Essen. Auch bei Regisseurin Anne Fletcher bleibt die Frau im Chefsessel ein kontrollsüchtiges Biest, das nur den richtigen Mann finden muss, um endlich Mensch zu werden. Mit Sandra Bullock in "Selbst ist die Braut" ist das nicht sonderlich originell, aber eine hinreichend humorvolle Sommerkomödie.
Lange haben Mädchen ihren Traumprinzen in Gestalt eines schlupflidrigen Etwas mit unvorteilhafter Hautfarbe gesucht. Dabei sitzt er manchmal direkt vor ihnen, am Schreibtisch des Vorzimmers: frisch gekämmt, gut riechend und sogar in der Lage, den Kaffee mit der richtigen Menge fettfreien Milchschaums zu servieren. Ein Mann zum Heiraten, soviel ist klar.
Auf „Die Braut, die sich nicht traut" folgt nun also „Selbst ist die Braut". Ein Paradigmenwechsel in Hollywood? I wo. Frauen in Chefsesseln sind weiterhin verhärmte, kontrollsüchtige Biester, die nur den richtigen Mann finden müssen, um endlich Mensch zu werden. Margaret Tate (Sandra Bullock), die herrschsüchtige Verlagslektorin aus New York, macht da keine Ausnahme. Wenn sie das Büro betritt, fliegen die Finger hektisch über die Tasten und die Hacken schlagen zusammen. Dass ihr Sekretär Andrew (Ryan Reynolds) der Mann mit dem höchsten Mitleids-Faktor der Firma ist, muss nicht weiter erwähnt werden. Als Margaret den Untergebenen wegen einer drohenden Abschiebung auch noch zur Scheinehe vergattert, ist die Verzweiflung komplett.
Das Leben mit Highheels und Handy schnell abschminken
Dass ausgerechnet Hollywood-Darling Sandra Bullock mit diesem Zicken-Auftritt in Amerika das beste Startergebnis ihrer Karriere hinlegte, mag überraschen. Zumal die Rolle der smarten Einzelgängerin, die durch einen kuriosen Zufall an Freund und Familie gerät („Während du schliefst") nicht neu für sie ist. Diesmal ist es die drohende Ausweisung, die die schroffe Kanadierin in die Arme von Andrew und seiner seltsamen Sippe treibt. Die lebt in Alaska, wo sich Margaret das Leben mit Highheels und Handy schnell abschminken kann. Das Wochenende im kalten Sitka ist gleichzeitig so etwas wie eine Beziehungs-Schnelltest für die Behörden. Dass deren Beamten sogar vor Ort recherchieren, ob die Baldvermählten auch vorschriftsmäßig turteln, darf man genauso unter Hollywood-Humbug abhaken wie die Idee, dass eine kontrollsüchtige Geschäftsfrau vergisst, ihren privaten Papierkram zu erledigen. Am glücklichen Ausgang der Liebeshändel zweifelt man trotzdem keinen Moment.
Margret muss zu Boden gehen
Bilder zum Film
Deutscher Kinostart: 20. Juli 2009
Regie: Anne Fletcher
Darsteller: Sandra Bullock, Ryan Reynolds, Mary Steenburgen, Craig T. Nelson, Betty White u.a.
Wie viele Romantische Komödien hält auch „Selbst ist die Braut" mehr auf den Humor als aufs Herz. Das bietet Raum für viel Slapstick und erprobte Gags wie den Junggesellinnenausstand mit Männerstrip. „Golden Girls"-Großmutter Betty White erledigt ihre Kuppler-Rolle dabei so sympathisch wie Ryan Reynolds seinen Part als Mann ohne Macho-Gen.
So gelingt Anne Fletcher keine sonderlich originelle, aber gut besetzte, solide inszenierte und hinreichend humorvolle Sommerkomödie, die ihre Schlüsselszene im amerikanischen Original mit „The Proposal", „Der Antrag" besser trifft. Am Ende muss Margaret zu Boden gehen. Nicht um feucht durchzuwischen, sondern um dem Liebsten das Eheversprechen abzuringen. Weibliche Initiative ist schon ok. Sie muss halt nur tief aus den Knien kommen.