder vom alltäglichen Trott zusammengehalten werden, hat David weiterhin mit Marihuana gedealt und sein Leben ohne Bindungen und Verpflichtungen genossen.

Drogendeal geht schief

Gleich zu Beginn von Rawson Marshall Thurbers anarchischer Komödie „Wir sind die Millers“ begegnet der mittlerweile gut 40-jährige David (Jason Sudeikis) einem seiner ehemaligen Kommilitonen, der Davids Glück gar nicht fassen kann. Allem Anschein nach lebt David den Traum aller weißen amerikanischen Vorstadt-Väter um die 40. Doch dieser Traum bekommt deutliche Risse, als eine gute Tat den Dealer sein ganzes Geld und seine Drogenvorräte kostet. Sein Boss Brad Gurdlinger (Ed Helms), ein durchgeknallter Managertyp, der gar nicht weiß, was er mit all seinem Drogengeld anfangen soll, hat – so heißt es zumindest – Leute schon für weniger umgebracht.

David bekommt allerdings noch einmal eine Chance. Er soll eine Drogenlieferung in Mexiko abholen und sicher über die Grenze in die Vereinigten Staaten bringen. Nur – wie soll das einem alleinreisenden Mann in seinem Alter gelingen? Also kommt er auf die Idee, sich eine Familie zu suchen. Schließlich erregt eine typische Kleinfamilie im Wohnmobil kaum einmal Aufsehen und erst recht keinen Verdacht. Die passenden Kandidaten kennt er auch schon. Da wäre erst einmal seine von Jennifer Aniston gespielte Nachbarin Rose, die als Stripperin arbeitet und dringend Geld braucht. Die Rollen der schon fast erwachsenen Kinder sollen der extrem schüchterne Kenny (Will Poulter), der im gleichen Gebäude wie Rose und David lebt, und die obdachlose Ausreißerin Casey (Emma Roberts) übernehmen.

Bei Jennifer Aniston stimmt jede kleine Geste und jede Betonung

Diese Familie auf Zeit ist natürlich erst einmal ein Witz, und genau so inszeniert Rawson Marshall Thruber sie auch. Noch vor dem Start des Flugzeugs, das die vier nach Arizona bringen soll, scheint alles zu platzen. David hat weder Casey noch Kenny wirklich im Griff. Sie fallen gleich auf, da helfen auch die spießigen Klamotten nichts, in die er die beiden Teenager gesteckt hat. Doch dann versammelt Rose ihre Familie zu einem Gebetskreis und rettet die Situation.

Jennifer Aniston (44) spielt die Stripperin, die wiederum die christlich-konservative Vorstadt-Ehefrau und -Mutter spielt, geradezu perfekt. Da stimmt jede kleine Geste und jede Betonung. Kein Wunder, dass die Stewardess, die gerade noch die Millers skeptisch beäugt hat, regelrecht dahinschmilzt.

"Wir sind die Millers" - ein sentimentaler Familienfilm

Nur deutet sich schon in dieser Szene an, wohin es mit den Millers und dem Film gehen wird. Natürlich macht sich Rawson Marshall Thurber fortwährend lustig über die weiße amerikanische Mittelschicht, über ihre nichtigen Probleme genauso wie über ihre ständigen Geschmacksverirrungen. Aber trotz all der teils auch ziemlich brachialen, immer wieder unter die Gürtellinie zielenden Gags erweist sich „Wir sind die Millers“ als sentimentaler Familienfilm. Die Oberhäupter dieser Familie gehen zwar nicht unbedingt respektablen Tätigkeiten nach. Und es kann auch einmal vorkommen, dass der ‚Sohn’, natürlich nur zu Übungszwecken, seine ‚Schwester’ und seine ‚Mutter’ im Wechsel leidenschaftlich küsst.

Aber unter all den vermeintlichen Provokationen schwelt eine geradezu übermächtige Sehnsucht nach Geborgenheit und Zusammenhalt. So wird aus einer grotesken Travestie auf das bürgerliche Familienkonzept schließlich eine Hymne auf die Familie. Diese – zumindest für das Hollywood-Kino – gar nicht mal so überraschende Volte ist durchaus sympathisch.

Doch letztlich kann nur Jennifer Aniston sie wirklich vollziehen. Jason Sudeikis, der sich nicht nur von Aniston, sondern auch von allen Nebendarstellern und insbesondere von Ed Helms die Show stehlen lässt, bleibt als Familienvater genauso blass und eigenschaftslos wie zuvor als Kleindealer.
Wertung:
3 von 5